Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Scheibe
Scheibe f \
1. Teller. Wegen der Formähnlichkeit. Rotw seit dem frühen 19. Jh.
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2. Schallplatte. Übersetzt aus engl »disk«, das sowohl die Scheibe als auch die Schallplatte meint. Nach 1950 von der Schallplattenindustrie eingeführt und seitdem eine sehr beliebte Halbwüchsigenvokabel im gesamten deutschen Sprachgebiet.
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3. Frau (abf ). Gehört zu »scheiben« in der Bedeutung »spalten« und spielt auf die Vulva an. »Scheibe« bezeichnet auch das Geschlechtsteil der Kuh. 1920 ff.
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4. leichtere Geistesstörung. Verkürzt aus Mattscheibe. 1950 ff.
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5. Treffpunkt. Hergenommen vom Begriff »Drehscheibe des Verkehrs«. Halbw 1955 ff.
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6. Bordell. Versteht sich nach dem Vorhergehenden, nur mit dem Unterschied, daß »Verkehr« hier den Geschlechtsverkehr meint. 1955 ff.
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7. beleibter Mensch. Fußt auf der Vorstellung der kreisrunden Platte.Österr 1945 ff,jug .
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8. eine Scheibe Lokuspapier = ein Blatt Abortpapier. Hergenommen von der Blockform des Papiers.
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1900 ff.
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9. Scheibe (ja, Scheibe)! interj Irrtum! Ausdruck der Verneinung. Stammt aus der militärischen Schießlehre: trifft bei der Ringscheibe (12 Ringe) ein Schuß außerhalb der Ringe, so wird das Ergebnis durch den Ruf »Scheibe!« zum Schützenstand gemeldet; dieser Treffer der Ringscheibe wird nicht bewertet. Daraus entwickelte sich »Scheibe« zum Hehlwort für » Scheiße« 1840 ff, Berlin.
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10. Scheibe, mein Herzchen! = du irrst dich! 1870 ff.
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11. Scheibe blau! = Irrtum! mißglückt; ausgeschlossen! Beim Fehlschuß meldet der Soldat »Scheibe links blau«. 1870 ff.
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12. Scheibe hoch links! = mißglückt! 1900 ff, sold .
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13. Scheibe links (Scheibe rechts; Scheibe linksrum): Redewendung, wenn eine Sache fehlgeschlagen ist; große Unannehmlichkeit. Mit diesen Worten wird beim Übungsschießen angegeben, nach welcher Richtung der Fehlschuß ging. »Scheibe links« besagt, daß die Zielscheibe links außerhalb der Ringe getroffen wurde. Sold 1870 ff.
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14. Scheibe matt! = Irrtum! alles verkehrt! Verdreht aus »Mattscheibe« unter Einwirkung der drei vorhergehenden Ausdrücke. Stud 1955 ff, Berlin.
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15. ach du Scheibe!: Ausruf des Entsetzens. Hehlausdruck für »ach du Scheiße!«. Sold 1939 ff.
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16. alles Scheibe (so eine Scheibe)!: kräftiger Ausdruck der Unerträglichkeit, des Unmuts, der Verzweiflung o. ä. Aus »Scheiße« entstellt. Sold 1939 ff.
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17. flotte Scheibe = Schallplatte mit Tanzmusik. Halbw 1950 ff.
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18. geile Scheibe = sehr beliebte Schallplatte. geil 6; Scheibe 20. Halbw 1950 ff.
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19. große Scheibe = große Unannehmlichkeit. Hehlausdruck für »große Scheiße«. 1939 ff.
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20. heiße Scheibe = Schallplatte mit hochmoderner Tanzmusik. Heiß = leidenschaftlich, temperamentvoll. 1950 ff, halbw .
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20 a. absolut höchste Scheibe = allerbeste Schallplatte. 1960 ff.
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20 b. kalte Scheibe = Schallplatte mit ernster Musik. 1960 ff, jug .
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21. scharfe Scheibe = Schallplatte mit rhythmisch stark akzentuierter Schlagermusik. 1955 ff, halbw .
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22. schwarze Scheibe = Schallplatte. Halbw 1950 ff.
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23. dabei fällt für ihn eine Scheibe ab = an dem Gewinn wird er beteiligt. Hergenommen von der Scheibe Brot oder Wurst, die man dem Beteiligten zukommen läßt. 1920 ff.
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24. sich von etw eine Scheibe abschneiden (abschnippeln, runterschneiden) können = sich an etw ein Beispiel nehmen können; sich etw zu Herzen nehmen sollen. Von der Wurst- oder Brotscheibe übernommen. 1900 ff.
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25. einer die Scheibe einschmeißen = deflorieren. Analog zu Fenster 8. 1910 ff.
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26. laß dir eine Scheibe einsetzen!: Ausruf an einen, der dem Sprecher im Licht steht oder die Aussicht versperrt. Spätestens seit 1900.
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26 a. eine Scheibe haben = Verständnisschwierigkeiten haben. Mattscheibe 1. 1970 ff.
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27. Scheiben klauen = ein guter Schütze sein. Er »stiehlt« den Kameraden die » Schau«. BSD 1960 ff.
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28. die Scheibe knacken = die Fensterscheibe einschlagen. knacken. 1950 ff.
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29. es ist Scheibe = es ist minderwertig, übel, widerlich. Hehlwörtlich für »Scheiße«. 1900 ff.
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30. das ist mir Scheibe = das ist mir völlig gleichgültig. Entstellt aus »Scheiße« 1920 ff.
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31. auf der Scheibe sein (auf Scheibe sein) = schlagfertig, gewitzt, lebenserfahren, rührig sein. Hergenommen vom Schützen, der immer die Zielscheibe trifft. 1900 ff.
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