Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
singen
singen v \
1. das kannst du singen (das kann ich dir singen) = darauf kannst du dich fest verlassen. Parallel zu »davon kann ich ein Lied singen«. 1900 ff.
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2. der Dichter singt = der Dichter sagt; bei dem Dichter steht geschrieben. Gilt heute ironisierend als Redeweise vermeintlich gebildeter, kunstinteressierter Leute. 1920 ff.
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3. bei dir singt er wohl? = du bist wohl nicht recht bei Verstand? Vgl »einen Vogel haben«. 1900 ff.
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4. zum singen eingenommen haben = ununterbrochen, sehr ausdauernd singen. Man führt es auf die Einnahme eines gesangfördernden Medikaments zurück. Berlin 1920 ff.
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5. intr = harnen. Wohl schallnachahmender Natur. Schül 1950 ff.
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6. intr = verraten; ausplaudern; ein Geständnis ablegen; Mittäter benennen. Entweder einfaches Tarnwort für »anzeigen« oder herzuleiten von den schrillen Schmerzenslauten der Gefolterten. 1900 ff, rotw , polizeispr., kriegsgefangenenspr. u. a. Vgl engl »to sing« und franz »faire chanter quelqu'un«.
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7. intr = schimpfen; Vorhaltungen machen. Beschönigend für »schreien«. 1920 ff.
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8. intr = betteln. Von bettelnden Straßenmusikanten hergenommen (vgl schnorren) oder von Kindern, die um eine Gabe singen. Rotw seit dem frühen 19. Jh.
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9. intr = jm sein Leid klagen. Anspielung auf den wehleidigen Ton. 1840 ff, rotw und sold .
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10. er ist singen gewesen = er hat viel Kleingeld. Vgl singen 8. Seit dem ausgehenden 19. Jh.
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11. da geht er hin und singt nicht mehr: Redewendung, wenn einer wortlos weggeht. Geht zurück auf die Posse »Die Sängerin und die Näherin« von Louis Angely (dort heißt es: »da geht sie hin und singt nicht«). Etwa seit 1840, Berlin.
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12. das kann ich schon singen = das kann ich auswendig; das beherrsche ich. Wohl hergenommen von volkstümlich gewordenen Liedern oder Schlagern. 1920 ff.
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