Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Kinderstube
Kinderstube f \
1. feuchte Kinderstube = schlechte Erziehung. Die feuchte Wohnung läßt auf ärmliche Verhältnisse schließen; voreingenommene Menschen meinen noch heute, arme Leute seien zwangsläufig auch schlechterzogen. 1920 ff.
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2. gute (schlechte) Kinderstube = gute (schlechte) Erziehung. Seit dem späten 19. Jh.
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3. keine Kinderstube besitzen = schlecht erzogen sein. 1920 erzählte man sich von Raffkes, beim Rundgang durch die Wohnung hätten Raffkes voller Stolz ihr Kinderzimmer vorgeführt, und als einer der Gäste meinte; »Kinderzimmer? Sie haben doch keine Kinder?!«, hätten sie erwidert, man habe ihnen vorgeworfen, sie hätten keine Kinderstube, und seitdem hätten sie das Kinderzimmer angeschafft. 1870 ff.
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4. er hat die Kinderstube wohl nach Mach 2 durchflogen = er hat sehr schlechtes Benehmen. »Mach 2« ist die Geschwindigkeit von etwa 2400 Stundenkilometer. BSD 1965 ff.
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5. er hat die Kinderstube nur durchs Schlüsselloch erblickt = er ist sehr schlecht erzogen. 1900 ff.
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6. er ist mit dem Düsenjäger durch die Kinderstube
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gerast = er hat sehr schlechtes Benehmen. 1950 ff.
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7. er ist im Galopp durch die Kinderstube geritten = mit den Anstandsregeln hat er sich nicht bekanntgemacht. 1920 ff.
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8. er ist mit dem Motorrad durch die Kinderstube gefahren = ihm fehlt es völlig an Anstand. 1920 ff.
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9. im D-Zug (Schnellzug) durch die Kinderstube gesaust sein = sehr schlechtes Benehmen haben.1920 ff.
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