Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Zeit
Zeit f \
1. Geld. Um anzudeuten, daß »Zeit« hier anders aufzufassen ist, macht man mit Daumen und Zeigefinger die Bewegung des Geldzählens. Versteht sich nach dem Sprichwort »Zeit ist Geld«. 1920 ff, schül , stud und sold .
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1 a. Zeit der kleinen Brötchen = Zeitläufte, in denen Bescheidenheit, Anspruchseinschränkung o. ä. angebracht sind. Brötchen 27. 1973 ff.
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2. Zeit der langen Nasen und der kleinen Pipimänner = die ersten feuchtkalten Wintertage. Niederhängende Tropfen »verlängern« die Nase; Pipimann = Penis. 1950 ff, stud .
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3. braune Zeit = NS-Zeit. braun 1. Kurz nach 1945 aufgekommen.
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4. alle heiligen Zeiten = sehr selten. Meint im kirchlichen Sinne alle Tage, an denen das übliche Tätigsein verboten und Ruhe, Fasten und Feiergesinnung geboten sind. Bayr und österr , 1900 ff.
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5. alle heiligen Zeiten einmal = überaus selten. 1900 ff.
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6. krumme Zeit = Uhrzeit mit einer nicht durch 5 oder 10 teilbaren Minutenzahl. Vom kaufmännischen Be-
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griff der »krummen Preise« übernommen. 1950 ff.
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7. du liebe Zeit!: Ausruf des Erstaunens, des Entsetzens, der Entrüstung o. ä. Da »liebe« stark betont ist, scheint »Zeit« Ersatz für eine geheiligte Person oder Sache zu sein, die man in der Not anruft. Seit dem 18. Jh.
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8. du 'meine Zeit!: Ausruf der Verwunderung. Seit dem 18. Jh.
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9. tolle Zeit = Bestzeit in sportlichen Wettkämpfen. toll 1. Sportl 1930 ff.
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10. tote Zeit = Zeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr. Wegen des geringen Straßenverkehrs. Polizeispr. 1950 ff.
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11. als die Zeit groß wurde = a) als im Weltkrieg der Sieg nahegerückt schien. Fußt auf den schwülstigen Reden der Staatsmänner. 1915 ff. – b) als Hitler Deutschland hoffnungsvollen Zeiten entgegenzuführen versprach. 1933 ff.
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12. eine Zeit abrackern = eine Zeit mühselig, mehr schlecht als recht verbringen. 1920 ff.
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13. aussehen wie die teure Zeit = blaß und abgemagert aussehen. Teure Zeit = Zeit der Teuerung; Notzeit. 1700 ff.
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14. mal sehen, ob ich Zeit habe: Redewendung, bei der man den Geldbeutel öffnet und nachsieht, wieviel Geld man bei sich hat. Zeit 1. 1920 ff.
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15. keine Zeit haben = ohne Geld sein. Zeit 1. 1920 ff, schül , stud und sold .
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16. viel Zeit haben = gut mit Geld versehen, reich sein. Zeit 1. 1920 ff.
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17. neben der Zeit leben können = sich in aller Ungestörtheit erholen. »Neben der Zeit« meint soviel wie »ohne an eine Frist gebunden zu sein« oder »ohne sich um die Neuigkeiten des Tages zu kümmern«. 1960 ff.
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18. die Zeit ruinieren = die Zeit vergeuden; sich bei (mit) unwichtigen Dingen unnötig lange aufhalten. 1920 ff.
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19. Zeit schinden = mit Lug und Trug Zeit zu gewinnen suchen. schinden. 1920 ff.
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20. sich die Zeit um die Ohren schlagen. Ohr 73.
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21. jm die Zeit stehlen = jm mit belanglosen Dingen lästig fallen; jn mit seinem Besuch belästigen. 1500 ff.
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22. ich habe meine Zeit nicht gestohlen = ich habe keine Zeit, mich mit unnützen Dingen abzugeben.
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Seit dem 19. Jh.
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23. mit etw die Zeit totschlagen (totmachen) = die Zeit ohne ernste Beschäftigung verbringen. 1840 ff. Vgl franz »tuer le temps«, engl »to kill time«, span »matar el tiempo«, ital »ingannare il tempo«.
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24. an der Zeit vorbeitanzen = sich amüsieren und die Tagesereignisse nicht zur Kenntnis nehmen. 1960 ff.
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