Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Russe
Russe m \
1. ungestümer, ungeschlachter Mensch; Taugenichts. Hergenommen vom niedrigen Stand der Zivilisation im zaristischen Rußland. Man hielt die Russen für tölpelhafte Bauern. 1800 ff.
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2. Rekrut; Soldat ohne Fronterfahrung. Der Rekrut gilt allgemein als unerfahren, plump und erziehungsbedürftig. Sold seit dem späten 19. Jh.
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3. Laus; Schabe; Ungeziefer. Sold 1914 ff.
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4. geschroppter Russe (Ruß, g'schroppter) = Frontsoldat. »Geschroppt« gehört zu »Schrubber, Schrupper = Besen mit kurzen harten Borsten« und spielt auf die Unrasiertheit an. Sold 1914 ff, bayr .
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5. einen Russen haben (einen Ruß im Gesicht haben) = betrunken sein. Gehört möglicherweise zu »rußig« und bezieht sich auf die Sitte, sich zur Fastnacht mit Ruß zu bestreichen; beeinflußt durch die Vorstellung von der Trinkfestigkeit (Trunksucht) der Russen. ( Russe 7). 1920 ff.
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6. spitz (scharf o. ä.) wie tausend Russen = geil. Fußt auf Beobachtungen während des Ostfeldzuges und der Kriegsgefangenschaft im Zweiten Weltkrieg. 1941/42 ff.
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7. voll wie hundert (tausend) Russen = volltrunken. Sold 1941 ff; ziv 1945 ff. Daß der Vieltrinker »säuft wie ein Russe«, ist 1544 in der »Niederdeutschen Tischzucht« belegt.
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8. jm einen Russen aufbinden = jn dreist belügen. In Leipzig kurz nach 1945 aufgekommene moderne Variante zu »jm einen Bären aufbinden«; der Bär ist das Sinnbildtier Rußlands.
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9. fluchen wie zwanzig Russen = kräftig fluchen. Die Russen sollen besonders wüst fluchen können. 1945 ff.
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10. saufen wie ein Russe = viel trinken. Vgl Russe 7. 1500 ff; nach 1945 in Berlin wiederaufgelebt.
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