Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Nummer
Nummer f \
1. Mensch (neutral oder abf ). Analog zu » Marke« und » Sorte« eigentlich Kennzeichnung von Handelswaren, Sortengrößen u. ä. Etwa seit dem späten 19. Jh. Vgl engl »a number«.
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2. Geschlechtsverkehr. Aus der Prostituiertensprache hervorgegangen, wohl herzuleiten von der Entgeltsberechnung bei Bordellprostituierten, die nach der Zahl ihrer Kunden entlohnt werden, oder von der Nummer, die im stark besuchten Bordell jeder Besucher erhält und nach der sich die Reihenfolge der Abfertigung richtet. Auch Anspielung auf die Zirkusnummer ist möglich. 1850 ff.
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3. Nummer Null = Abort. Null-Null. 1900 ff.
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4. Nummer Sicher = a) Gefängnis, Arrestlokal. Hergenommen von der Numerierung der Gefängniszellen. Sicher = gesichert (gegen weitere Straftaten, gegen Befreiung oder Flucht). 1830 ff. – b) sicherer Gewahrsam für Wertsachen u.ä.; Bankschließfach. 1830 ff. – c) Aktion zur Unfallverhütung. 1965 ff.
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5. böse Nummer = schlimme Sache. 1900 ff.
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6. faule Nummer = unangenehme Angelegenheit. faul 1. 1930 ff.
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7. feine Nummer = a) Ware von guter Beschaffenheit. 1870 ff. – b) Könner(in). 1900 ff. – c) ehrenwerter, tapferer Mann. 1870 ff. – d) gewissenloser Mensch; unzuverlässiger Mensch; ehrloser Mensch. Iron Bezeichnung. 1870 ff.
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8. gewöhnliche Nummer = a) Straßenprostituierte ohne besondere Eigenart. 1900 ff. – b) Durchschnittsmensch. 1900 ff.
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9. große Nummer = Könner; zugkräftiger Künstler o.ä. 1900 ff.
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10. kesse Nummer = umgänglicher, leicht schnippischer Mensch mit freien Ansichten. keß. 1900 ff.
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11. kleine Nummer = furchtsamer Mann; Feigling; unbedeutender Mensch. 1930 ff.
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12. ruhige Nummer = a) bequemer Dienst. Analog zu »ruhige Kugel«. 1914 ff. – b) ausgeglichener, leidenschaftsloser Mensch. 1920 ff.
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13. steile Nummer = eindrucksvoller, hervorragender Mensch. steil. 1955 ff.
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14. textilfreie (textillose) Nummer = Nackttanz; Striptease. 1955 ff.
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15. tolle (dolle) Nummer = a) lebenslustiger, zu Streichen aufgelegter Mensch; Mensch, der ausgelassene
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Stimmung verbreitet. toll. 1870 ff. – b) tüchtiger Mensch. 1920 ff.
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16. traurige Nummer = Versager; unzweckmäßig, unfachmännisch Arbeitender. Traurig = betrübt, ohne Sinn für Freude; schwunglos, energielos. 1930 ff.
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17. üble Nummer = charakterloser Mensch. 1900 ff.
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18. ulkige Nummer = a) Spaß-, Lustigmacher. 1920 ff. – b) Sonderling; wunderlicher Mensch. 1920 ff.
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19. eine Nummer zu groß = prahlerisch, übertreibend. Übertragen von einem Kleidungsstück, das für den Betreffenden zu groß ist. 1935 ff.
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20. eine Nummer kleiner = schlichtweg; bescheidener; ohne Übertreibung; ohne Selbstgefälligkeit. Nummer 32. 1935 ff.
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21. eine Nummer abfeuern = zur allgemeinen Unterhaltung einen sehr eindrucksvollen Beitrag beisteuern. Hergenommen von der Folgenummer in einem Programm (Kabarett, Revue, Feuerwerk o. ä.). 1950 ff.
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22. eine Nummer abhopsen = koitieren. Nummer 2. 1920 ff, prost .
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23. eine Nummer abziehen = a) eine Bühnenrolle hervorragend spielen. abziehen 1. 1930 ff. – b) ein
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Musikstück wirkungsvoll vortragen. 1930 ff. – c) eine bestimmte Handlungsweise beibehalten. 1950 ff. – d) seiner Wut freien Lauf lassen; zetern, toben. 1950 ff. – e) koitieren. Nummer 2. 1950 ff.
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24. seine Nummer abziehen = seine altbekannte Meinung nochmals äußern. 1950 ff.
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25. die Nummer fällt aus = das kommt nicht in Betracht; das läßt sich nicht verwirklichen. Hergenommen von einer Vorführungsnummer. 1910 ff.
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26. eine Nummer bauen = koitieren (vor allem mit einer Prostituierten). Nummer 2. 1870 ff.
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27. jn in (auf) Nummer Sicher bringen = jn verhaften; jn zu einer Freiheitsstrafe verurteilen. Nummer 4. Seit dem 19. Jh.
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28. die falsche Nummer erwischt (gewählt) haben = sich geirrt haben. Herzuleiten von der Nummer des Fernsprechteilnehmers. 1930 ff.
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29. auf Nummer Sicher gehen – a) verhaftet werden. Nummer 4. 1830 ff. – b) sich Gewißheit verschaffen; Sicherheit verlangen; nur aussichtsreiche Angelegenheiten betreiben; jedem Mißerfolg vorbeugen. 1870 ff.- c) nur risikolose Spiele nehmen. Kartenspielerspr. 1900 ff. – d) auf dem Zebrastreifen die Fahrbahn überqueren. 1976 ff.
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30. bei jm eine gute (dicke, hohe) Nummer haben = bei jm viel gelten; sich jds Wohlwollen erfreuen. Beruht auf der Note, die der Schüler im Zensurenbuch des Lehrers hat. 1800 ff.
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31. keine Nummer haben = kein Ansehen genießen; einen einflußlosen Posten bekleiden. Seit dem 19. Jh.
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32. haben (hätten) Sie es nicht eine Nummer kleiner? = können Sie es nicht schlicht ausdrücken, so daß auch ich es verstehen kann? Übertragen von der Käuferin eines Kleidungsstücks, die nach einer kleineren Nummer fragt. 1935 ff.
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33. die nächste Nummer hängt vor der Ladentür: Redewendung angesichts sehr großer Schuhe. Anspielung auf die auffallend großen Reklameschuhe vor dem Schuhgeschäft. 1950 ff.
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34. an die falsche Nummer kommen = unversehens schlecht behandelt werden. Irrt man sich in der Telefon-, Haus- oder Zimmernummer, kann man barsch abgewiesen werden. 1950 ff.
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35. eine Nummer hinlegen = etw hervorragend vorführen. Übernommen von der Vorführungsnummer in einem Revueprogramm o.ä. hinlegen. 1900 ff.
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36. diese Nummer läuft nicht mehr!: Ausdruck der Ablehnung. Dem Kaufmannsdeutsch entlehnt.
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1950 ff; aber wohl älter.
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37. geldlich eine Nummer (zwei Nummern) zu groß leben = über seine Verhältnisse leben. Anspielung auf zu großes Schuhwerk; dadurch analog zu »auf großem Fuß leben«. 1950 ff.
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38. eine Nummer machen = koitieren (vor allem mit einer Prostituierten). Nummer 2. 1850 ff.
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39. sich eine Nummer unter den Nagel reißen = Bekanntschaft mit einem Mädchen beginnen. Nagel I 21. 1955 ff.
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40. eine Nummer schieben = koitieren (vor allem mit einer Prostituierten). Nummer 2. Vorwiegend sold , 1939 bis heute.
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41. eine ruhige Nummer schieben = bequemen Dienst haben. Analog zu »ruhige Kugel«. Nummer 12. 1940 ff.
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42. das ist eine Nummer (mehrere Nummern) zu groß für mich = das übersteigt meine Leistungskraft. 1935 ff.
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43. eine große Nummer sein = ein Könner sein; sehr leistungsfähig sein. 1900 ff.
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44. eine Nummer gescheiter sein = ein wenig gescheiter sein. 1950 ff.
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45. eine Nummer zu klein sein = nicht voll ausreichen; das übliche Maß nicht erreichen; den anderen nicht überflügeln können. 1935 ff.
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46. auf (in) Nummer Sicher sein (sitzen) = eine Freiheitsstrafe verbüßen; sich in einer Trinkerheilanstalt befinden. Nummer 4. 1830 ff.
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47. das ist genau meine Nummer = das paßt mir ausgezeichnet, kommt mir äußerst gelegen. Hergenommen von der Größennummer eines Bekleidungsstücks. 1900 ff.
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48. auf Nummer Sicher sitzen – a) Nummer 46. – b) in gesicherten Verhältnissen leben. 1950 ff.
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49. die Nummer steht = a) die Darbietung ist fertig einstudiert. Hergenommen von einer Zirkus- oder Revuedarbietung, die gründlich aufgebaut ist und sicher beherrscht wird. 1910 ff. – b) der Einbruch ist hinreichend vorbereitet. 1920 ff.
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50. eine dufte Nummer stoßen = a) ein modernes Musikstück wirkungsvoll vorführen. Ursprünglich auf ein Blasinstrument bezogen. 1955 ff. – b) einem hübschen Mädchen beischlafen. Vgl Nummer 2; stoßen. Halbw 1955 ff.
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51. seine gute Nummer verloren haben = sich das Wohlwollen verscherzt haben. Nummer 30.
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1920 ff.
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52. seine Nummer verschissen haben = sich um sein Ansehen gebracht haben. verschissen haben. 1920 ff.
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53. jm die Nummer zerquatschen = jm das Konzept verderben; jds Vorhaben durchkreuzen. Theaterspr. 1940 ff.
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