Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Strich
Strich m \
1. üblicher Spazierweg in der Stadt. Übertragen vom üblichen Strich der Vögel. 1930 ff.
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2. den Straßenprostituierten vorgeschriebener Stadtbezirk; Straßenprostitution. Hergenommen vom Streichen der Vögel und Fische zum Zwecke der Begattung. Seit der Mitte des 16. Jhs. Die meist zur Herleitung herangezogene Vokabel » Schnepfenstrich« ist jünger.
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3. Landstreicherei; Wandergebiet der Hausierer. 1700 ff.
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4. Beobachtungsbereich des Kriminalpolizeibeamten. 1920 ff.
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5. Nach-, Wiederholungsprüfung. Fußt auf dem Begriff der »Strichprobe« mit der man auf Goldgehalt prüft. Österr 1900 ff, stud .
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6. schlankwüchsiger, hagerer Mensch. 1900 ff.
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7. Strich in der Landschaft = schlankwüchsiger Mensch. 1950 ff.
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8. dickster Strich = Stadtviertel, in dem sich die Prostitution am dichtesten konzentriert. 1955 ff.
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9. feiner Strich = von elegant gekleideten Prostituierten tagsüber begangene Promenade. Berlin 1820 ff.
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10. dünn wie ein Strich = sehr schlank; hager. 1900 ff.
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11. nach Strich und Faden = tüchtig, gehörig. Stammt aus der Fachsprache entweder der Weber (Strich und Faden entscheiden über die Güte der Ware) oder der Artilleristen (»Faden« nennt man die Horizontale des Fadenkreuzes, und »Strich« ist die bewegliche Senkrechte). 1914 ff.
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12. unter dem Strich = a) unter dem normalen Preis. Strich = Schlußstrich einer Berechnung. 1950 ff. – b) heimlich; insgeheim. Leitet sich her von der Vereinbarung, die nach der Addition der Kosten getroffen wird. 1950 ff. – c) in Summa; alles in allem. 1900 ff; wohl älter. – d) sehr minderwertig. Jug 1960 ff.
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13. unter dem Strich bleiben 3000 Mark = nach Abzug aller Ausgaben verbleibt ein Reinverdienst von 3000 Mark. 1900 ff.
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14. gegen den Strich bürsten (striegeln) = aufbegehren; Geltendes kritisieren. »Strich« ist die Richtung, in der die Haare gewachsen sind. Seit dem 19. Jh.
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15. einen Strich draufhaben = schnell fahren. Hergenommen von der Zeigernadel des Geschwindigkeits-
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messers. 1950 ff.
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16. Strich fliegen = die vorgeschriebene Flugrichtung einhalten; die kürzeste Entfernung zwischen zwei Orten (= Luftlinie) fliegen. Strich = Gerade. Fliegerspr. 1935 ff.
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17. Strich franzen = durch den Beobachter das Flugzeug in gerade Luftlinie leiten. franzen. 1914 ff, fliegerspr.
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18. auf den Strich gehen = a) Straßenprostituierte(r) sein. Strich 2. Seit dem 18. Jh. – b) Mädchenbekanntschaften suchen. Seit dem 18. Jh. – c) Landstreicher sein. Seit dem 18. Jh. – d) seinen Urlaub antreten; Stadturlaub haben. Sold 1935 ff. – e) genau bis zum Eichstrich einschenken. 1920 ff, gastwirtsspr.
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19. das geht (ist) ihm gegen den Strich = das paßt ihm nicht, ist ihm zuwider. Strich 14. Seit dem 19. Jh.
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20. gegen den Strich gekämmt sein = mißlaunig sein. 1900 ff.
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21. jn auf dem Strich haben = gegen jn auf Vergeltung sinnen; es jm gedenken. »Strich« meint das dachförmige Korn über der Gewehrmündung, auch die den Gewehrlauf fortsetzende Luftlinie. Seit dem 19. Jh.
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22. einen Strich haben = a) betrunken sein. »Strich« meint hier über »Streich« den leichten Hieb, von dem man annimmt, er rufe Gehirnerschütterung hervor. Seit dem 18. Jh. – b) nicht ganz bei Sinnen sein. Seit dem 19. Jh.
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23. unter dem Strich leben = ärmlich leben. »Strich« bezeichnet hier den Durchschnitt. 1920 ff.
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24. einen Strich durch die Gemeinde machen = nacheinander viele Wirtshäuser aufsuchen. Strich 1. 1930 ff.
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25. jm einen Strich durch die Rechnung (durch etw) machen = jds Absicht vereiteln. Mit einem Strich (einer Durchstreichung) kennzeichnet man die Ausrechnung als falsch. Spätestens seit 1600.
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26. unter etw einen Strich machen = einen Unfrieden beenden; einen Streitfall vergessen sein lassen. Hergenommen vom Schlußstrich, den man unter eine Zahlenreihe setzt. Seit dem 19. Jh.
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27. jn auf den Strich schicken = eine weibliche Person zur Straßenprostitution anhalten (zwingen). Strich 2. Seit dem 19. Jh.
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28. auf dem Strich sein = munter, gesund sein. Man ist wohlauf wie ein streichender Vogel oder Fisch. Seit dem 19. Jh.
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29. es ist unterm Strich = es ist unbegreiflich, unerträglich, überaus schlecht. Strich = Durchschnitt. 1900 ff.
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30. wissen, wo der rote Strich ist = seine Grenzen kennen; Herr seiner Begierden sein. Hergenommen von dem roten Strich, der den Rand der Schreibseite kennzeichnet, über den der Schüler nicht hinausschreiben darf. 1950 ff.
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