Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Loch
Loch n \
1. elende, verfallene Wohnung; kleiner Wohnraum. Ursprünglich soviel wie das Erdloch, in dem Menschen hausen. Seit dem 18. Jh. Vgl engl »hole«.
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2. elende Gastwirtschaft; Kellerlokal minderer Güte. 1900 ff.
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3. Strafhaft, Arrest; Gefängnis-, Arrestzelle. Schon im Mittelalter geläufig, als Erd-und Felslöcher, auch unterirdische Gelasse als Kerker dienten.
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4. eine Stunde Loch = eine Strafstunde. Schül 1900 ff.
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5. Heimschule. In der Auffassung der Schüler ein Gefängnis. 1920 ff.
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6. Klassenzimmer. Schül 1930 ff.
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7. Kasernenstube. Übernommen von der Höhle, in der Tiere hausen. BSD 1960 ff.
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8. Lagerstätte, Bett. Bezeichnet in der Jägersprache das Lager des Bären. BSD 1960 ff.
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9. Platz im milit Glied. Analog zu »Lücke«. Sold 1900 ff.
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10. Tür, Hauseingang. Zimmermann. Seit dem
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17. Jh.
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11. Abort, Abortgrube. Seit dem 16. Jh.
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12. Grab. Seit dem 19. Jh.
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13. Mund. 1500 ff.
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14. gefräßiger Mensch. Er hat ein Loch im Magen. 1900 ff.
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15. After, Gesäß. 1600 ff.
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16. Schimpfwort. Verkürzt aus.» Arschloch«. 1700 ff.
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17. Vagina. Seit mhd Zeit.
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18. weibliche Person (abf ). 1400 ff.
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19. intime Freundin. Halbw 1955 ff.
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20. Sprachstockung, Textunsicherheit des Schauspielers. Loch = Pause im Zusammenhang. Theaterspr. 1920 ff.
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21. Loch in einer Sache = Irrtum, Fehler, Unwahrheit. 1500 ff.
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22. das Loch des Zimmermanns = Tür, Hauseingang. Zimmermann. 1600 ff.
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23. Löcher mit Käse = Schweizer Käse. In scherzhafter Auffassung ist der Käse nur eine Beigabe zu den
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Löchern. BSD 1960 ff.
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24. gut Loch! = a) Ausruf des Kegeljungen, wenn die Kugel zwischen den Kegeln durchläuft. Keglerspr. seit dem 19. Jh. – b) Zuruf an einen, der sich zum Stelldichein mit einem Mädchen anschickt. Loch 17 und 19. 1910 ff.
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24 a. irres Loch Schimpfwort. Loch 16. Jug 1960 ff.
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25. käseumwobene Löcher = Schweizer Käse. Nachahmung der dichterischen Metapher von der sagenumwobenen Burg o.ä. Loch 23.BSD 1960 ff.
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26. das letzte Loch = gemeinste und älteste Prostituierte. Loch 17. 1900 ff.
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27. ungebohrtes Loch = After. 1940 ff.
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28. versoffenes Loch = Trinker. Loch 85. Seit dem 19. Jh.
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29. finster wie in einem Loch = völlig dunkel. Seit dem 19. Jh.
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30. sich ein Loch in den Bauch ärgern = sich heftig ärgern. Der Betreffende wird wohl vor Wut platzen. 1910 ff.
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31. ein Loch aufmachen (aufreißen) und ein anderes zumachen (stopfen) = neue Schulden zur Deckung der
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alten machen. 1700 ff.
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32. jn aus dem Loch beißen = jm seine intime Freundin abspenstig machen. Stammt aus der Jägersprache: der Hund vertreibt durch Beißen den Dachs oder Fuchs aus ihrem Bau. Hier Anspielung auf »Loch = Vagina«. 1920 ff.
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33. vor Wut möchte man sich ein Loch ins Knie beißen!: Redewendung in einem Zustand zorniger Erregung. 1930 ff.
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34. ein eigenes Loch besitzen = verheiratet sein (auf den Mann bezogen). Loch 17. 1900 ff.
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35. blas' mir ins Loch!: derber Ausdruck der Ablehnung. Loch 15. 1600 ff.
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36. einer ein Loch in den Bauch bohren (drehen) = einer Frau beischlafen. 1930 ff.
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37. in ungebohrtem Loch bohren = sich homosexuell betätigen. Loch 27. 1940 ff.
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38. immer wieder in dasselbe Loch bohren = etw immer von neuem zur Sprache bringen. 1920 ff.
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39. jm ein Loch ins Knie bohren = jm etw hartnäckig, gewaltsam abverlangen. Man macht ihn auf grausame Weise willfährig. 1920 ff.
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40. jm ein Loch ins Fell brennen = auf jn einen Schuß abfeuern. aufbrennen 1. Sold 1939 ff.
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41. in etw kein Loch finden = keinen Ausweg wissen. Leitet sich her von der Suche nach einem Loch in einer Einfriedigung, auch von der Suche nach einer Lücke in den Gesetzesparagraphen. 1900 ff.
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42. ins Loch fliegen = zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe abgeführt werden. Loch 3. 1900 ff.
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43. jm ein Loch (ein zweites Loch) in den Arsch fragen = jm Fragen über Fragen stellen; jn einem strengen Verhör unterziehen. 1840 ff.
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44. jm Löcher in den Bauch (Leib) fragen = jm mit Fragen zusetzen; jn gründlich ausfragen. Die Fragen wirken wie Dolchstöße o.ä. Vgl löchern 1. 1870 ff.
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45. jm Löcher in den Kopf fragen = jm mit Fragen lästig fallen. löchern 1. 1900 ff.
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46. sich ein Loch in den Ärmel freuen = sich sehr freuen. »Ärmel« ist Hüllwort für »Arsch«; vgl das Folgende. 1850 ff.
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47. sich ein Loch (ein zweites Loch) in den Arsch freuen = sich überaus freuen. Scherzhaft bezogen auf einen lustigen Zecher oder Esser. 1840 ff.
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48. sich ein Loch in den Bauch freuen = sich sehr
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freuen. 1900 ff.
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49. sich ein Loch in die Mütze freuen = sich unbändig freuen. 1920 ff.
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50. sich ein Loch in den Strumpf freuen = sehr ausgelassen sein. Vgl Loch 64 a. 1840 ff.
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51. jetzt geht es aus einem anderen Loch = jetzt wird es ernst; jetzt hört das angenehme Leben auf. Hergenommen vom » Wind«, der »aus einem anderen Loch bläst«. 1950 ff.
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52. vor das Loch gehen = aus der Haustür treten; ins Freie gehen. Übertragen vom Tier, das sein Loch verläßt. Vgl auch Loch 10. 1900 ff.
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53. guck mir kein Loch in die Karten!: Zuruf an einen Nichtmitspieler, der dem Spieler in die Karten blickt. Kartenspielerspr. 1920 ff.
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54. ein Loch in die Luft gucken (glotzen, sehen o. ä.) = gedankenlos, gedankenverloren aufwärtsblicken; verwundert blicken. Nachbildung von »ein Loch in die Luft schießen«. 1900 ff.
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55. die Sache hat ein Loch = man geht von einem Irrtum aus; die Sache läßt sich nicht verwirklichen; die Sache ist falsch geplant oder falsch ausgeführt worden. Die Sache ist undicht, wasserdurchlässig wie ein schadhaftes Gefäß oder Wasserrohr. 1920 ff.
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56. Löcher in der Hand haben = viel Geld ausgeben. Vergröberung von »das Geld zerrinnt ihm zwischen den Fingern«. 1950 ff.
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57. Löcher im Heiligenschein haben = nicht untadelig sein. 1950 ff.
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57 a. ein Loch im Kopf haben = Gedächtnislücken haben. 1960 ff.
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58. ein Loch im Magen (Bauch) haben = viel essen können. Groteske Physiologie. 1870 ff.
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58 a. du hast wohl ein Loch im Radarschirm? = du bist wohl nicht bei Verstand?Jug 1960 ff.
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59. ein Loch in der Raumhose haben = nicht recht bei Verstand sein. Raumhose = Hose des Weltraumfahrers. 1960 (Arno Schmidt).
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60. ein Loch im Tank haben = nicht wissen, was man sagt. Veranschaulichung von » dicht 1«. 1935 ff, sold und ziv .
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61. seine Logik hat Löcher = er denkt nicht streng logisch. 1920 ff.
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62. auf ihr Loch hält der Staatsanwalt den (die) Finger = sie ist noch nicht 16 Jahre alt. Loch 17. Bezieht sich auf § 182 StGB. Im frühen 20. Jh. aufgekommen mit dem berüchtigten Sternberg-Prozeß.
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63. das haut ein Loch in die Pauke = das hat schwerwiegende Folgen. Ein Loch in der Pauke macht das Instrument unbrauchbar. 1840 ff.
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64. sich ein Loch in den Strumpf jubeln = a) eifrig tanzen. 1870 ff. – b) ausgelassen leben; Ausschweifungen sich hingeben; ausdauernd zechen o.ä. Loch 50. 1890 ff.
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65. aufs Loch kommen = zur Einsicht kommen. Vom Flötenspieler hergenommen, der mit dem richtigen Finger das richtige Loch verschließt. 1900 ff.
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66. ins Loch kommen = sich eine Freiheitsstrafe zuziehen. Loch 3. Seit dem 19. Jh.
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67. vor das Loch kommen = aus dem Haus treten. Loch 52. 1900 ff.
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68. jn vor das Loch kriegen = jn aus der Wohnung herauslocken; jn zu einem Spaziergang veranlassen. Loch 52. 1900 ff.
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69. ein Loch in den Anzug kriegen = von einer Kugel getroffen werden. 1935 ff.
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70. sich ein Loch in den Bauch lachen = herzlich, hellauf lachen. Frack 6. 1910 ff.
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71. sich ein Loch ins Hemd lachen = unbändig lachen. Gemeint ist wohl, daß das Hemd aus den Näh-
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ten platzt. 1930 ff.
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72. leck' mich am Loch!: Ausdruck derber Abweisung. Analog zu » Arsch 169«. Seit dem 19. Jh.
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73. im Loch liegen = das Haus nicht verlassen. Loch 1. 1900 ff.
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74. auf dem richtigen Loch liegen = der Ehefrau beischlafen. Loch 17. 1900 ff.
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75. neue Löcher machen = neue Schulden machen. Loch 31. Seit dem 19. Jh.
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76. das Loch offenhalten = für gute Verdauung sorgen. Seit dem 19. Jh.
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77. das Loch ölen = koitieren. Loch 17. 1900 ff.
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78. aus einem anderen Loch pfeifen = härter, strenger, rücksichtsloser reden. Loch 51. 1950 ff.
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79. auf (aus) dem letzten Loch pfeifen = a) am Ende sein; sein Geld ausgegeben haben; nicht weiterwissen; im Sterben liegen; entkräftet sein. Leitet sich von Blasinstrumenten her: das letzte Loch erzeugt den höchsten Ton. 1500 ff. – b) einen Darmwind laut entweichen lassen. 1900 ff.
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80. jm ein Loch in den Kopf pusten = jm in den Kopf schießen. Kriminalromanspr. 1950 ff.
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81. jn aus (bei) einem Loch rauskitzeln = jm ein Geheimnis entlocken. Übertragen vom Herauslocken eines Tieres aus seinem Bau. Seit dem 19. Jh.
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82. jm ein Loch (Löcher) in den Bauch (Kopf) reden (quasseln, quatschen, schwätzen o.ä.) = auf jn nachdrücklich und ausdauernd einreden; jm mit Geschwätz lästig fallen. In scherzhafter Auffassung trägt das Opfer einen Schaden davon wie etwa ein Gewebe, das auf die Dauer dünn und löcherig wird. 1600 ff.
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83. sich ein großes Loch in die Hose reißen = sich selber schaden. 1900 ff.
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84. das reißt ein Loch ins Portemonnaie = das ist eine große Geldausgabe. 1900 ff.
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85. saufen wie ein Loch = unersättlich trinken. Leitet sich her von einem Erdloch, in dem das Wasser rasch versickert. Spätestens seit 1800. Vgl franz »boire comme un trou«.
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86. sich ein Loch in die Hose scheißen = überängstlich sein. Sold in beiden Weltkriegen.
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87. ein Loch schieben = die Kugel zwischen den Kegeln durchlaufen lassen, ohne einen einzigen umzuwerfen. Keglerspr. seit dem 19. Jh.
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88. jm Löcher in den Bauch schießen = jm einen großen Schreck einjagen. 1900 ff.
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89. Löcher in die Luft (in die Natur; in die Wolken) schießen – a) das Schußziel verfehlen. Aufgekommen im preußisch-dänischen Krieg von 1848-49. – b) den Fußball wahllos, ungezielt treten. Sportl 1950 ff.
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90. ein Loch in den Tag schlafen = lange schlafen. 1800 ff.
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91. man kann sich auch ein Loch in die Kniescheibe schlagen und heiße Milch reingießen!: Redewendung, wenn einer diesen und jenen Vorschlag macht (er beginnt seine Rede mit »man kann ja auch...«. Sold 1935 ff, öster.
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92. ein Loch in die Luft schlagen = zur Ohrfeige ausholen, aber sein Ziel verfehlen. 1900 ff.
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93. Löcher in die Luft schlagen = als Schlagballspieler den Ball verfehlen. 1900 ff.
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94. damit kann man einem ein Loch in den Kopf schmeißen: Redewendung auf alte (harte) Brötchen. 1900 ff.
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95. er muß sich noch ein zweites Loch in den Arsch schneiden lassen = er ist überaus gefräßig. 1920 ff.
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96. Loch ist Loch: Redewendung eines Mannes, der in Bezug auf Frauen nicht wählerisch ist. Loch 17. 1800 ff.
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97. ihr Loch ist noch strafbar (strafwürdig) = sie ist noch nicht 16 Jahre alt. Loch 62. 1900 ff.
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98. da ist ein Loch in der Socke = da stimmt etwas nicht; da wird uns irgendetwas verheimlicht. Sold 1939 ff.
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99. im Loch sitzen (hocken) = Gefängnisinsasse sein. Loch 3. Seit dem 19. Jh.
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100. sich am ungebohrten Loch spielen = a) die Zeit unnütz vertun. Loch 27. 1940 ff. – b) verlegen sein. 1940 ff.
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101. jn ins Loch stecken (führen, legen, werfen) = jn zu einer Freiheitsstrafe verurteilen. Loch 3. 1500 ff.
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102. sich ein Loch in den Bauch stehen = lange stehen und warten. 1950 ff.
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103. ein Loch mit einem anderen stopfen = mit geliehenem Geld seine Schulden bezahlen. Loch 31. 1800 ff.
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104. das Loch in der Kasse stopfen = den geschäftlichen Niedergang wieder wettmachen. 1950 ff.
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105. jm ein Loch in seine Fratze stoßen = jm heftig ins Gesicht schlagen. 1950 ff.
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106. ich stoße dir ein Loch in den Kopf, und wenn du dich nicht beruhigst, noch eines!: Drohrede. Auch in der Form: »Ihnen hat wohl lange keiner ein Loch in den Kopf gestoßen?« 1920 ff, Berlin.
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107. ein Loch verbohren = ein Mädchen notzüchtigen. 1910 ff.
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108. jm das Loch versohlen = jn heftig prügeln. Loch = After = Gesäß. Seit dem 19. Jh.
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109. einer das Loch verzimmern = koitieren. Loch 17; vernageln. 1920 ff.
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110. sich ein Loch in die Hose wundern = sich sehr verwundern. Vor Spannung rutscht man auf dem Hosenboden hin und her und scheuert ihn durch. 1920 ff.
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111. jm das Loch zeigen (weisen) = jn barsch hinausweisen. Loch = Tür. Seit dem 19. Jh.
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112. halt' dein Loch zu! = a) verstumme! Loch 13. 1920 ff. – b) laß keine Darmwinde entweichen! Loch 15. 1920 ff.
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113. das Loch zukneifen = sterben; im Krieg fallen. Analog zu » Arsch 251«. Seit dem 19. Jh.
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114. das Loch zumachen = die Tür schließen. Loch 10. Seit dem 19. Jh.
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115. ein Loch zurückstecken = a) nachgeben; die Ansprüche mildern. Hergenommen von den Löchern im Leibriemen, den man enger schnallt. 1800 ff. – b) wegen Alters in der Arbeit nachlassen; sich die Arbeit leichter machen. 1900 ff.
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116. es zieht die Löcher in den Strümpfen zusammen = es schmeckt sehr sauer. Strumpfwein. Seit dem 19. Jh.
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117. ein Loch zustopfen = a) von mehreren Geldschulden eine bezahlen. Loch 103. Seit dem 19. Jh. – b) einer Frau beischlafen. Loch 17. 1900 ff.
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