Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Welle
Welle f \
1. plötzlich aufkommendes, allgemeines Interesse an bestimmten Dingen (Bekleidungs-, Edelfreßwelle u.a.). Übernommen vom Bild der heranflutenden und überschwemmenden, dann langsam zurückweichenden, abebbenden Wasserwoge. Vereinzelt im 19. Jh. geläufig ( Besuchswelle); wiederaufgelebt gegen 1939 und überaus häufig seit 1948, als die Wiedereinführung einer gediegenen Währung die Erfüllung aufgestauter Bedürfnisse ermöglichte.
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2. Welle der Keuschheit = Maßnahmen gegen die Prostitution. 1960 ff.
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3. blonde Welle = vorübergehende Mode (künstlich) blonder Haartracht bei weiblichen Personen. 1955 ff.
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4. grüne Welle = Demonstrationszug der Bauern. »Grün« ist seit dem »Grünen Plan« der deutschen Bundesregierung (1956) die Sinnbildfarbe der Landwirtschaft. 1970 ff.
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5. harte Welle = a) Einführung strengerer Zucht in der Bundeswehr. 1959 ff. – b) vorübergehende Zunahme der Kriminalität, vor allem der Gewaltverbrechen. 1963 ff. – c) Werbung für hochprozentige alkoholische Getränke. »Hart« kennzeichnet den Unterschied zum »weichen« Likör. 1965 ff.
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6. keusche Welle = Prostitutionsbekämpfung. Welle 2. 1960 ff.
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7. lange Welle = langfristige Ratenkäufe. 1950 ff.
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8. nackte Welle = a) vorübergehende Beliebtheit von Nacktszenen. 1965 ff. – b) Ausbreitung der Freikörperkultur-Bewegung. 1965 ff.
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9. nationale Welle = Bestreben, die nationalen Interessen selbstbewußter zu vertreten. 1965 ff.
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10. weiche Welle = a) Abkehr von Formenstrenge; aufgelockerte Unterrichtsweise; Austausch von Höflichkeiten; Vermeidung von Gewalt. 1955 ff. – b) Zärtlichkeit beim Liebesspiel. 1955 ff. – c) Politik der Nachgiebigkeit, der Versöhnlichkeit (im Gegensatz zur »Politik der Stärke«). 1955 ff. – d) Bestechung(sversuch). 1960 ff. – e) einschmeichelnd-melodiöse Musik. 1958 ff. – f) Damenmode in lieblichem, fast kindlichem Stil. 1971 ff. – g) zunehmender Verbrauch von schwachprozentigen alkoholischen Getränken. 1967 ff.
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11. weiche Welleà la Chantré = Milde, Versöhnlichkeit. Aufgekommen mit der Weinbrandwerbung unter dem Schlagwort »weiche Welle« für den Markenartikel »Chantré« der Firma Eckes in Niederolm bei Mainz. 1957 ff.
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12. weiche Welle für Verbrecher (der Gerechtigkeit; der Gerichte) = milde Rechtsprechung; Milderung des Strafvollzugs. 1959 ff.
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13. weiße Welle = a) Konkurrenzkampf auf dem Waschmittelmarkt um den Kunden. Die Hersteller der Waschmittel versprechen blendendweiße Wäsche. 1966 ff. – b) zunehmende Beliebtheit von klaren Schnäpsen. Weiß = farblos. 1967 ff.
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14. eine Welle mehr, und du kannst schwimmen!: Redewendung, mit der man einen Schwätzer zur Mäßigung auffordert. Wie Wellen kommen die prahlerischen Äußerungen auf den Zuhörer zu; wäre es Wasser, was da Wellen schlägt, könnte man bald darin schwimmen. Doch vgl auch das Folgende. Jug 1933 ff.
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15. eine dicke (mächtige) Welle angeben = sich übermäßig aufspielen. Hängt mit der Schallwelle zusammen. angeben 1. 1920 ff.
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16. auf eine falsche Welle eingestellt haben = begriffsstutzig sein; nicht verstehen wollen. Vom Funkverkehr übertragen. 1940 ff, jug .
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17. halbe Welle genügt! = spiel' dich nicht so auf! Welle = Schallwelle. Jug 1933 ff.
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18. eine Welle haben = betrunken sein. Bezieht sich auf den wellenförmig schwankenden Gang. 1880 ff.
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19. die Wellen legen = in Schlangenlinien fahren. Radrennfahrerspr. 1960 ff, österr .
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19 a. auf derselben Welle liegen = mit jm übereinstimmen. Vom Funkverkehr übertragen: Sender und Empfänger sind auf dieselbe Wellenlänge eingestellt; Wellenlänge 1. 1940 ff.
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20. auf der falschen Welle liegen (sein) = sich irren; falschen Vorstellungen erliegen; von falschen Voraussetzungen ausgehen. Aus der Rundfunktechnik übernommen: man hört den falschen Sender ab. 1940 ff.
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21. Wellen machen (schieben) = Ausflüchte machen; prahlen. Kann mit den Schallwellen zusammenhängen oder mit den Wellen, die ein Schwimmer, Turmspringer o. ä. im Wasser hervorruft, um Eindruck zu machen. 1920 ff.
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22. mach' keine Wellen! = rege dich nicht auf! prahle nicht! bleibe sachlich und beherrscht! Vgl das Vorhergehende. 1920 ff, Berlin.
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23. große Wellen machen = Aufsehen erregen; sich brüsten. Welle 21. 1920 ff, Berlin.
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24. mach' nur keine Wellen auf dem Teppich! = bring' keine Unruhe in die Unterhaltung! Fußt auf dem Bild
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vom Teppich, der nicht glatt liegt, sondern Wülste zeigt. Dieses Bild ähnelt einer Unterhaltung, die nicht glatt verläuft. 1920 ff.
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25. quatsch' (red') keine Wellen! = prahle nicht! übertreibe nicht! Welle = Schallwelle. Berlin 1920 ff.
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26. auf den Wellen schaukeln = am Rundfunkgerät nach einem zusagenden Programm suchen. Übertragen von den Wasserwellen auf die Funkwellen. 1935 ff.
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27. Wellen schieben = prahlen; sich aufspielen. Welle 21. 1920 ff.
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28. es schlägt Wellen = es erregt Aufsehen, beschäftigt die Phantasie der Leute. Hergenommen vom Bild des Steins, der, ins Wasser geworfen, kreisförmig sich ausbreitende Wellen erzeugt. 1900 ff.
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29. schlag' Wellen! = geh weg! 1950 ff.
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29 a. auf einer Welle schwimmen = sich von bestimmten, gängigen Vorstellungen leiten lassen. Welle 1. 1950 ff.
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30. auf der weichen Welle schwimmen = rührselig werden; sich auf Rührseligkeit verlegen. 1955 ff.
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31. das ist eine Welle = das ist eine großartige, eindrucksvolle Sache. Hergenommen von der hohen
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Wasserwoge. 1950 ff.
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32. auf falscher Welle sein = sich irren; falsch auffassen. Welle 20. 1940 ff.
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33. auf anderer Welle senden = unterschiedliche Ansichten vertreten. 1945 ff.
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34. auf lange Welle zahlen = auf Raten zahlen. Welle 7. 1950 ff.
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