Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Herr
Herr m \
1. Schüler der Oberstufe. Er wird mit »Sie« und »Herr« angeredet. Schül 1960 ff.
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2. Herr von Habenichts = vornehm auftretender Verarmter. Baron 2. Spätestens seit 1800.
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3. Herr der Hölle = Schulleiter. Bezeichnung für den Teufel. Schül 1960 ff.
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4. Herr Je interj herrje.
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5. Herr Jemine interj herrjemine.
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5 a. Herr Karl = unpolitischer Bürger. Übernommen von der Wiener Kabarett-Figur »Der Herr Karl« von Helmut Qualtinger. 1959 ff.
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6. Herr meines Lebens (Herr du meines Lebens)!: Ausruf des Erstaunens. Säkularisiert aus einer Anrufung Gottes. Seit dem 19. Jh.
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7. die Herren der Schöpfung = a) die Männerwelt. Spielt an auf den Vorrang des Mannes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Meist spöttisch oder selbstironisch gesagt. 1750 ff. – b) die Machthaber. Ausdruck des Aufbegehrens gegen den Machtanspruch des Absolutismus. 1820 ff.
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8. Herr in Schwarz = Schiedsrichter. Wegen der schwarzen Kleidung. Sportl 1950 ff.
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9. Herr und Verbieter = Ehemann, der seiner Frau wenig oder nichts gestattet. Umgemodelt aus »mein Herr und Gebieter«. 1930 ff.
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10. Herr von und zu = Vornehmtuer. Nachahmung des Adelstitels »Freiherr von (...) und zu...«. Österr 1950 ff.
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11. mein alter Herr = mein Vater. Studentenausdruck, im 19. Jh. aufgekommen, wohl in Anlehnung an die alte Sitte, den Vater mit »Herr Vater« anzureden.
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12. alter Herr = a) Korporationsmitglied nach Bestehen der akademischen Abschlußprüfung. 19. Jh. – b) Schüler der Oberstufe. Studentischer Gepflogenheit nachgebildet. Vgl Herr 1. 1950 ff. – c) Klassenwiederholer. 1930 ff.
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13. fester Herr = angehender Bräutigam. Er hat sich durch das Eheversprechen oder durch andere unwiderrufliche Zusagen fest gebunden. 1900 ff.
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14. kleiner Herr = Penis. 1965 ff.
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15. mein 'lieber Herr!: Ausruf der Verwunderung. Geht zurück auf eine Anrufung Gottes. 1900 ff.
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16. 'meine Herren!: Ausruf der Verwunderung oder
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des Entsetzens. Da der Hauptton auf »meine« liegt, ist wahrscheinlich das Teilstück einer religiösen Anrufung durch Herübernahme der Anrede an eine Herrengesellschaft euphemistisch verdeckt worden. Seit dem 19. Jh.
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17. möblierter Herr = Bewohner eines möblierten Zimmers. Dame 28. Seit dem 19. Jh.
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18. öffentlicher Herr = der Öffentlichkeit bekannter Mann. 1973 ff.
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19. später Herr = alter Junggeselle. Analog zu »spätes Mädchen«. Österr seit dem späten 19. Jh.
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20. wen der Herr liebhat, den straft er: schadenfrohe Redewendung unter Kartenspielern, wenn es geglückt ist, ein vermeintlich schon sicheres Spiel zu Fall zu bringen. Fußt auf den Sprüchen Salomonis 3, 12. Seit dem 19. Jh.
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21. der Herr hat's genommen = der Bube macht einen hochzählenden Stich. Unter Kartenspielern im 19. Jh. säkularisiert aus Hiob 1, 21.
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22. er soll dein Herr sein: Redewendung des Kartenspielers, der eine Dame mit einem König sticht. Fußt auf der Weisung Gottes an Eva (1. Moses 3, 16); auch Liedtext in Karl Millöckers Operette »Gasparone« (1884). Seit dem 19. Jh.
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23. der Herr sei mit dir, und du gehst mit mir: Redewendung, wenn einer einen Gegenstand entwendet. Säkularisierung der rituellen Formel »der Herr sei mit dir und dem Heiligen Geiste«. Seit dem ausgehenden 19. Jh.
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24. den großen Herrn spielen = sich reich und vornehm geben; auf nicht ganz echte Weise freigebig (großzügig) sein. Der »große Herr« ist der Adlige, der Großgrundbesitzer, der Großindustrielle u. ä. Seit dem 19. Jh.
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