Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Platte
Platte f \
1. Bauch. Meint die Fläche eines Tafelbergs, aber vor allem den Ersatz für die Tischplatte beim Kartenspielen. 1950 ff.
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2. flachbusige Frau. Bezeichnet in der Landwirtschaft die magere Kuh. 1920 ff.
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3. Tonsur; Glatze; Kopf. Hervorgegangen aus der Bezeichnung für einen abgeholzten Hügel. Die Bedeutung »Tonsur« gehört dem 11./12. Jh. an; die anderen Bedeutungen treten vom 17. Jh. an auf.
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4. Verbrecherbande. Gehört wohl zu jidd »polat = Flucht«: Verbrecher sind fast stets auf der Flucht. Seit dem 19. Jh.
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5. Platte mit Kratzern = oftmals wiederholte Behauptung, die mittlerweile an Berechtigung eingebüßt hat. Hergenommen von der schadhaft gewordenen Schallplatte. 1950 ff.
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6. abgespielte Platte = durch fortwährende Wiederholung wirkungslos gewordene Sache. Die Schallplatte ist zum Sinnbild der Wiederkehr alles Gleichen geworden. 1930 ff.
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7. alte Platte = Altbekanntes; immer wiederkehrende Äußerung. Man hört es sich leid wie eine immer von
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neuem aufgelegte Schallplatte. 1910 ff.
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8. doppelseitig bespielbare Platte (beiderseitig spielbare Platte) = Bisexueller. 1935 ff.
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9. immer dieselbe Platte (immer die gleiche Platte) = die bei jeder Gelegenheit wiederholte Meinung; immer derselbe Gedankengang; immer derselbe Gesprächsstoff. 1920 ff.
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10. falsche Platte = Heuchelei; Unwahrhaftigkeit. 1930 ff.
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11. heiße Platte = a) Schallplatte mit moderner Tanzmusik. Heiß = leidenschaftlich; wildbewegt. 1955 ff. – b) audiovisuelle Schall- und Bildplatte. »Heiß« meint hier soviel wie »hoch favorisiert« mit Anspielung auf die letzte Neuheit. 1971 ff.
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12. kalte Platte = Prahlerei; Lüge. Analog zu »kalter Aufschnitt«. 1930 ff.
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12 a. neue Platte = überraschende Neuigkeit; Ungewohntes. 1930 ff.
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13. richtige Platte = erfolgversprechende Handlungsweise. 1930 ff.
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14. soziale Platte = gemeinnützige Bestrebungen. 1950 ff.
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15. alte verkratzte Platte = zum Überdruß wieder und wieder erörtertes Altbekanntes. 1950 ff.
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16. die Platte ist abgelaufen (abgespielt) = die Sache ist veraltet, unwirksam; mit dieser Sache übt man keinen Anreiz mehr aus. 1930 ff.
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16 a. die Platte abspulen = altbekannte Behauptungen wiederholen. 1970 ff.
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17. die Platte abstellen = den Gesprächsstoff fallen lassen. 1950 ff.
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18. sich die ganze Platte anhören = den Ausführungen bis zum Ende zuhören. 1930 ff.
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19. eine Platte auflegen = Stimmung machen; sich amüsieren; koitieren. 1950 ff.
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20. die alte Platte auflegen = Altbekanntes wiederholen. 1910 ff.
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21. seine Platten auflegen = seine altbekannten Parolen verkünden; ein bestimmtes Verfahren einhalten. 1930 ff.
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22. eine neue (andere) Platte auflegen = das Unterhaltungsthema wechseln; eine Veränderung vornehmen. 1910 ff.
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23. eine falsche Platte auflegen = jm etw vorspiegeln; jm etw betrügerisch einzureden versuchen. Platte
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10. 1930 ff.
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24. die falsche Platte auflegen = dem Lehrer eine falsche Antwort geben. 1950 ff.
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24 a. die lange Platte aufgelegt haben = eine lange Rede (Predigt) halten. 1970 ff.
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25. jn auf die Platte bannen = jn fotografieren. Platte = Fotografenplatte. 1930 ff.
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26. Platten bauen = Schallplattenaufnahmen gestalten. bauen. 1950 ff.
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27. sich auf die Platte begeben = sich für Schallplattenaufnahmen zur Verfügung stellen. Nachahmung von »sich auf die Bühne, auf das Konzertpodium begeben«. 1960 ff.
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28. etw auf der Platte haben = a) etw gerade erörtern. Platte = Plattenteller. 1950 ff. – b) einen vernünftigen Einfall haben. Platte = (Glatz-)Kopf; allerdings kann auch die Kochplatte gemeint sein; vgl »etw auf der Pfanne haben«. Halbw 1955 ff.
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29. die Platte hat einen Kratzer = die Behauptung trifft nicht mehr in vollem Umfang zu. Platte 5. 1950 ff.
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30. die Platte hat einen Sprung = die Sache ist nicht einwandfrei; man macht schwerwiegende Bedenken
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geltend. 1950 ff.
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31. jm eins (einen) vor die Platte hauen (klopfen, kloppen) = jm einen kräftigen Schlag auf den Schädel versetzen. Platte = Glatze. 1900 ff.
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32. die Platte kenne ich = diese Äußerung kenne ich zur Genüge; daß diese Sache eine solche Entwicklung nimmt, ist mir nichts Neues. 1930 ff.
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33. das kommt nicht auf die Platte = das geschieht unter keinen Umständen. Kann zusammenhängen mit der Servierplatte, auch mit der Fotografenplatte o. ä. 1920 ff.
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34. die Platte kratzt = der Gesprächsstoff ist oft genug behandelt worden. Platte 5. 1950 ff.
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35. die Platte läuft und läuft: Redewendung, wenn einer ununterbrochen spricht. 1950 ff.
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36. die Platte laufen lassen = eine Rede halten. Der Ausdruck kann neutral aufgefaßt werden, aber auch im Sinne enger Anlehnung an das Manuskript oder eintöniger Vortragsweise. 1950 ff.
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37. Platte machen = unentschuldigt dem Unterricht fernbleiben. plattmachen = faulenzen. Schül 1920 ff.
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38. eine Platte machen = nächtigen. plattmachen 1.
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1900 ff.
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39. einen unter die Platte nageln = ein Glas Alkohol trinken. Platte = Glatze. 1920 ff.
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40. jm die Platte polieren = a) jn ins Gesicht schlagen. Platte 3. 1920 ff. – b) beim Kartenspiel dem Gegner keinen Stich überlassen. Beim Besiegten wird die Tischplatte blank. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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41. die Platte putzen = a) den Rest einer Schüssel (o.ä.) aufessen. Die Speiseplatte wird »geputzt« (= geleert). 1920 ff. – b) sich davonmachen. Geht zurück auf jidd »polat = entwischen« und »puz = er hat zerstreut«. Vielleicht von »Pleite« beeinflußt. Seit dem frühen 19. Jh. – c) von der Schule verwiesen werden. 1960 ff.
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42. jn von der Platte putzen = jn vernichten, abschießen. Sold 1939 ff.
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43. Platte reißen = im Freien nächtigen; obdachlos sein. Penne 11 u. 15. Anscheinend kurz nach 1900 in der Wandervogelbewegung aufgekommen; rotw 1907 ff.
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44. jm etw vor die Platte sagen = jm schonungslos die Meinung sagen. Platte = Kopf. 1910 ff.
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45. Platte schieben = im Freien nächtigen. Penne 15; schieben. Kundenspr. 1910 ff.
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46. hell auf der Platte sein hell 2.
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47. diese Platte spielt nicht mehr = diese Sache ist längst abgetan. 1930 ff.
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48. die Platte umdrehen = den Gesprächsstoff wechseln. Man legt die Rückseite der Schallplatte auf. 1950 ff.
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49. eine Platte verleiern = immer dieselben Behauptungen vorbringen. 1950 ff.
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50. es mit der sanften Platte versuchen = Schmeicheleien vorbringen; sich gütig, nachgiebig, leutselig geben. Platte = Handlungsweise; vgl auch Tour. 1939 ff.
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51. sich eine Platte wachsen lassen = eine Glatze bekommen. Platte 3. 1850 ff.
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