Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Alpen
Ạlpen,höchstes Gebirge Europas, höchster Gipfel ist der Montblanc (4 807 m ü. M.). Die A. reichen im S bis an den Apennin; der Pass von Altare, 459 m ü. M., bei Genua gilt als Grenze. Von dort ziehen sie in großem Bogen nach W und N bis an den Genfer See und von dort ostwärts bis zur Donau bei Wien. Im NO gehen die A. in die Karpaten, im SO in das Dinar. Gebirge über. Im O grenzen sie an das Ungar. Tiefland und im S an die Poebene. Im N ist das A.-Vorland vorgelagert; es reicht im N bis zur Donau, im W mit dem Schweizer Mittelland bis zum Genfer See und zum Jura. In dieser Umrahmung sind die A. etwa 1 200 km lang, 150-250 km breit, Letzteres in der Mitte und am O-Ende, wo die einzelnen Gebirgsketten nach NO und SO auseinander strahlen; sie bedecken eine Fläche von 220 000 km2. Die A. bilden in ihrem Zentralteil die Wasserscheide zw. Nordsee und Mittelmeer, im Ostteil (östlich des Arlberg) zw. Schwarzem Meer und Mittelmeer; sie sind damit auch eine bed. Klimascheide. An den A. haben Anteil: Frankreich, Italien, die Schweiz, Dtl., Liechtenstein, Österreich und Slowenien.
⃟ Aufbau, Gliederung: Die A. sind ein erdgeschichtlich junges Faltengebirge, das seine Struktur im Wesentlichen in der Kreide und im Tertiär, seine heutigen Formen erst im Quartär erhalten hat. Ihr Bau ist durch Faltungen und weit reichende Überschiebungen (Deckenbau) gekennzeichnet. Dem Bau nach unterscheidet man West-A. und Ost-A., die durch die Tiefenlinie Bodensee-Rheintal-Splügenpass-Comer See voneinander getrennt sind. In den West-A. brechen die inneren und höchsten Gebirgsstöcke (innere Gneis-A.) scharf zur Poebene ab. Nach außen lagert sich ihnen ein zweiter Zug kristalliner Gebirgsstöcke, die äußeren Gneis-A., und schließlich eine Kalkzone vor, die aber nur in den frz. Kalk-A. selbstständig, dagegen in den Schweizer A. eng mit den Gneis-A. verfaltet ist. Die Ost-A. haben einen regelmäßigeren, fast gleichseitigen Aufbau. Auf die innere kristalline Zone, die z. T. vergletscherten Zentral-A., folgen beiderseits schmale, niedrigere Schieferzonen und die breiter angelegten, schroffen, z. T. verkarsteten Kalk-A., im N noch eine Voralpenzone, in der Molasse- und Flyschfelsen vorherrschen.
⃟ Oberflächengestalt: Die A. sind das formenreichste Gebirge Europas. Sie verdanken das der Mannigfaltigkeit ihrer Gesteine und der umgestaltenden Wirkung der Eiszeit, in der durch mächtige Gletscherströme die Täler und Pässe ausgeweitet wurden; am A.-Rand bildeten sich tiefe Talseen, z. B. Bodensee, Genfer See, Vierwaldstätter See, die oberitalien. Seen, und im Vorland wurden mächtige Moränenringe aufgeschüttet, die z. T. Seebecken umschließen (Chiemsee, Gardasee). Kennzeichnend sind ferner der Stufenbau der Hochtäler mit Wechsel von engen Klammen und breiten Becken, Wasserfälle an der Einmündung von Nebentälern ins Haupttal, steilwandige Hangnischen (Kare), oft mit kleinen Seen im Gipfelbezirk. Heute sind nur noch die inneren und höchsten Teile der A. vergletschert (rd. 1,5 % der Gesamtfläche: 3 200 km2; z. B. Großer Aletschgletscher, Mer de Glace). Östlich der Linie Salzburg-Villach, wo die Gipfelhöhe auf unter 3 000 m ü. M. sinkt, haben die A. vielfach mittelgebirgsartige Formen. - Die Gewässer der A. gehören zu den Stromgebieten von Rhone, Rhein, Donau und Po.
⃟ Klima, Pflanzen- und Tierwelt: Die A. wirken aufgrund ihrer großen Höhe und der bed. W-O-Erstreckung gegenüber dem Vorland als Scheide zw. drei großen Klimazonen. W- und N-Rand der A. liegen im Bereich der Westwindzone und erhalten während des ganzen Jahres hohe Niederschläge. Der S des Gebirges wird von Ausläufern des winterfeuchten Mittelmeerklimas bestimmt, nach O erfolgt ein allmählicher Übergang zu kontinentaleren Klimabereichen. Die West-, Nord- und Südränder haben durch ihre Luvlage z. T. höhere Niederschläge als das Vorland, die Tal- und Beckenlandschaften im Inneren sind stellenweise trockener. Mit steigender Höhe nehmen i. Allg. die Temperaturen ab, etwa 0,58 Celsiusgrade auf je 100 m, während die Intensität der Sonnenstrahlung zunimmt. Die Winde sind als Berg- und Talwind und Föhn stark von den örtl. Verhältnissen beeinflusst.
Die Klimagürtel prägen sich deutlich in der Pflanzenwelt aus. An den Gebirgsrändern wachsen im N mitteleurop., im S mediterrane und im SO pannon. Pflanzen. Der Höhenlage nach folgt auf eine Kulturland- und Laubwaldzone in 800-1 000 m Höhe die Nadelwaldzone, die bei der Waldgrenze (in 1 500-2 200 m Höhe) in die Zone des Krummholzes und der Almen (Hochgebirgsmatten) übergeht. Die Schneegrenze liegt in den Randgebieten zw. 2 500 und 2 600 m ü. M., im Inneren zw. 2 800 und 3 100 m ü. M. In den West-A. reichen einzelne Gletscher bis in die besiedelten Gebiete herab. Die Tierwelt der A. ist durch Hochgebirgstiere gekennzeichnet, wie Steinbock, Murmeltier, Gämse, Steinadler (heute geschützt), A.-Krähe.
⃟ Siedlungen: Die A. gehören zu den dichtestbesiedelten Hochgebirgen der Erde. Bäuerl. Dauersiedlungen reichen im Durchschnitt bis in 1 500 m, vereinzelt bis in 2 100 m Höhe. Die im Sommer besiedelten Almen liegen noch 800-1 200 m höher.
⃟ Bevölkerung, Wirtschaft: Rätoromanen und Ladiner stammen aus der Zeit vor der Völkerwanderung. Vom Vorland aus drangen Deutsche, Italiener, Franzosen und Slowenen in die A. ein. Haupterwerbszweige sind Viehzucht (Almwirtschaft), Holzverarbeitung, Ackerbau in den Tälern, Wein- und Obstbau (in Becken und am S-Rand), ferner Bergbau auf Eisen-, Kupfer-, Blei-, Zink- und Silbererze, Graphit, Magnesit und Salz in den Ost-A.; eine lange Tradition hat auch die Textilindustrie. Wichtig für die industrielle Erschließung war die Elektrizitätsgewinnung durch Ausnutzung der Wasserkraft. Aufgrund von Sol-, Mineral- und Thermalquellen haben sich zahlreiche Heilbäder entwickelt. Von größter wirtschaftlicher Bedeutung ist der ganzjährige Fremdenverkehr, der sich in den letzten Jahrzehnten zum Massentourismus internat. Prägung entwickelte. Das ökologische Gleichgewicht ist durch die z. T. maßlose Erschließung bes. für den Wintersport stark bedroht. Zur Verringerung der Belastungen durch den Transitschwerverkehr ist vorgesehen, den Güterverkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Sowohl Österreich als auch die Schweiz planen den Bau von Basistunnels.
▣ Literatur:
Vorgeschichtl. Fundkarten der A. Beiträge v. R. von Uslar u. a. Mainz 1991.
⃟ Die A. - Naturpark oder Opfer des künftigen Europas? Mit Beiträgen v. H. Flühler u. a. Basel u. a. 1992.
⃟ Die Welt der A. farbig. Mineralien, Pflanzen, Tiere von der Urzeit bis heute, bearb. v. J. Ladurner u. a. Innsbruck u. a. 1993.
⃟ Alpe - Alm. Zur Kulturgesch. des Alpwesens in der Neuzeit, hg. v. L. Carlen u. G. Imboden. Brig 1994.
⃟ Die A. Entstehung der A., Gesch. der A. u. des Alpinismus, Natur- u. Umweltschutzverbände der Alpenländer. Frankfurt am Main u. a. 1994.
⃟ Brauchtum in den A. Riten, Traditionen, lebendige Kultur, hg. v. G. u. H. Haid. Rosenheim 1994.
⃟ Gefährdung u. Schutz der A., hg. v. H. Franz. Wien 1994.
⃟ Walser, G.: Studien zur Alpengeschichte in antiker Zeit. Stuttgart 1994.
⃟ Bätzing, W.: Kleines A.-Lexikon. Umwelt, Wirtschaft, Kultur. München 1997.
⃟ Messner, R.: Berg Heil - heile Berge? Rettet die A. München 1997.
⃟ A.-Report, hg. v. M. F. Broggi u. U. Tödter, auf mehrere Bde. ber. Bern 1998ff.
⃟ Aufbau, Gliederung: Die A. sind ein erdgeschichtlich junges Faltengebirge, das seine Struktur im Wesentlichen in der Kreide und im Tertiär, seine heutigen Formen erst im Quartär erhalten hat. Ihr Bau ist durch Faltungen und weit reichende Überschiebungen (Deckenbau) gekennzeichnet. Dem Bau nach unterscheidet man West-A. und Ost-A., die durch die Tiefenlinie Bodensee-Rheintal-Splügenpass-Comer See voneinander getrennt sind. In den West-A. brechen die inneren und höchsten Gebirgsstöcke (innere Gneis-A.) scharf zur Poebene ab. Nach außen lagert sich ihnen ein zweiter Zug kristalliner Gebirgsstöcke, die äußeren Gneis-A., und schließlich eine Kalkzone vor, die aber nur in den frz. Kalk-A. selbstständig, dagegen in den Schweizer A. eng mit den Gneis-A. verfaltet ist. Die Ost-A. haben einen regelmäßigeren, fast gleichseitigen Aufbau. Auf die innere kristalline Zone, die z. T. vergletscherten Zentral-A., folgen beiderseits schmale, niedrigere Schieferzonen und die breiter angelegten, schroffen, z. T. verkarsteten Kalk-A., im N noch eine Voralpenzone, in der Molasse- und Flyschfelsen vorherrschen.
⃟ Oberflächengestalt: Die A. sind das formenreichste Gebirge Europas. Sie verdanken das der Mannigfaltigkeit ihrer Gesteine und der umgestaltenden Wirkung der Eiszeit, in der durch mächtige Gletscherströme die Täler und Pässe ausgeweitet wurden; am A.-Rand bildeten sich tiefe Talseen, z. B. Bodensee, Genfer See, Vierwaldstätter See, die oberitalien. Seen, und im Vorland wurden mächtige Moränenringe aufgeschüttet, die z. T. Seebecken umschließen (Chiemsee, Gardasee). Kennzeichnend sind ferner der Stufenbau der Hochtäler mit Wechsel von engen Klammen und breiten Becken, Wasserfälle an der Einmündung von Nebentälern ins Haupttal, steilwandige Hangnischen (Kare), oft mit kleinen Seen im Gipfelbezirk. Heute sind nur noch die inneren und höchsten Teile der A. vergletschert (rd. 1,5 % der Gesamtfläche: 3 200 km2; z. B. Großer Aletschgletscher, Mer de Glace). Östlich der Linie Salzburg-Villach, wo die Gipfelhöhe auf unter 3 000 m ü. M. sinkt, haben die A. vielfach mittelgebirgsartige Formen. - Die Gewässer der A. gehören zu den Stromgebieten von Rhone, Rhein, Donau und Po.
⃟ Klima, Pflanzen- und Tierwelt: Die A. wirken aufgrund ihrer großen Höhe und der bed. W-O-Erstreckung gegenüber dem Vorland als Scheide zw. drei großen Klimazonen. W- und N-Rand der A. liegen im Bereich der Westwindzone und erhalten während des ganzen Jahres hohe Niederschläge. Der S des Gebirges wird von Ausläufern des winterfeuchten Mittelmeerklimas bestimmt, nach O erfolgt ein allmählicher Übergang zu kontinentaleren Klimabereichen. Die West-, Nord- und Südränder haben durch ihre Luvlage z. T. höhere Niederschläge als das Vorland, die Tal- und Beckenlandschaften im Inneren sind stellenweise trockener. Mit steigender Höhe nehmen i. Allg. die Temperaturen ab, etwa 0,58 Celsiusgrade auf je 100 m, während die Intensität der Sonnenstrahlung zunimmt. Die Winde sind als Berg- und Talwind und Föhn stark von den örtl. Verhältnissen beeinflusst.
Die Klimagürtel prägen sich deutlich in der Pflanzenwelt aus. An den Gebirgsrändern wachsen im N mitteleurop., im S mediterrane und im SO pannon. Pflanzen. Der Höhenlage nach folgt auf eine Kulturland- und Laubwaldzone in 800-1 000 m Höhe die Nadelwaldzone, die bei der Waldgrenze (in 1 500-2 200 m Höhe) in die Zone des Krummholzes und der Almen (Hochgebirgsmatten) übergeht. Die Schneegrenze liegt in den Randgebieten zw. 2 500 und 2 600 m ü. M., im Inneren zw. 2 800 und 3 100 m ü. M. In den West-A. reichen einzelne Gletscher bis in die besiedelten Gebiete herab. Die Tierwelt der A. ist durch Hochgebirgstiere gekennzeichnet, wie Steinbock, Murmeltier, Gämse, Steinadler (heute geschützt), A.-Krähe.
⃟ Siedlungen: Die A. gehören zu den dichtestbesiedelten Hochgebirgen der Erde. Bäuerl. Dauersiedlungen reichen im Durchschnitt bis in 1 500 m, vereinzelt bis in 2 100 m Höhe. Die im Sommer besiedelten Almen liegen noch 800-1 200 m höher.
⃟ Bevölkerung, Wirtschaft: Rätoromanen und Ladiner stammen aus der Zeit vor der Völkerwanderung. Vom Vorland aus drangen Deutsche, Italiener, Franzosen und Slowenen in die A. ein. Haupterwerbszweige sind Viehzucht (Almwirtschaft), Holzverarbeitung, Ackerbau in den Tälern, Wein- und Obstbau (in Becken und am S-Rand), ferner Bergbau auf Eisen-, Kupfer-, Blei-, Zink- und Silbererze, Graphit, Magnesit und Salz in den Ost-A.; eine lange Tradition hat auch die Textilindustrie. Wichtig für die industrielle Erschließung war die Elektrizitätsgewinnung durch Ausnutzung der Wasserkraft. Aufgrund von Sol-, Mineral- und Thermalquellen haben sich zahlreiche Heilbäder entwickelt. Von größter wirtschaftlicher Bedeutung ist der ganzjährige Fremdenverkehr, der sich in den letzten Jahrzehnten zum Massentourismus internat. Prägung entwickelte. Das ökologische Gleichgewicht ist durch die z. T. maßlose Erschließung bes. für den Wintersport stark bedroht. Zur Verringerung der Belastungen durch den Transitschwerverkehr ist vorgesehen, den Güterverkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Sowohl Österreich als auch die Schweiz planen den Bau von Basistunnels.
▣ Literatur:
Vorgeschichtl. Fundkarten der A. Beiträge v. R. von Uslar u. a. Mainz 1991.
⃟ Die A. - Naturpark oder Opfer des künftigen Europas? Mit Beiträgen v. H. Flühler u. a. Basel u. a. 1992.
⃟ Die Welt der A. farbig. Mineralien, Pflanzen, Tiere von der Urzeit bis heute, bearb. v. J. Ladurner u. a. Innsbruck u. a. 1993.
⃟ Alpe - Alm. Zur Kulturgesch. des Alpwesens in der Neuzeit, hg. v. L. Carlen u. G. Imboden. Brig 1994.
⃟ Die A. Entstehung der A., Gesch. der A. u. des Alpinismus, Natur- u. Umweltschutzverbände der Alpenländer. Frankfurt am Main u. a. 1994.
⃟ Brauchtum in den A. Riten, Traditionen, lebendige Kultur, hg. v. G. u. H. Haid. Rosenheim 1994.
⃟ Gefährdung u. Schutz der A., hg. v. H. Franz. Wien 1994.
⃟ Walser, G.: Studien zur Alpengeschichte in antiker Zeit. Stuttgart 1994.
⃟ Bätzing, W.: Kleines A.-Lexikon. Umwelt, Wirtschaft, Kultur. München 1997.
⃟ Messner, R.: Berg Heil - heile Berge? Rettet die A. München 1997.
⃟ A.-Report, hg. v. M. F. Broggi u. U. Tödter, auf mehrere Bde. ber. Bern 1998ff.