Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Schwanz
Schwanz m \
1. der letzte bei irgendeiner Sache; der Klassenschlechteste. 1900 ff.
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2. Penis. Aus dem Lat übersetzt; 1500 ff.
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3. Mann. Pars pro toto. Seit dem 18. Jh.
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4. Schlingel. Gehört wohl zu »schwanzen = müßiggehen«. Oberd seit dem 19. Jh.
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5. der nichtbestandene Teil eines Examens; Nachexamen. Schwanz = Endstück; meint in der Landwirtschaft auch das Reststück, das noch zu mähen ist. Stud seit dem späten 19. Jh.
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6. Vorlesungsversäumnis; durch Kollegversäumen entstandene Lücke im Kollegheft. Seit dem späten 18. Jh., stud .
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7. unentschuldigtes Fernbleiben vom Schulunterricht. schwänzen. 1950 ff; wohl älter.
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8. dünner Zopf; herabhängende Haarsträhne. Seit dem 19. Jh.
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8 a. kräftiger Nachgeschmack des Weins. Schwäb seit dem 19. Jh.
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9. Schwanz von Leuten = hinterdreingehende Leute;
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Gefolge; anstehende Leute (vor einem Geschäft, vor der Theaterkasse o. ä.). 1870 ff.
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10. Fräulein Schwanz = junger Mann, der sich wie eine Dame aufführt; junger Mann, der Homosexualität vortäuscht. 1948 ff, Berlin. Vorher soviel wie »Dame mit männlichem Glied; Zwitter«.
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11. und der ganze Schwanz = und der ganze Rest. 1900 ff.
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12. kein Schwanz = niemand. Entweder verkürzt aus »kein Schwanz im Stall = kein Stück Vieh im Stall« oder fußend auf der Gleichung »Schwanz = Mann«. Seit dem 19. Jh.
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13. kein Schwanz am Steuer = Kraftfahrerin. Schwanz 3. Kraftfahrerspr. 1950 ff.
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14. den Schwanz abhacken = das Nachexamen bestehen. Schwanz 5. Stud 1930 ff.
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15. den Schwanz ausbügeln = den nichtbestandenen Teil einer Prüfung erfolgreich nachholen. Schwanz 5; ausbügeln. Stud 1950 ff.
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16. sich den Schwanz ausreißen = überaus diensteifrig sein. Übertreibend ist gemeint, man gäbe auch den Penis her, wenn es dienstlich gefordert würde. Sold und rotw 1900 ff.
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17. jm den Schwanz ausreißen = jn energisch zurechtweisen. Man entmannt ihn sinngemäß. 1900 ff.
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18. sich vor Freude den Schwanz ausrenken = sich überaus freuen. Hergenommen vom Hund, der heftig mit dem Schwanz wedelt. 1950 ff.
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19. den Schwanz auswringen = a) harnen (vom Mann gesagt). Seit dem frühen 20. Jh., nordd . – b) koitieren. Sold in beiden Weltkriegen.
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20. einen Schwanz bauen = a) in einer Prüfung teilweise versagen. Schwanz 5; bauen 1. 1920 ff, stud . – b) eine schlechte Arbeit schreiben. Schül 1950 ff.
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21. ich könnte mir vor Freude in den Schwanz beißen!: Ausdruck großer Freude. Hergenommen vom verspielten Hund, der seinen Schwanz zu ergreifen sucht 1900 ff.
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22. sich vor Wut in den Schwanz (ins Schwänzchen) beißen = sehr wütend sein. 1900 ff.
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23. dreh deinen Schwanz nach hinten und geh als Affe!: Ausdruck der Ablehnung. Abwandlung von » Schwanz 31« um der geschlechtlichen Anspielung ( Schwanz 2) willen. Marinespr 1939 ff.
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24. den Schwanz einkneifen (einklemmen, einziehen) = a) nachgiebig werden; sich kleinlaut fügen; feige
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zurückweichen. Vom Hund hergenommen, wenn er schuldbewußt zu sein scheint. 1500 ff. Vgl franz »filer la queue entre les jambes« engl »to tuck one's tail between one's legs«. – b) die Waffen strecken. Sold 1918 bis heute.
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25. den Schwanz entstauben = nach längerer Pause wieder koitieren. Sold in beiden Weltkriegen.
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26. einen verbrannten Schwanz haben = geschlechtskrank sein. Schwanz 2. Sold seit dem späten 19. Jh.; auch prost .
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27. den Schwanz hängen lassen = a) schuldbewußt sein. Vom Verhalten des Hundes übernommen. 1500 ff. – b) mißmutig, verängstigt sein; den Mut sinken lassen. Seit dem frühen 20. Jh. – c) geschlechtlich enthaltsam leben. 1910 ff.
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28. den Schwanz heben = harnen (auf Männer bezogen). Übernommen vom Verhalten der Kühe und anderer weiblicher Tiere, verquickt mit » Schwanz 2«. 1920 ff.
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29. ihm kommt der Schwanz nicht mehr hoch = in geschlechtlicher Hinsicht ist er unbrauchbar. 1900 ff.
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30. den Schwanz hochtragen = a) sehr eingebildet sein. Die Katze, die man streichelt, richtet den Schwanz auf. 1700 ff. – b) in geschlechtlicher Hin-
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sicht sehr wählerisch sein. Der Wendung »den Kopf hochtragen« ( Kopf 80 a) nachgebildet. 1910 ff.
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31. kauf' dir einen Schwanz und geh als Affe!: Ausdruck der Ablehnung. Berlin 1927 ff.
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32. sich jm unter den Schwanz klemmen = einem höher fliegenden Flugzeug dicht folgen. Schwanz = Flugzeugheck. Fliegerspr. in beiden Weltkriegen.
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33. über den Schwanz kommen = a) auch die kleinere Schwierigkeit bewältigen. Fußt auf dem Sprichwort »kommt man über den Hund, kommt man auch über den Schwanz«. 1900 ff. – b) koitieren (von der Frau gesagt). 1900 ff.
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34. jm den Schwanz lecken = jm auf widerliche Weise liebedienern. Schwanz = Penis. 1900 ff, ziv und sold .
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35. einen Schwanz machen = ein Studiensemester vertun. Schwanz 5. Stud 1950 ff.
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36. den Schwanz rauslocken = den Kartenspieler veranlassen, einen »Buben« zu opfern. Schwanz = Mann = Bube. Kartenspielerspr. seit dem 19. Jh.
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37. den Schwanz ringen = beischlafwillig sein, aber bei der Partnerin auf Widerstand stoßen. Übertragen von der Metapher »die Hände ringen«. 1930 ff.
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38. der Schwanz guckt (sieht) ihm aus den Augen = er blickt lüstern. Seit dem 19. Jh.
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39. so lang ist sein Schwanz auch nicht = so überheblich und machtlüstern sollte er lieber nicht sein. Übertragen vom Prahlen mit der Größe des männlichen Glieds. 1920 ff.
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40. am Schwanz sein = unter den Klassenschlechtesten sein. Schwanz 1. Schül 1900 ff.
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41. jm auf den Schwanz spucken = jn energisch zur Rechenschaft ziehen; jm sehr heftig zusetzen. Die im Zweiten Weltkrieg aufgekommene fliegerspr. Vokabel kann mit »Schwanz« das Flugzeugheck des tiefer fliegenden Flugzeugs meinen und auf Beschuß anspielen.
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42. ihm steht der Schwanz auf Alarm = a) er verlangt nach geschlechtlicher Befriedigung. Sold seit dem frühen 20. Jh. – b) er sucht Streit. Sold seit dem frühen 20. Jh.
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43. jn schlauchen (o. ä.), daß ihm der Schwanz nach hinten steht = jn rücksichtslos drillen. Vgl schleifen 2. Sold 1900 ff.
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44. jm den Schwanz stutzen = jn zur Ordnung bringen. Leitet sich her vom Kupieren junger Hunde o. ä. Sold 1930 ff.
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45. jm auf den Schwanz treten = a) jn beleidigen; jm zu nahe treten. »Schwanz« kann den Hundeschwanz meinen oder den Zipfel des Hemds oder Rocks. 1500 ff. – b) jn drillen. Hier spielt auch die Gleichung »Schwanz = Penis« hinein. Sold 1900 ff.
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46. sich auf den Schwanz getreten fühlen = sich gekränkt fühlen. Seit dem 19. Jh.
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47. sich den Schwanz verbiegen = sich eine Geschlechtskrankheit zuziehen. 1900 ff.
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48. sich den Schwanz verbrennen = sich mit Tripper (o. ä.) infizieren. Seit dem 19. Jh., sold , prost und stud .
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49. jm den Schwanz verdrehen = einen Mann liebestoll machen. Übertragen von »jm den Kopf verdrehen«, wobei hier auf »Nillkopf = Eichel« angespielt wird. Berlin 1925 ff.
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50. jm den Schwanz vergolden = passiver Homosexuellenpartner sein. 1900 ff.
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51. sich den Schwanz verklopfen = geschlechtskrank werden (auf den Mann bezogen). Vgl Pfeife 30. 1900 ff.
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52. mit dem Schwanz wedeln = liebedienerisch sein. Vom Verhalten des Hundes übertragen. Spätestens seit 1870, vorwiegend schül und sold .
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53. den Schwanz zwischen die Beine ziehen = schuldbewußt, beschämt weggehen. Schwanz 24. 1500 ff.
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