Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Koffer
Koffer m \
1. Vulva, Vagina. Fußt auf jidd »kowo = Vulva«. 1900 ff.
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2. Bombe, Granate, Artilleriegeschoß. Übertragen vom schweren Gepäckstück. Sold seit dem frühen 20. Jh.
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3. entweichender Darmwind; von Darmwinden stinkender Teil eines Raums. »Koffer« meint hier die Höllenmaschine: der Teufel hinterläßt Schwefelgestank. 1920 ff.
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4. Kopf. Wie »Verstandskasten« oder »Hirnkiste« ein Gehäuse für den Denkmechanismus. 1900 ff.
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5. großer Könner. Vom schweren Koffer auf den bedeutenden Menschen übertragen. Sold 1939 ff.
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6. Rekrut. Ähnlich einem Koffer ist er sperrig und unhandlich. Sold 1939 bis heute.
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7. starkgebauter Mensch. Fußt auf dem Vergleich mit dem Schrankkoffer. Halbw 1955 ff.
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8. dickliches Mädchen. Es wiegt viel wie ein Koffer. Halbw 1955 ff.
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9. üppige Frauenbrust. Halbw 1960 ff.
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10. umfangreicher Gegenstand; großartige, erfolgversprechende Sache. Halbw 1955 ff.
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11. sehr erfolgreiches Musikstück o.ä.; rasch beliebt werdender Schlager. Er schlägt ein wie eine Bombe. 1960 ff.
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12. schlechteste Leistungsnote. Entweder gilt sie als schwerwiegend oder man muß »reisen« (= die Schule verlassen). Schül 1960 ff.
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13. Schulzeugnis mit vorwiegend schlechten Noten. 1960 ff.
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14. Päckchen Tabak (im Gefängnis). Häftlingsspr. 1960 ff.
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15. böser Koffer = häßliches Mädchen. Koffer 8..Halbw 1955 ff.
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16. dicker Koffer = großkalibriges Artilleriegeschoß; große Bombe; Luftmine. Koffer 2. Sold 1939 ff.
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17. fahrender Koffer = Kleinauto. Wegen einer gewissen Formähnlichkeit. 1930 ff.
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18. fliegender Koffer = Transportflugzeug Junkers 52. Hergenommen vom gleichnamigen Märchen des Dänen Andersen. Sold 1937 ff.
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19. flotter Koffer = nettes, umgängliches, lebenslustiges Mädchen. flott 1. Halbw 1960 ff.
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20. großer Koffer = a) schweres Artilleriegeschoß. Sold 1939 ff. – b) großes Luxusauto. Kraftfahrerspr. 1955 ff. – c) großer Behälter (Container). 1966 ff.
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21. kleiner Koffer = Schwächling. Koffer 7. Halbw 1955 ff.
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22. lahmer Koffer = langweiliger, schwungloser Mensch. lahm. Halbw 1955 ff.
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23. nasser Koffer = unliebsamer Mitmensch. » naß« im Sinne von »verschlagen, schmarotzend o. ä.«. Halbw 1955 ff.
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24. rascher Koffer = nettes, vergnügtes, unternehmungslustiges Mädchen. rasch. Halbw 1955 ff.
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25. schwerer Koffer = großkalibrige Granate; schwere Bombe; Granate der Schiffsgeschütze. Sold in beiden Weltkriegen.
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26. stiller Koffer = unentdeckter Koffer mit Diebesbeute. 1971 ff.
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27. Koffer abladen = Granaten abfeuern; Bomben abwerfen. Koffer 2. Sold in beiden Weltkriegen.
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28. einen Koffer abstellen = einen Darmwind abgehen lassen. Koffer 3. 1920 ff.
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29. einen Koffer aufschließen = a) eine Frau bei-
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schlafwillig machen. Koffer 1. 1910 ff. – b) deflorieren. 1910 ff.
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30. mit dem Koffer gehen = Prostituierte sein. »Koffer« meint entweder die Handtasche vom Format eines kleinen Koffers oder den » Wochenend- und Beischlafutensilienkoffer«. 1920 ff.
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31. etw im Koffer haben = a) einer Sache völlig sicher sein. Analog zu »etw im Sack haben = etw beherrschen«. 1930 ff. – b) intelligent sein. Koffer 4. 1935 ff.
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32. viel auf dem Koffer haben = klug sein. 1935 ff.
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33. nicht alle auf (in) dem Koffer haben = nicht recht bei Verstand sein. 1930 ff.
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34. einen Koffer in Berlin haben = Anlaß zur Rückkehr nach Berlin haben; Berlin verbunden bleiben. Geht zurück auf das von Ralph Maria Siegel komponierte Schlagerlied »Ich hab' noch einen Koffer in Berlin«. 1948 ff.
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35. tragen wir also den Koffer wieder rauf!: Verzichterklärung nach Abweisung. Man ist schon abreisefertig vor der Haustür angelangt und macht seine Reiseabsicht wieder rückgängig. 1935 ff.
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36. jm etw vor den Koffer knallen = jm etw unvermittelt mitteilen. Man schreit es ihm ins Gesicht. 1935 ff.
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37. einen großen Koffer (eins auf den Koffer) kriegen = heftig gerügt werden. Tadel = Prügel. 1950 ff.
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38. einen Koffer landen = einen derben Schlag versetzen. »Koffer« ist hier der schwerwiegende Hieb. 1960 ff.
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39. aus dem Koffer leben = auf Reisen sein; keine feste Wohnung haben. 1920 ff.
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40. einen Koffer mitkriegen = eine sportliche Niederlage erleiden. Koffer 38. Sportl 1950 ff.
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41. die Koffer packen können = ausgeschlossen werden; nichts mehr zu erhoffen haben. Analog zu einpacken. Seit dem 19. Jh.
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42. jm vor den Koffer scheißen = a) jn entwürdigend anherrschen. Koffer = Kopf, Gesicht. Verdeutlichung von anscheißen 2. 1935 ff, vorwiegend sold . – b) jn hintergehen; einen Befehl listig umgehen; jn schwer enttäuschen; die (Anstands-)Pflicht gröblich verletzen. Wohl hergenommen von der Sitte der Einbrecher, am Tatort einen Kothaufen zu hinterlassen. 1935 ff.
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43. dem Lehrer vor den Koffer scheißen = in der Schule täuschen. Schül 1955 ff.
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44. sich nicht vor den Koffer scheißen lassen = sich
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nichts gefallen lassen; Ungebührlichkeiten scharf zurückweisen. 1955 ff, stud .
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45. jm vor den Koffer schmeißen = jds Absichten durchkreuzen; listig (heimtückisch) gegen jn vorgehen. schmeißen = koten. 1935 ff.
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46. das ist ja ein Koffer!: Ausdruck höchster Bewunderung. Koffer 10 u.11. Halbw 1955 ff.
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47. alles im Koffer! = alles in Ordnung! Alles Benötigte fand im Koffer Platz; kein Stück mußte zurückbleiben. Halbw 1955 ff.
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48. einen Koffer stehen lassen = einen Darmwind entweichen lassen und anschließend weggehen. Koffer 3. 1920 ff.
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