Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Maus
Maus f \
1. Vulva. Vielleicht eine Nebenform von » Möse«. 1500 ff.
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2. junges Mädchen (Kosewort). Auch gern in der Verkleinerungsform gebraucht. Wohl wegen der kleinen Körpergestalt, der Zierlichkeit und Niedlichkeit. Seit dem 18. Jh.
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3. pl = Hartgeld; Geld. Mäuse sind silbergrau wie auch die Silbermünzen. Wohl auch beeinflußt von » Moos«. Etwa seit 1920; vorwiegend halbw .
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4. pl = Wollflusen in der Tasche. Durch ihre Farbe und Weichheit erinnern sie an Mäuse. 1900 ff.
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5. graue Maus = a) Soldat, der sich einer Straftat bezichtigt, um dem Fronteinsatz zu entgehen. Fußt auf der Farbensinnbildlichkeit: Weiß gilt als Farbe der Unschuld; Grau als Mischung zwischen Weiß und Schwarz ergibt den Begriff »verdächtig«. Sold in beiden Weltkriegen. – b) Verhafteter, der sich einer Straftat bezichtigt, die er nicht begangen hat. 1950 ff. – c) grauer Herrenanzug; Mann in grauem Anzug. 1960 ff. – d) grau lackiertes Auto. 1960 ff. – e) unfrohe weibliche Person. 1950 ff. – f) unbedeutender, unauffälliger Mann. 1965 ff. – g) pl = Heeresangehörige. Mausgrauer. BSD 1965 ff.
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6. keine Maus = niemand. Seit dem 19. Jh.
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6 a. keine müde Maus = kein bißchen Geld. Maus 3. Vgl Mark I 5. 1950 ff.
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7. rote Mäuse = Flakgeschosse mit Leuchtspur. Sie huschen am Himmel dahin. Sold 1935 ff.
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8. spitze Maus = liebesgieriges junges Mädchen. spitz. 1955 ff, halbw .
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9. stramme Mäuse = größere Geldstücke. Maus 3. 1960 ff.
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10. süße Maus = Mädchen, Frau (kosewörtlich). Maus 2. Seit dem 19. Jh.
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11. weiße Maus = a) Leuchtstreifen der Phosphormunition. Vgl Maus 7. Sold 1939 ff. – b) Verkehrspolizeibeamte; zur Verkehrsregelung eingesetzte Feldpolizei; Gendarmerie; amerikanische Militärpolizei. Sie tragen weiße Dienstmütze, weiße Handschuhe und weißen Gürtel. Vielleicht hat auch die Vorstellung von der schnellen Fortbewegung der Maus eingewirkt sowie das Verb »mausen = beschleichen, fangen«. 1920 ff.
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12. da beißt keine Maus den (einen) Faden ab = das ist unabänderlich. Hängt möglicherweise mit dem Gertrudentag zusammen, an dem die winterliche
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Spinnarbeit zu Ende ging; man erzählte sich, die Maus habe der Heiligen den Faden abgebissen. 1600 ff.
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13. hör auf mit deinen Mäusen! = unterlaß den Unfug! Leitet sich her von weißen Mäusen, die der Phantasierende und Delirierende zu sehen glaubt. 1920 ff.
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14. aussehen wie eine gebadete Maus = völlig durchnäßt sein. Früher hat man gefangene Mäuse meist ertränkt. 1600 ff.
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15. er ist so dumm, daß ihn die Mäuse nicht mehr beißen = er ist überaus dumm. 1950 ff, stud .
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16. das ist den Mäusen gepfiffen = das ist unnütz. Die Mäuse herbeipfeifen zu wollen, ist sinnlos. 1700 ff.
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17. Mäuse haben = a) nicht recht bei Verstand sein. Versteht sich nach Maus 13. 1920 ff. – b) törichte Einwände machen. 1920 ff.
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18. Mäuse im Kopf haben = lose Streiche planen; zu Unfug aufgelegt sein; wunderliche Eigenheiten zeigen. Maus 13. 1920 ff.
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19. mit etw keine Maus hinter dem Ofen hervorlocken = mit etw keinerlei Anreiz ausüben. Variante zu »keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken«, hier anspielend auf den Speck, den Mäuse nicht zu ver-
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schmähen pflegen. 1950 ff.
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20. laß die Mäuse hüpfen! = gib mir Geld! Maus 3. Halbw 1950 ff.
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21. da kommen die Mäuse mit Tränen in den Augen aus dem Kühlschrank = da lebt man überaus ärmlich. »Mäuse im Kühlschrank« ist mißverstanden aus »Mäuse im Küchenschrank«. 1950 ff.
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22. da laufen sich die Mäuse Blutblasen im Kühlschrank = da lebt man in den dürftigsten Verhältnissen. Vgl das Vorhergehende. 1950 ff.
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22 a. Mäuse machen = Geld verdienen, einbringen. Maus 3. 1920 ff.
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23. mach' keine Mäuse! = a) mach' keine Umstände, keine Schwierigkeiten! lüge nicht! spiel' dich nicht auf! Spielt an entweder auf das Phantasiegesicht der weißen Mäuse oder auf die Maus als dem Menschen lästiges Tier. Seit dem 16. Jh. – b) treib' nicht solchen Scherz! Maus 18. Seit dem 19. Jh.
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24. machen Sie Mäuse!: Ausdruck der Überraschung. 1900 ff.
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25. Mäuse merken = einen verborgenen Schaden bemerken; Verdacht schöpfen. Hergenommen vom strengen Geruch des Mäuseharns. Seit dem 18. Jh.
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26. Mäuse riechen = Unrat wittern; nichts Gutes ahnen. Vorform des Vorhergehenden. 1500 ff.
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27. Mäuse in den Keller schaffen = Geld verdienen. Ins Unanschauliche verdrehte Redensart: sinnfällig ist die Redewendung »Kohlen in den Keller schaffen«. Die Bedeutungsgleichheit von »Kohlen = Geld« und »Mäuse = Geld« hat zu einer Fälschung des zugrundeliegenden Bildes geführt. 1969 ff.
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28. mit toten Mäusen spielen = einem heiklen Thema ausweichen. 1950 ff.
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29. tote Maus spielen = sich taub stellen. 1920 ff.
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30. die Mäuse tanzen lassen = ausschweifend, ausgelassen leben. Fußt auf der Wendung »wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse über Tisch und Bänke«. Hier ist mit den »Mäusen« das Geld gemeint. 1950 ff.
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31. bei ihm laufen sich die Mäuse tot = er ist überaus geizig. 1920 ff.
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