Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Käse
Käse m \
1. Geschwätz, Unsinn; Wertlosigkeit. Käse gilt, vor allem auf dem Lande, als ein billiges, leicht selbstzuzubereitendes Nahrungsmittel, besonders in Form von Quark, dessen übertragene Bedeutung mit dem Stichwort identisch ist. Seit dem 18. Jh.
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2. Schweißfuß. Wegen des Geruchs. 1900 ff.
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3. Taschenuhr, Übertragen vom flachen Rundkäse oder vom Inhalt des » Käsekasten«. Schül 1920 ff.
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4. Taschenmesser. Verkürzt aus » Käsemesser«. Vermutlich durch die Wandervogelbewegung im frühen 20. Jh. geläufig geworden.
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5. schlechte Zeugnisnote. Man tut sie als wertlos und unbedeutend ab. Schül 1920 ff.
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6. Unannehmlichkeit. Entweder Weiterentwicklung aus » Käse 1« oder als stinkende Materie analog zu Scheiße. Seit dem 19. Jh.
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7. Käse mit Freilauf = a) weicher Käse. Er läuft von allein. 1914 ff. sold . – b) schlechter, minderwertiger Käse. 1914 ff.
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8. Käse vom Fuße des Harzes = a) Harzer Käse. 1920 ff. stud . – b) Schweiß- und Hautabsonderungen
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des Fußes nach längerem Marsch usw. 1920 ff.
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9. Käse im Gesicht = Bleichgesichtigkeit. 1900 ff.
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10. Käse im Hochformat = völliger Unsinn. 1935 ff.
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11. Käse mit Musik = a) Käse mit Zwiebeln überstreut, in Essig und Öl getaucht. Die Speise verursacht Blähungen. 1900 ff. – b) geschickt vorgetragener Unsinn, der glaubwürdig klingt. 1900 ff.
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12. ja, einen Käse (ja, an Kaas)!: Ausdruck der Ablehnung. Käse = Wertlosigkeit. Bayr 1920 ff.
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13. alter Käse = a) längst abgetane Sache; altbekannte Sache. Seit dem 19. Jh. – b) abgeschmacktes Geschwätz. Seit dem 19. Jh.
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14. ausgemachter Käse = großer, allbekannter Unsinn; Sache, die längst allen bekannt ist. ausgemacht. 1920 ff.
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15. automatischer Käse = reifer Käse. Er läuft von selber. 1920 ff.
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16. billiger Käse = Wertlosigkeit. Jug 1950 ff.
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17. blutiger Käse – Schauergeschichte; Film mit vielen Toten und Niedergeschlagenen. 1920 ff.
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18. durcher (durchner) Käse = reifer Käse. Verkürzt aus »durchgeweicht«. Seit dem 19. Jh.
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19. der ganze Käse = das alles (abf ). 1920 ff.
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20. großer Käse – großer Unsinn. 1920 ff.
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21. größter Käse = größter Unsinn. 1920 ff.
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22. harter Käse = a) unverschämte Zumutung. An ihr hat man lange zu kauen. 1940 ff. – b) großer Unsinn. 1940 ff.
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23. jeder Käse – alles. 1920 ff.
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24. auf jeden Käse = auf jeden Fall. »Käse« fußt hier in entstellter Form entweder unmittelbar auf lat »casus = Fall« oder auf engt »at any case«. Schül und stud , 1850 ff.
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25. auf keinen Käse = unter keinen Umständen. 1920 ff.
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26. lebendiger Käse = von Maden befallener Käse o.ä. 1900 ff.
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27. stinkender Käse = altbekannter Unsinn. 1930 ff.
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27 a. das geht ihn einen Käse an = das geht ihn nichts an. Käse 1 und 12. 1950 ff.
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28. alten Käse aufwärmen = altbekannte Dinge nochmals vorbringen. Der Redensart »alten Kohl aufwärmen« nachgebildet. 1960 ff.
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29. da hört der Käse auf zu duften!: Ausdruck des Unwillens. Ein verwunderlicher Vorgang, daß ein von Natur aus Stinkendes nicht länger stinkt. 1920 ff.
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30. jn mit altem Käse erschießen = auf jn mit landläufigen Redensarten einwirken; jn auf einfache Weise beschwatzen. Käse 13. 1930 ff.
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31. ich erschieße dich mit heißem Käse! ironische Drohrede. 1920 ff.
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32. ich erschieße dich mit kaltem Käse quer durch die Brust von hinten ins linke Auge!: scherzhafte Drohrede. Brust 5. Stud 1950 ff.
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33. Käse esse ich nicht = dieser Kartenstich reizt mich nicht. Der Stich, der keine oder nur wenige Punkte bringt, ist eine Unwichtigkeit. Kartenspielerspr. 1870 ff.
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34. er ißt den Käse und sie die Löcher = die Frau bescheidet sich, während der Mann schlemmt. Soll aus einem Gedicht über Kempinsky stammen. Berlin seit 1900 ff.
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35. in den Käse fallen (fliegen) = Unglück haben. Käse 6. Seit dem 19. Jh.
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35 a. dann ist der Käse gegessen = dann ist Schluß. Käse wird gern am Schluß der Mahlzeit gereicht, er »schließt den Magen ab«. 1970 ff.
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36. da haben wir den Käse! = das Unangenehme ist wie erwartet eingetroffen. Seit dem 19. Jh.
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37. auf den Käse hauen (kloppen) = prahlen; sich aufspielen; ausgelassen sein. »Käse« ist hier möglicherweise aus franz »caisse« entstellt: der Unternehmungslustige schlägt mit der Hand auf die Hosentasche (wo der Geldbeutel ist) zum Zeichen, daß er die Ausgelassenheit auch bezahlen kann. 1900 ff.
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38. der Käse läuft davon = der Käse wird weich. Seit dem 19. Jh.
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39. im Käse liegen = a) sich in einer Notlage befinden. Käse 6. Sold 1914 ff. – b) der Übervorteilte sein. 1914 ff.
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40. mach nicht solchen Käse! = mach kein langes Gerede! komm endlich zur Sache! 1900 ff.
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41. um Käse mehr Gestank machen, als er selbst hergibt = etw aufbauschen. 1950 ff.
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42. da hört der Käse auf zu miefen!: Ausdruck des Unwillens. Käse 29. 1920 ff.
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43. es nützt mich einen Käse = es hilft mir in keiner Weise. 1900 ff.
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44. quatsch keinen Käse! = rede keinen Unsinn! 1900 ff.
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45. sich einen heißen Käse durch den Bauch schießen mögen = sehr wütend sein. 1920 ff.
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46. Käse schließt den Magen = die Mahlzeit wird mit Käse beschlossen. Seit dem 19. Jh.
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47. das ist mir Käse = das ist mir gleichgültig. Seit dem späten 19. Jh.
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48. klar ist der Käse! = die Sache ist abgemacht! »Käse« fußt hier auf engl »case = Sache«. Seit dem 18. Jh.
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49. das ist mir zuviel Käse aufs Brot!: Ausdruck des Unwillens. Wien 1920 ff.
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50. drei Käse hoch sein = kleinwüchsig sein. Dreikäsehoch. 1700 ff.
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