Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Knochen
Knochen m \
1. Schlüssel. Hausknochen 1. Seit dem frühen 19. Jh.
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2. Zehnlochschlüssel für das Fahrrad. Wegen einer gewissen Formähnlichkeit. 1930 ff, schül .
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3. Fernsprechhörer. Er ist knochenähnlich geformt. Technikerspr. 1950 ff.
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4. Geld, Markstück. Namen für harte Materialien sind umgangssprachlich auch Bezeichnungen für Geld (»Bims, Stein, Kies, Schotter« u. ä.). 1900 ff.
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5. Mensch (halbgemütliche Schelte). Eigentlich der starkknochige, auch der plumpe Mensch; hieraus ergab sich anfangs Schimpfwortgeltung (frühes 19. Jh.), etwa seit 1850 die mehr harmlose Schelte.
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6. alter Mann. Man denkt sich, seine Knochen müßten klappern, weil nur wenig Haut sie bedeckt. 1900 ff.
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7. unartiges Kind. Sonderbedeutung nach » Knochen 5«. 1900 ff.
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8. erigierter Penis. Er kann hart wie ein Knochen werden. Seit dem 19. Jh.
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9. pl = Hände, Finger, Arme, Beine, Füße. 1600 ff.
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10. bis auf (in) die Knochen = völlig, unbedingt; durch und durch. Leitet sich her von einer Verwundung, bei der die Wunde bis auf die Knochen reicht. Vgl auch die Metapher vom durchdringenden Schmerz. 1800 ff.
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11. du Knochen! = du Sonderling! Knochen 5. 1920 ff.
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12. abgebrühter Knochen = Mensch, der mit allem Menschlichen vertraut ist und sich nicht übertölpeln läßt. abgebrüht 1. 1920 ff.
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13. alter Knochen = a) Anrede vertraulicher Art an einen Mann. Knochen 5. Stud seit dem späten 18. Jh. – b) altgedienter Soldat; Soldat ab dem zweiten Dienstjahr. In der Auffassung der Rekrutenausbilder ist der Mensch nur eine Ansammlung von Knochen, die es zu ordnen gilt. 1870 ff. – c) alter Mann. 1900 ff. – d) Schüler, der eine Klasse wiederholt. 1920 ff.
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14. ausgekochter Knochen = lebenserfahrener älterer Mensch. ausgekocht. 1920 ff.
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15. dämlicher Knochen = dummer, ungeschickter Mann. dämlich 1. 1870 ff, sold .
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16. eingerostete Knochen = ungelenke Gliedmaßen. Sold 1935 ff.
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17. fauler Knochen = Arbeitsscheuer. 1900 ff.
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18. fideler Knochen = lustiger Mensch. fidel. Seit dem 19. Jh.
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18 a. fieser Knochen = unsympathischer Mann. fies. 1920 ff.
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19. flotter Knochen = frischer, lebenslustiger Mensch; leichtlebiges Mädchen. flott 1. 1900 ff.
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20. grober Knochen = grober Mensch; Rohling. 1900 ff.
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21. harter Knochen = a) schwierige Sache; schwierig aufzudeckende Straftat. 1900 ff. – b) Verdächtiger, der bis zuletzt leugnet. 1900 ff. – c) alter, erfahrener Frontsoldat. Sold 1939 ff. – d) gefühlloser Mensch; Rohling. 1950 ff.
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22. hohler Knochen = Versager; energieloser Mensch. Er hat kein Mark in den Knochen. 1900 ff.
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23. kein Knochen = niemand. Knochen 5. 1900 ff.
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23 a. mieser Knochen unsympathischer Erwachsener. mies 1. 1960 ff, jug .
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24. morsche Knochen = Leute ohne Leistungskraft, ohne Leistungswillen. Bekannt durch das von Hans Baumann um 1933 gedichtete und vertonte Lied mit
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den Anfangszeilen: »Es zittern die morschen Knochen/der Welt vor dem roten (Variante: großen) Krieg.«
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25. müder Knochen = müder Mann; erschöpfter Soldat. 1920 ff.
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26. müde Knochen = müde Glieder. 1900 ff.
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27. musikalischer Knochen = Ellenbogenknochen, wo der Armnerv unmittelbar unter der Haut liegt. Wer sich an ihm unversehens stößt, »hört die Engel im Himmel pfeifen«. 1900 ff.
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28. netter Knochen = umgänglicher älterer Mann. 1920 ff.
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29. uralter Knochen = altgedienter Soldat. Sold 1940 ff.
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30. zäher Knochen = beharrlicher, widerstandsfähiger Mann. Sold 1939 ff.
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31. für mich ist der Knochen abgenagt = für mich ist die Sache erledigt. 1920 ff.
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32. dann kannst du deine Knochen von der Wand abkratzen!: Drohrede. Sold 1939 ff.
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33. sich bis auf die Knochen blamieren = sich bloßstellen; sich auf peinliche Weise lächerlich machen. Knochen 10. Seit dem 19. Jh.
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34. jm die Knochen brechen = jn plagen, drangsalieren; jn willfährig machen; jm das selbständige Denken und Handeln abgewöhnen. Bezieht sich vor allem auf das Rückgrat als Sinnbild des Eigenwillens und der geistigen Selbständigkeit. Seit dem frühen 20. Jh.
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35. ich breche dir sämtliche Knochen im Leib!: Drohrede. 1910 ff.
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36. Knochen brechen = turnen. Schül seit dem späten 19. Jh.
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37. Knochen gegen andere einpflanzen = den Verdacht auf andere lenken. Vielleicht hergenommen von den Knochen eines Ermordeten, die man auf anderer Leute Grundstück eingräbt. 1910 ff.
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38. die Knochen rosten ein = die Glieder werden steif. Sold 1935 ff.
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39. jm die Knochen entzweischlagen = jn ungestüm verprügeln; Drohrede. Seit dem 19. Jh.
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40. das fährt in die Knochen = das hinterläßt einen nachhaltigen Eindruck. Vgl »der Schrecken fährt einem in die Glieder«. Seit dem 18. Jh.
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41. es geht ihm bis an die Knochen = es berührt ihn tief, beschäftigt nachhaltig seine Gedanken. Knochen 10. Seit dem 19. Jh.
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41 a. auf die Knochen gehen = mit rohen Mitteln Fußball spielen. 1975 ff.
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42. das geht auf die Knochen = das ist eine sehr anstrengende aufreibende Tätigkeit. 1900 ff.
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43. es geht ihm nicht aus den Knochen = er verwindet es nicht. 1920 ff.
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44. Knochen im Leib haben = schwanger sein. 1900 ff.
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45. es in den Knochen haben (liegen haben; stecken haben) = sich krank fühlen. Eine Krankheit, auch das Gewitter oder den Witterungswechsel spüren manche Leute voraus. 1700 ff.
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46. nichts in den Knochen haben = kraftlos sein. Knochen 22. 1900 ff.
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47. seine Knochen hinhalten = sich opfern; an der Front stehen, während die anderen daheim oder in der Etappe leben; Gefahren auf sich nehmen; Fußballspielern mit roher Spielweise gegenüberstehen. Sold in beiden Weltkriegen; sportl 1950 ff.
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48. du hast wohl lange keine Knochen gehustet?: Drohfrage. 1920 ff.
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49. jm die Knochen kaputtschlagen (zusammenschlagen) = jn heftig verprügeln; Drohrede. Seit dem
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19. Jh.
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50. jm die Knochen langziehen = jn rücksichtslos drillen. Hammelbeine 5. Sold in beiden Weltkriegen.
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51. laßt mir die Knochen ganz! = laßt mich endlich in Ruhe! treibt es nicht zu toll mit mir! Der Betreffende wird entweder geprügelt oder hin- und hergeworfen oder hin- und hergeschüttelt. 1910 ff.
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52. jn bis auf die Knochen nacktmachen = jn ausplündern, erpressen. 1950 ff.
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53. laß deine Knochen numerieren (du kannst dir deine Knochen numerieren)!: Drohrede. Rat an einen, der geprügelt werden soll, daß er vorher seine Knochen kennzeichnet, damit er sie hinterher wieder zusammenfinden kann.1870 ff.
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54. jm die Knochen polieren = jm gegen das Schienbein treten. Fußballerspr. 1920 ff.
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55. bei ihm kann man die Knochen rappeln hören = er ist hager. 1900 ff.
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56. die Knochen riskieren = sich einer Gefahr aussetzen. Sold in beiden Weltkriegen.
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57. jm die Knochen schleifen = jn hart einexerzieren. schleifen. 1914 ff.
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58. die Knochen schonen = arbeitsscheu sein; die am wenigsten anstrengende Arbeit bevorzugen; keinen Angriffsgeist besitzen. 1910 ff, sold ; 1920 ff. sportl und handwerkerspr.
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59. es sitzt (steckt) ihm noch in den Knochen = er hat es noch nicht überwunden. Vgl Knochen 45. Seit dem 18. Jh.
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60. du kannst schon mal deine Knochen sortieren!: Drohrede. Knochen 53. 1900 ff.
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61. die Knochen sortiert kriegen = verprügelt werden. 1900 ff.
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62. auf die Knochen spielen = roh Fußball spielen. Sportl 1920 ff.
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63. es in den Knochen spüren = in den Gliedern spüren, daß ein Gewitter, Witterungsumschlag, der Föhn o. ä. bevorsteht. Knochen 45. 1900 ff.
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64. seine Knochen zu Markte tragen = sein Leben (seine Gesundheit) für andere einsetzen; sich einer ernsten Gefahr aussetzen; die üblen Folgen tragen. Vgl Haut 68. Seit dem 19. Jh.
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65. ich haue dich, daß du die Knochen im Sack (Schnupftuch o.ä.) nach Hause tragen kannst!: Drohrede. 1800 ff.
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66. seine (die) Knochen verkaufen = a) in fremden Militärdienst treten. Sold 1941 ff. – b) sich als Spion (Saboteur o. ä.) verdingen. Sold 1941 ff.
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67 a. jm die Knochen weghauen = jn durch einen Tritt gegen das Schienbein zu Fall bringen. Rocker 1975 ff.
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67 b. ihm tun die Knochen nicht mehr weh = er ist tot. Seit dem 19. Jh.
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68. ihm möchte ich alle Knochen im Leib zerbrechen (zerschlagen)!: Drohrede. Seit dem 18. Jh.
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69. dann kannst du deine Knochen zusammenfegen lassen (von der Straßenreinigung zusammenfegen lassen)!: Drohrede. 1870 ff.
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70. ich werde dir alle Knochen zusammenhauen!: Drohrede. Seit dem 19. Jh.
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71. die Knochen zusammennehmen = a) die Beine im Sitzen an sich ziehen. 1900 ff. – b) militärisch straffe Haltung annehmen. Der Soldat hat die Hacken zusammenzuschlagen und aufrechte Haltung anzunehmen. Sold in beiden Weltkriegen und BSD . – c) sich ermannen. 1914 ff, ziv .
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72. die Knochen zusammenreißen = militärisch stramme Haltung annehmen. Knochen 71 b. Sold ,
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spätestens seit 1900 ff.
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73. die Knochen zusammenschmeißen (-werfen) = heiraten. 1920 ff.
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74. dann kannst du deine Knochen zusammensuchen!: Drohrede. 1900 ff.
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