Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Stange
Stange f \
1. großwüchsiger Mensch. Verkürzt aus » Bohnenstange«, » Hopfenstange« o. ä. 1800 ff.
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2. hohes, schlankes Trinkglas; Glas Bier. Wegen der zylindrischen Form. Seit dem frühen 19. Jh.
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3. Flasche. Analog zu Rohr 3. 1950 ff, halbw .
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4. Tüte oder schlanke Büchse für Flüssigkeiten. Berlin 1950 ff, halbw .
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5. (erigierter) Penis. Vorwiegend sold und stud , etwa seit dem späten 19. Jh.
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6. 20 Packungen Zigaretten. 1950 ff.
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7. eine Stange Geld = sehr viel Geld. Geht zurück auf die Form, in der man unverarbeitetes Metall herstellt, aufbewahrt und in den Handel bringt; auch gerolltes Hartgeld (Geldrolle) sieht wie eine Stange aus. Seit dem späten 19. Jh.
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8. von der Stange = nicht individuell; unpersönlich; einheitlich, vorfabriziert. Gegen 1900 aufgekommen mit Bezug auf die (an der Kleiderstange aufgereiht hängende) Konfektionskleidung im Gegensatz zur Maßschneiderei. Nach 1950 auch auf Kunststoffgegenstände bezogen. Ein überaus geläufiger Ausdruck,
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der nach dem Zweiten Weltkrieg im Zusammenhang mit der Konsumgesellschaft und deren materieller Einebnung der Standesunterschiede fast täglich zu hören und zu lesen ist; auch in übertragenen Bedeutungen wie: Gesinnung, Moral, eine Krankheit, eine Tugend usw. »von der Stange«.
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9. abgefaßte Stange = Glas Bier, das man seinem Tischnachbarn fortnimmt, wenn er es 3 Minuten vor sich hat stehen lassen, ohne es anzutrinken. Stange 2. Stud 1900 ff.
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10. lange Stange = a) großwüchsiger, hagerer Mensch. Stange 1. Seit dem 19. Jh. – b) lange Zeit. 1935 ff.
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11. eine Stange angeben = sich stark aufspielen. angeben 1. 1910 ff.
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12. aussehen wie von der Stange = einheitlich gekleidet sein. Stange 8. 1920 ff.
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13. eine Stange blechen = eine hohe Zahlung leisten. blechen. 1920 ff.
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14. bei der Stange bleiben (sich bei der Stange halten) = a) standhaft aushalten; nicht abschweifen; keine Ausflüchte machen; zu seiner Meinung stehen. Hergenommen von der Fahne(nstange), um die sich die Soldaten scharen und die sie bis zum letzten zu
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verteidigen haben. 1700 ff. – b) den erlernten Beruf (trotz Schwierigkeiten) beibehalten. 1950 ff.
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15. sich eine Stange einbilden = sich viel einbilden. 1920 ff.
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16. auf die Stange fliegen = zu Bett gehen. Vom Verhalten der Hühner übertragen. 1900 ff.
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17. von der Stange gehen = a) Fahnenflucht begehen. Stange = Fahnenstange. BSD 1965 ff – b) eine abweichende Meinung mannhaft vertreten. 1980 ff.
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18. Stangen im Kopf haben = überheblich, ehrgeizig sein. Vergröberung von » Nagel I 10« Seit dem 19. Jh.
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19. jm die Stange halten = a) treu zu jm stehen; für jn eintreten. Leitet sich her vom Turnier oder vom gerichtlichen Zweikampf: der Grieswart hielt die Stange und war stets bereit, mit ihr zum Schutze des bedrohten oder besiegten Gegners einzugreifen; er hielt sie schützend über den Gefallenen oder trennte mit ihr die Kämpfer. 1600 ff. – b) sich von jm nichts vorgaukeln lassen; jm gewachsen sein. Hergenommen vom Zweikampf mit Lanzen. Seit dem 17. Jh.
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20. jn bei der Stange halten = jn nicht abschweifen lassen; jn zu folgerichtigem Vorgehen anhalten. Steht entweder mit der Fahnenstange oder mit der Deichsel
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in Zusammenhang. Seit dem 19. Jh.
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21. ihn haut es von der Stange = er erleidet einen völligen Zusammenbruch. Leitet sich her vom Huhn, das tot von der Sitzstange fällt. 1930 ff, bayr .
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22. ihn hat's von der Stange gehaut (gehauen) = er ist tot, tödlich verunglückt. Bayr 1930 ff.
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23. einen von der Stange holen = onanieren. Stange 5. Hinter »einen« ergänze »Samenerguß«. 1900 ff.
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24. von der Stange kaufen = Fertigkleidung kaufen; Vorgefertigtes kaufen; ein Fertighaus kaufen. Stange 8. 1900 ff.
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25. mit der Stange im Nebel rumfahren (rumstochern) = nach Ausflüchten suchen; unsicher raten. Seit dem 19. Jh.
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26. eine Stange Sprit vor sich her schieben = nach Alkohol riechen. Sprit 1. Marinespr 1914 ff.
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27. siehst du den Hut dort auf der Stange? = siehst du da die großwüchsige Frau mit dem Hut? Fußt wortwitzelnd auf Schillers »Wilhelm Tell« in der Szene mit dem Geßlerhut. Stange 1. 1900 ff.
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28. eine Stange in die Ecke stellen (wegstellen, kaltstellen; eine Stange Wasser in die Ecke stellen) = im Stehen harnen. Übertragen von dem in Stangen gelie-
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ferten Eis. 1900 ff, vorwiegend sold , stud und schül .
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