Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Schnauze
Schnauze f \
1. Mund. Von der Hundeschnauze gegen 1500 auf den Menschen übertragen.
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2. Flugzeugkanzel. 1914 ff.
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3. Bug des Schiffes. 1935 ff.
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4. Mundschutz des Chirurgen bei der Operation. Ärztl 1939 ff.
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5. Motorhaube des Autos. 1920/30 ff.
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6. freche Redeweise. 1850 ff.
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7. Kannenausguß; Ausgußstelle an Gefäßen. 1700 ff.
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8. Schnauze!: Aufforderung zum Verstummen. Verkürzt aus »halt' die Schnauzel«. Wer der Aufforderung nicht nachkommt, erwidert »selber Schnauze!«, woraufhin das Wortgefecht erst richtig einzusetzen pflegt. Spätestens seit 1900; wahrscheinlich von Berlin ausgegangen.
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9. Schnauze mit Freilauf = unversieglicher Redefluß. 1920 ff.
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10. Schnauze mit Hund = Boxerrüde. Sein grimmig- bissiges Aussehen erweckt den Anschein, als sei bei ihm die Schnauze vorherrschend. 1920 ff.
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11. Schnauze mit Universalgelenk = unüberbietbare Schlagfertigkeit; wendiger Schmeichler. 1933 ff.
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12. dreckige Schnauze = derbe Redeweise. dreckig. 1900 ff.
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13. freche Schnauze = unverschämte Ausdrucksweise. 1900 ff.
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14. frisierte Schnauze = gezierte Redeweise; geheuchelt vornehme Ausdrucksweise; unecht höfliche Sprache. Berlin 1920 ff.
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15. große Schnauze = Redefertigkeit; großsprecherisches Wesen. 1870 ff.
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16. künstlich große Schnauze = Sprechtrichter, Megafon. Berlin 1910 ff.
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17. große Schnauze und nichts in den Muscheln = Großsprecher; Mann, der viel verspricht und wenig hält. »Muschel« kann entweder den Muskel oder den Hoden meinen. BSD 1965 ff.
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18. koddrige Schnauze = freche, grobe, unflätige Ausdrucksweise. koddrig. 1800 ff.
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19. kolorierte Schnauze = geschminkte Lippen. Koloriert = angemalt, gefärbt. 1920 ff.
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20. liebevolle Schnauze = zärtlicher Frauenmund;
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küssende, kußbereite Lippen. 1955 ff.
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21. plombierte Schnauze = Redeverbot. Übernommen vom verplombten Güterwagen o.ä. 1900 ff.
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22. saure Schnauze = a) Schmollen. sauer 1. 1920 ff. – b) Wortkargheit. 1920 ff. – c) Sprachhemmung; Stottern; Mundspasmus. 1920 ff.
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23. scharfe Schnauze = a) ausfallende, grobe Sprache. Scharf = bissig, beißend. 1900 ff. – b) cholerisch, zänkisch reagierender Mensch. 1900 ff.
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24. unfrisierte Schnauze = unflätige, grobe Ausdrucksweise. 1930 ff.
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25. nach Schnauze (frei nach Schnauze; frei Schnauze) = nach Gutdünken; dem eigenen Gefühl nach; oberflächlich, ungenau. Hergenommen vom Schwätzer, der mit dem Mund mehr leistet als mit der Hand, oder von einem, der unüberlegt, auf gut Glück redet. Seit dem späten 19. Jh.; vermutlich in Berlin aufgekommen.
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26. freiweg von der Schnauze = unvorbereitet; ohne Rücksicht auf die Wahl der Worte. 1920 ff.
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27. alles eine Schnauze = Gesichtsausdruck eines demagogischen Redners. 1900 ff, Berlin.
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28. eine kalte Schnauze anschlagen = gefühllos, un-
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gerührt sprechen. »Anschlagen« ist vom Hund oder vom Klavierspiel hergenommen, vielleicht auch vom »Gewehr im Anschlag«. Gebildet nach dem Muster von »eine Lache anschlagen = auflachen«. 1930 ff.
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29. die Schnauze weit aufreißen = prahlen; sich mehr zutrauen, als man leisten kann. Seit dem 19. Jh.
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30. einen in die Schnauze beziehen = ins Gesicht, auf den Mund geschlagen werden. 1920 ff.
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31. die Schnauze dichtmachen = verstummen. Gern in der Befehlsform gebraucht. 1900 ff, sold und jug .
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32. dir drehe ich die Schnauze ins Genick!: Drohrede. Man droht, ihm den Hals umzudrehen wie einem Huhn o. ä. Sold 1939 ff.
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33. nach Schnauze fahren = sich nicht an die Verkehrsregeln halten; fahren, wie es einem beliebt. Schnauze 25. Kraftfahrerspr. 1925 ff.
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33 a. jn voll auf die Schnauze fallen lassen = jn in sein Unglück laufen lassen. 1900 ff.
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34. auf die Schnauze fallen = a) mit dem Gesicht zu Boden fallen. Seit dem späten 19. Jh. – b) erkranken. Vgl »auf die Nase fallen«. 1900 ff. – c) geschäftlichen Rückgang erleiden; Mißerfolg ernten. Seit dem 19. Jh. – d) straffällig werden. 1920 ff. – e) mit dem Flugzeug abstürzen. Fliegerspr. 1939 ff.
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35. auf die Schnauze fliegen = a) aufs Gesicht fallen. fliegen 6. 1900 ff. – b) Mißerfolg erleiden. Seit dem 19. Jh.
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36. jm die Schnauze frisieren = jm heftig ins Gesicht schlagen. 1930 ff.
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36 a. jm eins (was) in (über) die Schnauze geben = jm auf den Mund schlagen; jn grob behandeln. 1920 ff.
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37. zuviel Schnauze geben = zu rasch steigen (auf das Flugzeug bezogen). Schnauze = Flugzeugkanzel. Fliegerspr. in beiden Weltkriegen.
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38. auf die Schnauze gehen = zum Sturzflug ansetzen. Fliegerspr. 1935 ff.
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39. Schnauze haben (eine Schnauze haben) = beredt, großsprecherisch sein. Seit dem 19. Jh.
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40. die Schnauze auf dem rechten Fleck haben = redegewandt sein; wissen, wie man etwas zu sagen hat; das treffende Wort äußern. Nachahmung von »das Herz auf dem rechten Fleck haben«. 1920 ff.
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41. eine große Schnauze haben = redegewandt, großsprecherisch sein; eine energische Sprache führen. 1870 ff. Vgl franz »avoir une grande gueule«.
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42. eine saure Schnauze haben = üblen Geschmack im Mund haben; unter den Nachwehen der alkoholischen Ausschweifung leiden. 1920 ff.
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43. eine verfaulte Schnauze haben = a) unflätige Reden führen. Verfault = moderig, stinkend, anrüchig. Sold in beiden Weltkriegen. – b) für die Überbringung schlechter Nachrichten bekannt sein. Sold in beiden Weltkriegen.
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44. die Schnauze halten = verstummen; nichts verraten; verschwiegen sein. 1600 ff.
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45. die Schnauze tief halten = in Deckung gehen. Sold in beiden Weltkriegen.
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46. für jn die Schnauze hinhalten = sich für andere opfern. Nachahmung von »den Kopf hinhalten«. Sold 1914-1945.
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47. auf die Schnauze geknallt sein = unterlegen sein; Mißerfolg erlitten haben. Knallen = laut stürzen. 1920 ff.
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48. jm die Schnauze lackieren = jm ins Gesicht schlagen. Parallel zu Fresse 28. 1920 ff.
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48 a. sich auf die Schnauze legen = beim Motorradrennen verunglücken. 1920 ff.
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49. auf der Schnauze liegen = a) auf dem Gesicht lie-
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gen. 1900 ff. – b) bettlägerig sein. Analog zu »auf der Nase liegen«. 1900 ff. – c) schwer beschuldigt sein. 1920 ff.
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50. die Schnauze zum Abtritt machen = Tabak kauen. Anspielung auf den bräunlichen Tabaksaft. 1900 ff.
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51. eine saure Schnauze machen = mißvergnügt blicken. Schnauze 22. 1920 ff.
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52. die Schnauze in den Dreck nehmen = den Kopf dicht an den Erdboden legen. Vgl Schnauze 45. Sold in beiden Weltkriegen.
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53. ihm müßte man mal die Schnauze plombieren = ihm sollte man Redeverbot erteilen. Schnauze 21. Gegen 1900 aufgekommen mit Anspielung auf Kaiser Wilhelm II.
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54. jm die Schnauze polieren = jm ins Gesicht schlagen. Parallel zu »jm die Fresse polieren«. 1920 ff.
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54 a. eine Schnauze risikieren = freimütig reden. 1900 ff.
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55. eine dicke (große) Schnauze riskieren = übermäßig prahlen. 1900 ff.
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56. jm etw vor die Schnauze sagen = jm etw unverblümt sagen. Vergröberung von »jm etw ins Gesicht sagen«. 1900 ff.
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57. jm auf die Schnauze singen = lautlos synchron »singen«. (1920?) 1957 ff.
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58. sich (das Flugzeug) auf die Schnauze stellen = zum Sturzflug ansetzen. Schnauze 2. Fliegerspr. 1935 ff.
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59. dem muß die Schnauze extra totgeschlagen werden: Redewendung auf einen Menschen mit unversieglichem Redefluß. Gemeint ist, daß der Betreffende auch als Leiche weitersprechen würde, schlüge man ihm nicht den Mund entzwei. Spätestens seit 1900.
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60. jm die Schnauze verbinden (luftdicht verbinden) = jn am Sprechen hindern; jn mundtot machen. Gegen 1900 aufgekommen mit Bezug auf den redefreudigen Kaiser Wilhelm II.
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61. sich die Schnauze verbrennen = a) unbedacht sprechen. Vgl Maul 83. Seit dem 19. Jh. – b) als Angreifer abgeschlagen werden. Sold 1939 ff.
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62. von etw die Schnauze vollhaben = einer Sache überdrüssig sein. Hergenommen von einer Speise, von der man angewidert ist. 1900 ff.
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63. von etw die Schnauze gestrichen vollhaben = heftigen Widerwillen gegen etw haben. 1914 ff.
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64. von etw die Schnauze vollkriegen = einer Sache
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überdrüssig werden. 1920 ff.
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65. die Schnauze vollnehmen = heftig prahlen; zuviel versprechen. Parallel zu »das Maul vollnehmen«. Seit dem 19. Jh.
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66. mit der Schnauze vorneweg sein = redegewandt sein; vorlaut sein. Seit dem 19. Jh.
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67. dir haue ich die halbe Schnauze weg!: Drohrede. 1950 ff.
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