Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Tisch
Tisch m \
1. der grüne Tisch = wirklichkeitsfremdes Theoretisieren; Beschlußfassung ohne Anhörung der Betroffenen. Von der grünen Decke auf dem Beratungstisch übertragen. Seit dem 19. Jh.
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1 a. Herr Ober, die kleinen Tische bitte!: Redewendung, wenn einem vom Eßtisch etwas zu Boden fällt. 1900 ff.
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2. krummer Tisch = Tisch, an dem betrügerisches Glücksspiel gespielt wird. krumm 2. 1950 ff.
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3. unter dem Tisch = heimlich; nur für Eingeweihte; nur für Stammkunden. Unter dem Ladentisch versteckt der Kaufmann die Ware, die er nur seinen guten (vertrauten) Kunden zukommen lassen will. 1939 ff.
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4. einen Tisch abräumen = eine Bank »sprengen«. Tisch = Spieltisch. abräumen 4. 1910 ff.
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5. etw am grünen Tisch besprechen (etw vom grünen Tisch aus regeln o. ä.) = etw theoretisch besprechen, regeln, ohne die wirklichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Tisch 1. Seit dem 19. Jh.
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6. Geld auf den Tisch blättern = Geldscheine auf den Tisch legen; bezahlen. Blatt 3. 1920 ff.
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7. auf dem Tisch bleiben = während der Operation sterben. Medizinerspr. 1920 (?) ff.
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8. eine Frage bleibt auf dem Tisch = eine Angelegenheit ist noch nicht abschließend erörtert; eine allseits befriedigende Lösung ist noch nicht gefunden. Seit dem 19. Jh.
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9. etw auf den Tisch bringen = etw zur Sprache bringen. Seit dem 19. Jh.
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10. etw vom Tisch bringen = einen Streitfall bereinigen. Tisch = Beratungstisch, Gerichtstisch. 1920 ff.
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11. es fällt unter den Tisch = es bleibt unerörtert; es wird nicht beachtet; es wird nicht verwirklicht. Vom Speisetisch auf den Beratungstisch übertragen. Seit dem 19. Jh.
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12. etw unter den Tisch fallen lassen = auf eine Sache nicht eingehen; etw nicht nochmals erwähnen. Seit dem 19. Jh.
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13. Tisch fängt = die aufgeworfene Karte darf nicht zurückgenommen werden. Skatspielerspr. seit dem 19. Jh.
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14. etw vom (unter den) Tisch fegen (kehren) = etw von der Verhandlung ausschließen; eine Sache nicht zur Erörterung zulassen. 1920 ff.
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15. es geht über Tisch und Bänke = es geht ausgelassen her. Von den Mäusen hergenommen, die sich frei tummeln, sobald die Katze und die Herrschart aus dem Hause sind. Seit dem 19. Jh.
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16. durch den Tisch gewachsen sein = völlig veraltet sein. Übernommen aus der Barbarossa-Sage; vgl Friedrich Rückerts Gedicht »Der alte Barbarossa« (1813). Nach dem Ersten Weltkrieg aufgekommen, als der Bart zum Sinnbild veralteter Ansichten und Gewohnheiten wurde.
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17. auf den Tisch hauen (schlagen) = a) energisch fordernd auftreten. Zur Bekräftigung der Forderung schlägt man mit der Faust auf den Tisch. Seit dem 19. Jh. – b) prahlen. Der Betreffende prahlt wohl mit seinem Reichtum und »haut« zum Beweis sein Geld auf die Tischplatte oder ist dermaßen temperamentvoll, daß er übermütig mit der Hand auf die Tischplatte schlägt. Österr 1945 ff.
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18. auf den Tisch hauen, daß die Rosinen aus dem Kuchen fallen (fliegen) = energisch seinen Standpunkt behaupten. 1950 ff.
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18 a. jm etw auf den Tisch hauen = jn plump benachrichtigen, bedrohen; etw grob vorbringen. 1970 ff.
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19. eine Sache unter dem Tisch kochen (handeln) = eine Sache insgeheim aushandeln, ehe man sie an die
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Öffentlichkeit bringt. Übertragen von der Verständigung mit den Füßen unter dem Tisch. 1950 ff.
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20. es kommt auf den Tisch = es kommt zur Sprache. Gemeint ist der Beratungstisch. Seit dem 19. Jh.
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21. das kommt nicht auf den Tisch!: Ausdruck der Ablehnung. 1920 ff.
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21 a. etw vom Tisch kriegen (bekommen) = über etw abschließend verhandeln. Seit dem 19. Jh.
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22. Geld auf den Tisch legen = zahlen. Seit dem 19. Jh.
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23. etw auf den Tisch legen = etw offenbaren, öffentlich bekanntgeben. Der Kartenspielersprache entlehnt. 1900 ff.
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23 a. es liegt auf dem Tisch = es ist zur Bekanntgabe fertiggestellt; es ist beantragt, aber noch nicht entschieden. 1960 ff.
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24. reinen Tisch machen = aufräumen; einen Mißstand beseitigen; klare Verhältnisse schaffen. Hergenommen vom Arbeitsoder Werktisch, den man aufräumt, wenn die Arbeit beendet ist. Die Redewendung fußt auf der lat Metapher »tabula rasa« (man tilgt die Schriftzeichen auf dem Schreibtäfelchen, um neue einritzen zu können). Seit dem 19. Jh. Vgl franz »faire table nette«.
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24 a. etw vom Tisch nehmen = über etw nicht länger verhandeln. Seit dem 19. Jh.
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25. jn unter den Tisch reden = jn nicht zu Wort kommen lassen; jn erfolgreich beschwatzen. Übertragen vom Zechen: man »trinkt« den anderen »unter den Tisch«. Schül 1960 ff.
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26. jm auf den Tisch scheißen = jm grob die Meinung sagen; jn entwürdigend anherrschen. 1950 ff.
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27. unter dem Tisch sein = seinen Einfluß verloren haben. Man nimmt von dem Betreffenden keine Kenntnis mehr wie von einer Speise, die unter den Tisch gefallen ist; oder der Betreffende sucht unter dem Tisch Schutz wie ein Haustier. 1950 ff.
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28. vom Tisch sein = kein Verhandlungsgegenstand mehr sein; abschließend verhandelt worden sein. Tisch 10. 1920 ff.
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29. weg vom Tisch sein = der Unterlegene sein. Man ist vom Beratungs- oder Speisetisch ausgeschlossen worden. 1950 ff.
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30. unter dem Tisch sitzen = kleinlaut sein. Das Haustier verkriecht sich unter den Tisch. 1950 ff. Vgl dazu den Sagvers: »›Ich bin der Herr im Haus‹, sagte der Mann und saß unter dem Tisch.«
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31. jn unter den Tisch trinken (saufen) = beim Zechgelage mehr trinken können als der andere, der schließlich betrunken unter den Tisch sinkt; jn durch fortwährendes Zuprosten betrunken machen. Spätestens seit 1700.
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32. etw vom (unter den) Tisch wischen = etw als unwichtig, unzutreffend behandeln; etw überstimmen. 1920 ff.
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33. jn über den Tisch ziehen = a) dem Gegner eine hohe Niederlage bereiten. Hergenommen vom Knaben, den man mit dem Oberkörper über den Tisch legt, um ihn aufs Gesäß zu prügeln. Prügel sind in der Umgangssprache gleichbed mit Niederlage. Kartenspielerspr. 1900 ff. – b) jn verulken. 1920 ff. – c) jn täuschen, übertölpeln. 1920 ff.
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