Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Kaiser
Kaiser m \
1. dahingehen, wo der Kaiser zu Fuß hingeht = den Abort aufsuchen. Volkstümliche Feststellung, daß in sehr wichtigen Dingen auch der Kaiser nur ein Mensch wie alle anderen ist. 1800 ff.
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2. zum Kaiser gehen = den Abort aufsuchen. 1900 ff.
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3. du hast wohl den Kaiser gesehen? = du bist wohl nicht recht bei Sinnen? du bist wohl betrunken? Fußt entweder auf der Begeisterung für den Kaiser (ihn zu sehen, macht närrisch vor Freude) oder auf dem Lohnempfang (vgl das Folgende). 1900 ff.
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4. der Kaiser kommt = es ist Lohnzahltag, Löhnungstag, Löhnungsappell. Die preußischen Könige mischten sich am Weihnachtsabend unter die Volksmenge; wer sie erkannte und einen Weihnachtsgruß sprach, bekam neben dem Händedruck auch ein Geldstück. »Der Kaiser kommt« war seit 1871 das Signal, daß man den höchsten Herrschaften nahen durfte. Das Ganze war trefflich in Szene gesetzt: der Weg war festgelegt, Kriminalbeamte säumten die Straße, und die Gratulanten waren ausgesucht. 1871 wurde Wilhelm I., König von Preußen, zugleich deutscher Kaiser.
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5. Kaiser sein = a) viel Geld haben. Kaiser gelten beim einfachen Bürger als unbeschränkt wohlhabend. 1900 ff. – b) »ich bin Kaiser«, ruft, wer als erster seinen Teller geleert hat. 1900 ff.
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6. der Kaiser ist dagewesen = es hat Löhnung gegeben. Sold 1914 ff.
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7. sich um des Kaisers Bart streiten (zanken) = sich um Belanglosigkeiten streiten. »Kaisers Bart« ist volksetymologisch umgeformt aus »Geißenbart« und bezieht sich auf die von Horaz bespöttelte Streitfrage, ob Ziegenhaare als Wolle zu gelten hätten. Seit dem 19. Jh.
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