Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Zug
Zug m \
1. Eisenbahnzug. Hieraus verkürzt. Seit dem 19. Jh.
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2. Unternehmungsgeist. Übernommen vom Luftstrom, mit dessen Hilfe man ein Feuer entfacht und am Brennen hält. 1900 ff.
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3. Besuch mehrerer Gaststätten nacheinander. Übertragen vom Feld-, Fest- oder Umzug. 1900 ff.
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4. Diebesfahrt. Wohl vom Fischzug herzuleiten. 1900 ff.
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4 a. einmaliges Ziehen an der Zigarette o. ä. 1914 ff.
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4 b. Essensportion. Die Schöpfkelle wird durch den Inhalt des Kessels gezogen. Sold 1870 ff.
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5. der Zug ist abgefahren = die Entscheidung ist gefallen und nicht mehr rückgängig zu machen. 1950 ff.
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6. vom fahrenden Zug abspringen = sich von einem (schon in der Verwirklichung befindlichen) Vorhaben trennen. 1950 ff.
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7. auf den Zug aufspringen = sich an einer (bereits »laufenden«) Sache beteiligen. 1950 ff.
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8. jn auf den Zug bringen = jn antreiben, zur Ordnung rufen. Übertragen vom Luftstrom für ein Feuer.
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1840 ff.
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9. Zug in die Kolonne bringen = eine disziplinlose Gruppe an »Zucht und Ordnung« gewöhnen. Fußt auf dem Bild vom Zug im Ofen. Sold 1900 bis heute; auch ziv .
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10. der Zug ist durch = die Maßnahme ist zu spät in Gang gesetzt worden; der Vorschlag kommt zu spät; eine Beteiligung ist nicht mehr möglich. 1950 ff.
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11. in den Zug einsteigen = sich einem Vorhaben anschließen. 1920 ff.
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12. in den falschen Zug einsteigen = a) sich einer politischen Partei (o. ä.) anschließen, die später scheitert. 1920 ff. – b) anal koitieren. 1920 ff.
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13. den Zug erreichen = sich einer Notwendigkeit nicht versagen; realistisch handeln. 1930 ff.
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14. der Zug fährt = die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. 1930 ff.
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15. der Zug fährt planmäßig = die Sache entwickelt sich wie geplant. 1930 ff.
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16. Zug in der Kolonne haben = in einer Gruppe »Zucht und Ordnung« beibehalten. Zug 9. Sold 1900 bis heute; auch ziv .
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17. einen guten (einnehmenden) Zug am Leibe (am Hals) haben = wacker zechen können. »Zug« meint die saugende Einverleibung des Getränks, ähnlich wie »Atemzug«. »Der Zug = das Trinken« gehört schon dem 16. Jh. an. Die Redensart kam im 19. Jh. auf.
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18. einen wehmütigen Zug um die Beine haben = krummbeinig sein. Übertragen von der schrägen Kopfhaltung, die man in wehmütiger Stimmung leicht einnimmt. Berlin seit dem ausgehenden 19. Jh.
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19. etw (jn) am (auf dem) Zug haben = eine Sache oder Person nicht leiden können; gegen jn auf Vergeltung sinnen. »Zug« meint hier den Abzugsbügel an der Handfeuerwaffe. Seit dem 16. Jh.
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20. zum Zug kommen = Gelegenheit zum Handeln finden; an die Reihe kommen. Übertragen vom Zug beim Schachspiel o. ä. Zug 23. 1900 ff.
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21. einen Zug machen = in vielen Lokalen zechen. Zug 3. 1900 ff.
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22. einen Zug durch die Gemeinde machen = viele Wirtshäuser am Ort aufsuchen. Zug 3. 1900 ff.
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23. am Zug sein = an der Reihe des Handelns sein; Handlungsfreiheit haben. Vom Schachspiel übernommen. 1900 ff.
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24. im Zug sein = a) in Mode sein. Herzuleiten entweder von den Zugtieren, die den Wagen zum Rollen gebracht haben, oder vom Luftstrom im Kamin. Man läßt sich aber auch vom »Zug der Zeit« mitreißen. Seit dem 19. Jh. – b) im Schwung sein. Seit dem 19. Jh.
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25. hier ist kein Zug in der Kolonne = hier herrscht keine Ordnung. Zug 9. Sold 1900 bis heute; auch ziv .
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26. im falschen Zug sitzen = sich gröblich irren. Zug 1. 1920 ff.
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27. auf den fahrenden Zug springen = sich an einer erfolgversprechenden Sache beteiligen. 1950 ff.
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28. in den falschen Zug steigen = einen schweren Fehler begehen. Zug 1. 1920 ff.
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29. einen großen Zug tun = einen großen Schluck aus der Schnapsflasche nehmen; ausgiebig zechen. Zug 17. 1600 ff.
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30. den Zug verpassen (versäumen) = a) keinen Ehemann finden. Anschluß 3. 1900 ff. – b) nicht zeitgemäß denken und handeln; gegenüber anderen in Nachteil geraten; sich um die Anerkennung bringen. 1920 ff.
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