Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Kuh
Kuh f \
1. starkbusige, vollschlanke Frau; Frau von plumper Gestalt. Seit dem 19. Jh.
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2. dumme, ungeschickte weibliche Person. Die Kuh gilt als dumm, unbelehrbar, unbeholfen und störrisch. Seit dem 18. Jh.
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2 a. Polizeibeamtin. Aufgefaßt als weiblicher Bulle. 1975 ff.
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3. sittlich verkommene Frau; Prostituierte. Sie kann von jedem Stier besprungen werden. Seit dem 19. Jh.
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4. große Einkaufstasche der Hausfrau. Sie ist aus Rindleder gearbeitet. 1930 ff.
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5. Kuh in Dosen = Rindfleischkonserve. Sold 1939 ff.
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6. Kuh mit Kalb = Ledige mit Kind. 1700 ff.
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7. Kuh in der Tüte = Trockenmilchpulver. 1914 ff.
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8. Kuh des kleinen (armen) Mannes = Ziege. Seit dem späten 19. Jh.
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9. alte Kuh = alte Frau (abf ). Seit dem 19. Jh.
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10. ausgequetschte Kuh = Trockenmilch. BSD 1965 ff.
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11. die beste Kuh im Stall = die tüchtigste Könnerin unter vielen; die tüchtigste unter den Töchtern des Hauses. 1900 ff.
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12. blöde Kuh = dümmliche weibliche Person. 1900 ff.
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13. bunte Kuh = geschmacklos, allzu bunt gekleidete Frau. Übertragen von der gefleckten Kuh. Seit dem 19. Jh.
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14. dämliche Kuh = dümmliche Frau. 1900 ff.
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15. dicke Kuh = beleibte weibliche Person. Seit dem 19. Jh.
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16. dumme Kuh = dummer Mensch. Kuh 2. Seit dem 18. Jh.
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17. eiserne Kuh = Büchsenmilch. (Im Ersten Weltkrieg gleichbed »blecherne Kuh«.) Sold 1939 ff.
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18. flüssige Kuh = Milch. BSD 1965 ff.
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18 a. gemolkene Kuh = Zahlungspflichtiger; Steuerzahler. Kuh 50. 1900 ff.
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19. glückliche Kühe = Kühe, die zur Leistungssteigerung und vermeintlich zu ihrem Wohlbefinden besonders gehegt und gepflegt werden. Daß Kühe glücklich sein können, ist unbeweisbar; lediglich der Viehhalter ist glücklich, wenn seine Kühe mehr und bessere
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Milch geben. Der vielbelachte Werbespruch »Milch von glücklichen Kühen« stammt von Werbefachmann Harper. Um 1962 ff.
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20. goldene Kuh = Mutter eines Mädchens, das eine stattliche Mitgift zu erwarten hat. 1920 ff.
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21. heilige Kuh = a) unantastbare Person oder Gruppe oder Sache. Hergenommen von den in Indien als heilig verehrten Kühen, die jedermann gewähren lassen muß und niemand auch nur gängeln, geschweige denn verletzen darf. 1950 ff. – b) Gegnerschaft gegen Neuerungen. 1950 ff.
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22. melke (melkende) Kuh = gute Einnahmequelle; Geldgeber; Erpreßter; Mensch, der ausgenutzt wird. Melk, melkend = milchgebend. 1600 ff.
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23. müde alte Kuh = untauglicher Tormann. Sportl 1950 ff.
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24. preisgekrönte Kuh = Schönheitskönigin (abf ). Hergenommen von der Tiervorführung (Zuchtschau) mit Prämiierung. 1955 ff.
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24 a. romantische Kuh = gefühlvolles Mädchen. 1975 ff, Rocker.
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25. schwarze Kuh = Beischlafdiebin. Kuh 3. Analog zu der Metapher »schwarzes Schaf«: in zünftigen Prostituiertenkreisen ist die Beischlafdiebin ver-
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femt, weil ihre Handlungsweise geschäftsschädigend ist. 1960 ff.
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26. trockene Kuh = Unternehmen, das nichts einbringt; Geschäft vor dem Bankrott. Eigentlich die Kuh, die keine Milch gibt. 1900 ff.
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27. dumm wie eine Kuh = sehr dumm. Kuh 2. Seit dem 18. Jh.
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28. dunkel (düster, finster) wie in einer Kuh = sehr dunkel: völlig lichtlos. Kuh = Verließ, Kerker für widerspenstige Geistliche (bayr , schwäb ). Heute auf das Tier bezogen. Seit dem 18. Jh.
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29. der Kuh das Kalb abfragen = jn ausfragen; an jn allzuviele Fragen richten. Wer befragt wird, soll sein Innerstes preisgeben. Das erfordert = in bildhaftem Denken – die Vorstellung von einer Körperöffnung, hier erfüllt durch »Loch = Scheide = Geburtsweg«. Vgl aber auch »jm ein Loch (Löcher) in den Leib (in den Bauch) fragen« u. ä. 1700 ff.
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30. jn (etw) ansehen wie die Kuh das neue Tor = jn (etw) ratlos, verständnislos, völlig verblüfft anschauen. Mit dem neuen Tor ist das neue Stalltor gemeint. Seit dem 16. Jh.
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31. sich anstellen wie die Kuh zum (beim) Eierlegen (Klavierspielen) = sehr unbeholfen sein; sich keinen
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Rat wissen. 1950 ff.
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32. eine Kuh ausmelken = jn schröpfen. Ausmelken = bis zum letzten Tropfen Milch melken. Vgl Kuh 22. 1920 ff.
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33. für etw begabt sein wie die Kuh fürs Seiltanzen = für etw offenkundig keinerlei Begabung haben. 1960 ff.
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34. blicken (gucken, kucken) wie die Kuh, wenn's donnert = einfältig, verständnislos dreinsehen. Seit dem 19. Jh.
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34 a. die Kuh vom Eis bringen (holen) = eine Schwierigkeit meistern. Kuh 41 a. 1965 ff.
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35. eine alte Kuh fangen = einen nicht lohnenden Stich machen. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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36. von der Kuh gebissen (gekratzt) sein = nicht recht bei Verstand sein; unsinnige Ansprüche stellen. Seit dem späten 19. Jh.
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37. eine gute Kuh geht wieder in ihren Stall = den Spielverlust gewinnt man zurück. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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38. das glaubt keine Kuh = das glaubt niemand. Nicht einmal die als besonders dumm geltende Kuh glaubt es. 1900 ff.
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39. Einfälle haben wie eine Kuh = wunderliche Einfälle haben. Von der dummen Kuh ( Kuh 2) kann man nur dumme Einfälle erwarten. 1900 ff.
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40. Einfälle haben wie die Kuh Ausfälle = unsinnige Einfälle haben. »Ausfall« bei der Kuh meint die Darmentleerung. Da Kühe viel misten, macht auch der Einfallsreiche viel »Mist = Unsinn«. 1910 ff.
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41. (einen) Geschmack wie eine Kuh haben = einen schlechten Geschmack haben; ästhetisches Empfinden vermissen lassen. 1900 ff.
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41 a. die Kuh vom Eis haben = eine Schwierigkeit behoben haben. Die auf dem Eis liegende Kuh kann sich ohne menschliche Hilfe nicht aufrichten. 1965 ff.
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42. es hängt eine Kuh in der Luft = es bereitet sich etw ungeheuer Wichtiges, etw Ungewöhnliches vor. Vgl Spinat 8. 1920 ff.
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43. die Kuh mit dem Kalb heiraten = eine Frau heiraten, die ein anderer geschwängert hat. Seit dem 18. Jh.
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44. jm die beste Kuh aus dem Stall holen = a) die tüchtigste Tochter eines Hauses heiraten. Kuh 11. 1900 ff. – b) jm die beste Spielkarte abfordern. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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45. das imponiert keiner Kuh = das macht auf niemanden Eindruck. Nicht einmal auf die dumme Kuh ( Kuh 2), für die schon eine neue Stalltür eine Sensation ist ( Kuh 30). 1890 ff.
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46. die Kuh jodelt = es wird ein deutscher Heimatfilm vorgeführt. 1947 ff.
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47. die Kuh mit dem Kalb kaufen (kriegen) = eine von einem anderen Mann geschwängerte Flau (unwissend) heiraten; die geschwängerte Braut heiraten. Kuh 43. 1700 ff.
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47 a. die Kuh vom Eis kriegen = einer Schwierigkeit Herr werden. Kuh 41 a. 1965 ff.
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48. da lacht ja eine Kuh (da lacht selbst eine Kuh; da lachen alle Kühe) = das ist völlig unglaubwürdig. 1900 ff.
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49. Augen machen wie eine frischgemolkene Kuh = verquollene Augen haben und dadurch dümmlich dreinschauen. 1930 ff.
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50. die Kuh melken = dem Bürger Steuern abfordern. Vgl Kuh 18 a und 32. 1900 ff.
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51. die blaue Kuh melken = Milch verfälschen. Durch Wasserbeimischung wird Milch bläulich. 1900 ff.
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52. die eiserne (kupferne) Kuh melken = Milch mit
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Wasser verdünnen. Anspielung auf die eiserne Wasserleitung oder die kupferne Trommel der Zentrifuge. Seit dem späten 19. Jh.
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53. die Kuh muß endlich vom Eis = die Sache muß endlich bereinigt, entschieden werden. Kuh 41 a und 47 a. 1965 ff.
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54. aus dem Hals riechen (stinken) wie die Kuh aus dem Arsch = üblen Mundgeruch ausströmen. 1900 ff.
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55. saufen wie eine Kuh = a) in großen Schlucken trinken. 1500 ff. – b) sich betrinken. 1500 ff.
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56. heilige Kühe schlachten = altes Herkommen abschaffen; Tabus zerstören. Kuh 21. 1950 ff.
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57. am Euter der Kuh sehen, was in der Stadt die Butter kosten wird = überschlau tun; sich als Besserwisser aufspielen. 1900 ff.
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58. es schmeckt wie Kuh auf Sofa = es schmeckt widerlich. Die Bestandteile des Essens passen so wenig zusammen, wie eine Kuh auf eine gepolsterte Sitzbank paßt. 1950 ff, jug .
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59. die Kuh ist vom Eis = die Aufregung (Unruhe, Ungewißheit) ist zu Ende; die Sache ist entschieden. Kuh 41 a. 1965 ff.
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60. eine Kuh ist satt = ein Esser hat Aufstoßen.
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1900 ff.
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61. Englisch (Französisch) sprechen wie die Kuh Spanisch = Fremdsprachen radebrechen; keine Fremdsprachenkenntnisse besitzen. 1800 ff. Vgl franz »il parle français comme les vaches espagnol«.
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62. seichen wie eine alte Kuh = viel Harn lassen. Seichen = urinieren. Kühe lassen viel Wasser. 1900 ff.
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63. dastehen wie die Kuh vor dem neuen Tor (Stall-, Scheunentor) = ratlos sein. Kuh 30. 1500 ff.
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64. von etw soviel verstehen wie die Kuh von einer Apotheke (vom Fliegen; vom Klavierspielen; vom Liebesspiel; vom Tanzen; vom Radfahren; von Weihnachten; vom Zitherspielen) = von etw nichts verstehen; für etw keinerlei Begabung haben; sich in etw überhaupt nicht auskennen. Vgl Kuh 31 und 33. 1900 ff.
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65. von etw soviel wissen (verstehen; Ahnung haben) wie die Kuh vom Sonntag = von einer Sache nichts wissen (nichts verstehen). Vgl das Vorhergehende. Spätestens seit 1800.
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66. das weiß jede Kuh = das weiß jedermann. Sogar die dümmste unter allen sprichwörtlich dummen Kühen hat es bereits begriffen. 1900 ff.
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