Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Abrüstung
Abrüstung,i. e. S. der Abbau oder die Verminderung von Waffenbestand und/oder Truppenzahl; i. w. S. auch Maßnahmen der Rüstungskontrolle. A. kann von einem Staat einseitig (freiwillig oder - nach einem verlorenen Krieg - unfreiwillig) vorgenommen werden oder durch Verhandlungen zulasten aller Beteiligten zustande kommen. Ziel der A. ist v. a. die Entspannung und die Friedenssicherung.Mit den Haager Friedenskonferenzen setzte vor dem 1. Weltkrieg eine internat. A.-Diskussion ein. Die einseitige A. Dtl.s (Versailler Vertrag) nach dem 1. Weltkrieg sollte der erste Schritt zu einer allg. A. sein. Die Genfer A.-Konferenz von 1932 scheiterte. Nach dem 2. Weltkrieg wurde A. angesichts der ABC-Waffen zu einem zentralen Thema der Diplomatie. 1962 trat die Genfer A.-Konferenz der 18 Mächte zus. (später organisiert als Genfer A.-Ausschuss). 1963 kam es zum Abschluss des Teststoppabkommens, 1968 des Kernwaffensperrvertrages, 1972 des B-Waffen-Abkommens, 1972 des SALT-I-Vertrages; der SALT-II-Vertrag von 1979 (SALT) trat nicht in Kraft. 1984 begannen mit der Stockholmer Konferenz über Vertrauensbildung und Abrüstung in Europa, 1985 mit den amerikanisch-sowjet. Verhandlungen in Genf über Nuklear- und Weltraumwaffen neue A.-Gespräche. 1987 unterzeichneten die USA und die UdSSR einen Vertrag über den Abbau von nuklearen Mittelstreckenraketen (INF). 1987-89 fanden in Wien Verhandlungen zw. NATO und Warschauer Pakt statt, die zur Einberufung von Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa (VKSE) führten; die seit 1973 tagende Konferenz über beiderseitige und ausgewogene Truppenreduzierungen in Mitteleuropa (MBFR) wurde daraufhin beendet. Auf dem Gipfeltreffen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE; seit 1995 OSZE) in Paris wurde 1990 der Vertrag über konventionelle A. in Europa (KSE-Vertrag) unterzeichnet. Zwischen den USA und der Sowjetunion wurde 1991 der Abbau ihrer Interkontinentalraketen beschlossen (START); die USA vereinbarten mit Russland, Weißrussland, der Ukraine und Kasachstan, den Atomwaffen besitzenden Nachfolgestaaten der (1991 aufgelösten) Sowjetunion, ein Protokoll über die Umsetzung des START-Vertrages. Als gesamtdt. Beitrag zur A. wurde die dt. Truppenstärke bis Ende 1994 auf 370 000 Mann reduziert. 1992 unterzeichneten die Staaten der NATO und des ehem. (1991 aufgelösten) Warschauer Paktes einen Vertrag über die gegenseitige Luftüberwachung (Open Skies). Nach langjährigen Verhandlungen schlossen 1993 die Vertreter von 130 Staaten den Vertrag über das weltweite Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen. Dieser trat im Frühjahr 1997 mit der Ratifizierung durch mehr als 65 Staaten in Kraft. Auf einer Überprüfungskonferenz 1995 beschlossen die Signatarstaaten des Kernwaffensperrvertrages diesen zunächst auf 25 Jahre begrenzten Vertrag unbefristet zu verlängern. 1997 wurde von 125 Staaten in Ottawa der Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen unterzeichnet (in Kraft seit März 1999).
Literatur:
Periodika: SIPRI-Yearbook. World Armaments and Disarmament. Stockholm 1969 ff.
United Nations Disarmament Yearbook. New York 1976 ff.
Friedensgutachten, hg. v. der Ev. Studiengemeinschaft, der Hess. Stiftung Friedens- u. Konfliktforschung u. dem Inst. für Friedensforschung u. Sicherheitspolitik Hamburg. Münster 1989 ff.
Storch, K.: Schritt zurück vom Abgrund. Die USA u. die atomare Abrüstung. Frankfurt am Main 1995.
Wallner, J. H.: Konventionelle Rüstungskontrolle u. Fernerkundung in Europa. Baden-Baden 1995.
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