Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Träne
Träne f \
1. Tropfen; geringfügige Menge Flüssigkeit; geringfügiger Schluck; schlecht eingeschenktes Glas. 1800 ff, gemeindeutsch.
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2. wehleidiger, weichlicher Mensch; Energieloser. Seit dem 19. Jh.
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3. langsam handelnder Mensch; langweiliger Mensch; Versager. Seit dem 19. Jh., vor allem schül , sold und arbeiterspr.
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4. Klassenwiederholer. 1950 ff.
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5. Träne im Knopfloch = geheuchelte Rührung; Rührseligkeit. Träne 13. Seit dem ausgehenden 19. Jh., schül und stud .
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6. blutige Träne = völliger Nichtskönner. blutig 1. Sold 1930 ff.
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7. hinterletzte Träne = sehr dumme weibliche Person. Ihre Dummheit ist so grenzenlos, daß man zu ihrer Charakterisierung auf den Endbegriff »letzt« scherzhaft noch »hinterletzt« folgen läßt. 1955 ff, halbw .
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8. müde Träne = energieloser Mensch; Phlegmatiker. 1930 ff.
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9. trübe Träne = langweiliger Mensch; Versager. Über » Träne 1« analog zu »trübe Tasse«. 1950 ff.
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10. mit einer Träne im Knopfloch und einer Nelke (Rose) im Auge = entmutigt; zu Tränen gerührt. Träne 13. 1900 ff.
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11. mit einer zerquetschten Träne im Knopfloch = voller Rührseligkeit; in weicher Stimmung. Träne 13. 1920 ff, schül .
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12. sich Tränen abquetschen = gewaltsam Tränen herauspressen. 1920 ff.
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12 a. ich breche gleich in Tränen aus = Rührung überkommt mich (iron ). 1960 ff.
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13. danken mit einer Träne im Knopfloch = gerührt danken (iron ). Im ausgehenden 19. Jh. unter Schülern und Studenten verdreht aus »danken mit einer Träne im Auge und einer Nelke im Knopfloch«.
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14. über etw zu Tränen gerührt sein = an etw keinen Gefallen finden; Schadenfreude verspüren. 1900 ff.
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15. Tränen in den Augen haben = etw mit gespieltem Bedauern ablehnen. 1950 ff.
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16. mir kommen die Tränen = ich bin gerührt (iron ). 1950 ff.
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17. ihm laufen die Tränen kreuzweise den Rücken (den Buckel, den Wanst) runter = er schielt stark. Eine berlinische Prägung aus dem späten 19. Jh.
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18. Tränen lockermachen = geheuchelte Tränen vergießen. 1920 ff.
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19. Tränen melken = Mitleid hervorzurufen trachten; durch Hervorhebung trauriger Lebensumstände des Verstorbenen das Trauergefolge zum Weinen bringen. 1900 ff.
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20. eine Träne nehmen = Alkohol zu sich nehmen. Träne 1. 1900 ff.
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21. ganz Träne sein = wehleidig, weinerlich sein. 1920 ff.
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22. auf den Tränen spazieren gehen = mitleidige Gemüter antreffen. Vgl Kahn 13. 1961 ff.
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22 a. da steigen einem ja die Tränen unter den Schädel: Ausdruck geheuchelter Anteilnahme. 1975 ff.
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23. eine lange Träne weinen = harnen. Sold 1939 bis heute.
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