Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Tag
Tag m \
1. Tag der Befreiung = Tag der Ehescheidung. 1930 ff, Jurastudenten.
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2. Tag der inneren Einkehr = Tag, an dem man den Geschlechtsverkehr ausübt. Eigentlich der Tag der Besinnung; hier Anspielung auf die Einführung des männlichen Glieds in die Scheide. 1960 ff.
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3. Tag der Entscheidung = Tag der Zeugnisausgabe. Geht auf einen Filmtitel zurück. Schül 1958 ff.
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4. Tag der Freiheit = Entlassung aus dem Wehrdienst. Eigentlich der Tag der Entlassung aus der Haftanstalt. BSD 1965 ff.
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5. Tag des Herrn = a) Tag der Herrenpartien. »Herr« ist eigentlich Gott; hier bezogen auf den Hausherrn. Seit dem späten 19. Jh., Berlin. – b) Lohnzahltag. Gewertet als der eigentliche Feiertag des Arbeitnehmers. 1900 ff. – c) Entlassung aus der Bundeswehr am Dienstzeitende. BSD 1965 ff. – d) arbeitsfreier Samstag. Die erwerbstätigen Männer haben arbeitsfrei, während die Arbeit der Hausfrauen weitergeht. 1958 ff.
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6. Tag Null = Tag der Entlassung aus der Bundeswehr. Hängt zusammen entweder mit dem » Maß-
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band« (wenn kein Zentimeter mehr abzuschneiden ist) oder mit dem »Tag Null«, wie man den Tag der Kapitulation am 7. bzw. 9. Mai 1945 bezeichnet: es ist der Tag völligen Neubeginns nach einer Katastrophe. BSD 1970 ff.
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7. Tag der deutschen Schwarzarbeit = arbeitsfreier Samstag; Samstag der 45-Stunden-Woche. 1956 ff.
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8. Tag der offenen Tür = leicht zugängliches Mädchen. Eigentlich der Tag, an dem Außenstehende öffentliche Einrichtungen, Ver- und Entsorgungsbetriebe, Kasernen usw. besichtigen können. BSD 1968 ff.
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9. Tag der Wahrheit = Musterung. Fußt auf der Meinung, die Musterungsärzte ermittelten irrtumsfrei den körperlichen Zustand der angetretenen Zivilisten. BSD 1965 ff.
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10. Tag der deutschen Zentralheizung = 1. Oktober. Mit ihm setzt die Heizperiode ein. 1960 ff.
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11. am Tag, als der Regen kam = Körperwaschung. Fußt auf dem gleichnamigen Schlagerlied, dessen Text von Ernst Bader und dessen Musik von Bécaud und Delanoe stammt. BSD 1971 ff.
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12. blauer Tag = Tag geheuchelter Arbeitsunfähigkeit. blaumachen. 1950 ff.
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13. dicker Tag = ereignisreicher, verlustreicher Tag. Dick = vollgestopft, vollgepreßt. Sold 1939 ff.
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14. eisenfreier (eisenloser) Tag = Tag, an dem an der Front kaum ein Schuß fällt. Sold in beiden Weltkriegen.
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15. ja, den ganzen Tag!: Redewendung, mit dem man bestätigt, daß heute der soundsovielte Tag des Monats (der vermutete Wochen- oder Feiertag) ist. 1900 ff.
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16. kritische Tage = Menstruationszeit. 1900 ff.
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17. die längsten Tage = die letzten Tage im Monat. Man hat den Eindruck, die Tage bis zum Ersten (bis zur Lohn- oder Gehaltszahlung) wollten nicht vorübergehen. 1920 ff, stud .
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18. rabenschwarzer Tag = Tag voller Mißerfolge. Zusammenhängend mit Schwarz als Sinnbildfarbe des Unheils. 1900 ff.
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19. rote Tage = Menstruationstage. Seit dem 19. Jh.
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20. schöner Tag, heute abend = schöner Abend heute. Schül 1930 ff.
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21. schönster Tag meines Lebens = a) Tag der Versetzung. Fußt auf dem Titel eines 1957 gedrehten Films. Schül 1959 ff. – b) Tag der Entlassung aus der Bundeswehr am Dienstzeitende. BSD 1965 ff.
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22. tolle Tage = a) Fastnachtstage. 1900 ff. – b) Zeitspanne des Sommer-, Winterschlußverkaufs. 1970 ff.
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23. in achtzig Tagen um die Erde = Erdkundeunterricht in der Schule. Geht zurück auf den dt Titel des 1956 unter der Regie von Mike Todd gedrehten Films »Around The World in 80 Days« nach dem Roman von Jules Verne. 1959 ff.
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24. den Tag andonnern = den Tag mit der Notdurftverrichtung beginnen. 1940 ff, sold ; aber wahrscheinlich im Ersten Weltkrieg aufgekommen.
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25. den Tag einläuten = morgens koitieren. 1935 ff.
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26. seinen Tag haben = vorübergehend gereizt, verärgert, mißgestimmt sein. Auf den Mann übertragen von der Stimmung der menstruierenden Frau. 1920 ff.
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27. ihre Tage haben = menstruieren. Seit dem 19. Jh.
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28. einen (seinen, ihren) grauen Tag haben = mißgestimmt sein. Grau als Farbe der Freudlosigkeit. 1950 ff.
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29. du hast heute wohl deinen schlauen Tag? = du kommst dir heute wohl besonders klug vor? 1920 ff.
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30. seinen sozialen Tag haben = sehr gebefreudig sein. 1950 ff.
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30 a. seinen starken Tag haben = an einem bestimmten Tag hervorragender Könner sein. Sportl 1960 ff.
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31. einen volksnahen Tag haben = als hochgestellte Persönlichkeit sich schlicht und natürlich geben. Hängt zusammen mit NS-Begriffen wie »volksverbunden« und ähnlichen Bezeichnungen schwülstiger Form und ungreifbarer Substanz. Stud 1950 ff.
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31 a. sich einen flotten Tag machen = sich ausleben. Seit dem 19. Jh.
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32. sich einen guten Tag machen = sorglos, bequem, gut leben. 1900 ff.
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33. sich einen schlauen Tag machen = bequem, sorgenfrei, auf Kosten anderer leben. Seit dem 19. Jh.
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34. guten Tag und gut Weg sagen (einander guten Tag und gut Weg geben, wünschen) = einander grüßen, aber nicht näher bekannt sein; höflich ein paar Worte wechseln und seiner Wege gehen. 1700 ff.
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35. mit jm guten Tag und guten Weg stehen = mit jm oberflächliche Höflichkeiten austauschen. Vgl das Vorhergehende. Seit dem 19. Jh.
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36. sich den Tag um die Ohren schlagen. Ohr 73.
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37. nun ist es Tag bei mir = nun ist für mich die Sache klar. Tag = heller Tag; Tageshelligkeit.
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1700 ff.
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38. den gestrigen Tag suchen = zerstreut sein; Aussichtsloses beginnen. 1800 ff.
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39. nun wird's Tag = a) jetzt verstehe ich endlich die Zusammenhänge. Analog zu dämmern 1. 1800 ff. – b) Ausdruck der Verwunderung, des Unwillens, der Ungeduld o. ä. 1800 ff.
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