Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Hand
Hand f \
1. Hand vom Bein (vons Been)! = benimm dich anständig! Bezieht sich ursprünglich auf intimes Betasten. 1920 ff.
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2. Hand von der Butten! = nicht anfassen! Butte ist das Sammelgefäß für Trauben; daher soviel wie ein warnender Zuruf an einen Traubennascher. 1700 ff.
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3. Hand von der Butter! = gib dich mit dieser Sache nicht ab! Entstellt aus dem Vorhergehenden. 1800 ff.
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4. Hand an der Deichsel = Hand in der Hosentasche. Man unterstellt der männlichen Person, daß sie dabei die »Deichsel = Penis« berührt. 1935 ff.
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5. Hand von der Lenkstange! = nimm die Hand aus der Hosentasche! Lenkstange = Penis. 1935 ff.
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6. Hand vom Loch! = a) Warnung vor intimer Berührung einer weiblichen Person. Loch = Vagina. 1920 ff. – b) laß dich darauf nicht ein! 1920 ff.
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7. Hand vom Sack! = a) nicht anrühren! (Oft in der Form: »Hand vom Sack, es sind Nüsse drin« oder »... der Hafer ist verkauft«. 1840 ff. – b) misch dich nicht in Dinge, die dich nichts angehen! 1840 ff. – c) nimm die Hand aus der Hosentasche! Sack = Hodensack. Seit dem 19. Jh. – d) werde nicht plump vertraulich!
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benimm dich anständig! Versteht sich wie » Hand 1«. Seit dem 19. Jh.
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8. Hand vom Tisch!: Zuruf an eine Person, die sich zur Verteilung vordrängt. Eigentlich eine mütterliche Ermahnung an ungebärdige Kinder. 1910 ff.
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9. alle Hände voll Hochachtung = größte Bewunderung; stärkster Beifall. 1870 ff.
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10. die beste Hand = die rechte Hand. Die handwerklich geschicktere Hand ist die bevorzugte Hand, auch in Anstandsdingen. 1900 ff.
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10 a. ganze Hand = Leistungsnote 5. An den fünf Fingern abgezählt. Schül 1920 ff.
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11. krumme Hand = Bestechlichkeit o.ä. Gemeint ist die hohle Hand, die Geld heischt und entgegennimmt. 1600 ff.
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12. ruhige Hand!: = keine Aufregung! Halbw 1955 ff.
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13. schöne Hand (auch dim ) = rechte Hand. Meist gesagt beim Händegeben kleiner Kinder gegenüber älteren Leuten. Seit dem 19. Jh.
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14. vergnügte Hände = zitternde Hände. Sie zittern vor gespannter freudiger Erwartung. Seit dem 19. Jh.
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15. volle Hand plus ! = Note 6. Volle Hand = 5 Finger; vgl auch »volle Hand (full hand)« beim Kartenspiel Poker. Schül 1960 ff.
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16. waffenscheinpflichtige Hände = plumpe, unförmige, sehr große Hände. Sie können geradezu als Hiebwaffe dienen und sind daher waffenscheinpflichtig. 1950 ff.
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17. nicht in die Hand! = Ausdruck der Ablehnung und Verneinung. Verkürzt aus »und wenn du es mir in die Hand gibst, ich nehme es nicht an!«. Seit dem 19. Jh.
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18. unter der Hand = a) im Verborgenen; heimlich. Hergenommen vom betrügerischen Kartenspieler, der unter seiner Hand die Karten vertauscht. 1600 ff. Vgl franz »sous main«, engl »underhand«. – b) inzwischen, gelegentlich. Eigentlich soviel wie »unbemerkt«. Seit dem 19. Jh.
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19. nicht in die hohle Hand! = Ausdruck der Ablehnung. Anspielung auf einen abgewehrten Bestechungsversuch. 1900 ff.
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19 a. aus der hohlen Hand heraus = ohne Vorbereitung; aus dem Stand; sofort. 1970 ff.
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20. mit der kalten Hand = roh, mitleidlos, gefühlskalt. Die kalte Hand gilt hier als äußeres Zeichen von
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Gefühlskälte. 1920 ff.
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21. mit der linken Hand = mühelos; nicht mit voller Energie; unbeabsichtigt; nebenbei. Die linke Hand ist im allgemeinen weniger geschickt als die rechte; was man mit der linken bewerkstelligt, setzt wenig Anstrengung voraus. 1870 ff.
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22. von zarter Hand = von einer weiblichen Person herrührend. 1800 ff.
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23. nicht von zarter Hand = rücksichtslos, ungestüm; sehr heftig. 1900 ff.
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24. etw (jn) mit der linken Hand abtun = etw (jn) als nebensächlich abtun. Vgl Hand 21. Seit dem späten 19. Jh.
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25. in die hohle Hand arbeiten = einen praktisch durchführbaren Zweck verfolgen. Die Arbeit soll Geld einbringen. 1950 ff.
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26. die Hand aufhalten = a) bestechlich sein. 1850 ff. – b) aufdringlich Trinkgeld verlangen. 1900 ff.
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27. die Hand rutscht aus = man läßt sich zu einer Ohrfeige hinreißen. Ausrutschen = ausgleiten, aus der Spur geraten. 1840 ff.
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28. da begrüßen sie sich noch mit der linken Hand,
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weil sie in der rechten die Keule tragen = das ist eine unzivilisierte Gegend. Fußt auf der Vorstellung von der Lebensweise der frühesten Menschen. Vielleicht beeinflußt von der Fernsehserie »Familie Feuerstein«. BSD 1965 ff.
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29. alles mit der linken Hand erledigen = alles nebenbei, nach Eingebung erledigen; etw fast mühelos meistern. Hand 21. 1870 ff.
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30. etw hinter der hohlen Hand erzählen = etw verstohlen mitteilen. Man hält die Hand fast geschlossen vor den Mund. 1920 ff.
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31. jm aus der Hand fressen = jm ergeben sein; jm gehorchen; jm zu Willen sein. Hergenommen von Haustieren. 1800 ff. Vgl engl »to eat out of someone's hand«; franz »manger dans la main de quelqu'un«.
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32. ihm sind die Hände gebunden = er kann nicht frei entscheiden und handeln. Übertragen von gefesselten Händen. Seit dem 19. Jh.
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33. jm etw in die Hand geben (häufiger: drücken) = jn mit einer minderwertigen Ware betrügen. 1880 ff.
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33 a. sich selbst die Hand geben (drücken) = sich selbst zu einer Handlungsweise beglückwünschen. 1920 ff.
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34. von Hand zu Hand (durch viele Hände) gehen = mit vielen Männern geschlechtlich verkehren; viele kurzfristige Liebesabenteuer haben. 1950 ff.
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35. immer noch besser als in die Hand gespuckt (gehustet) = es hätte weit schlimmer kommen können. »In die Hand gespuckt (gehustet)« umschreibt den Begriff »nichts«. 1900 ff.
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36. immer noch besser als in die hohle Hand geschissen = Ausdruck der Befriedigung über den glimpflichen Ausgang einer Sache. 1900 ff.
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37. besser in die Hand geschissen als gar kein Blumenstrauß = besser etwas als gar nichts! »In die Hand geschissen« läßt im Zusammenhang mit »Blumenstrauß« an »Kaktus« denken, was sowohl die Pflanze als auch den Kothaufen meint. Sold 1939 ff.
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38. eine große Hand haben = viel Einfluß haben. Die Hand als Sinnbild der Macht und der Gewalt. Analogie zu »einen langen Arm haben«. 1900 ff.
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39. eine grüne Hand haben = viel von Blumenpflege verstehen. Vgl Daumen 15. 1950 ff.
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40. eine hohle Hand haben = bestechlich sein. Vgl Hand 26. 1700 ff.
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41. kalte Hände haben = geizig sein; kein Geld hergeben. Geizige gelten als gefühllos, »frostig«. Hand
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20. 1900 ff.
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42. klebrige Hände haben = diebisch sein. Das Diebesgut bleibt an den Händen kleben. 19. Jh.
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43. lange Hände haben = sehr einflußreich sein. Vgl Arm 10. Seit dem 15. Jh.
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44. eine leichte Hand haben = rasch zu Schlägen (Ohrfeigen) ausholen. Vgl Hand 47. 1900 ff.
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45. zwei linke Hände haben = a) handwerklich ungeschickt sein. 1800 ff. – b) homosexuell sein. Umschreibung für »nicht normal sein«. 1960 ff.
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46. zwei linke Hände und an jeder Hand fünf Daumen haben = überaus ungeschickt sein. 1950 ff.
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47. eine lose Hand haben = rasch zum Schlagen neigen. Vgl Hand 44. 1800 ff.
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48. eine schnelle Hand haben = rasch zu Ohrfeigen ausholen. 1900 ff.
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49. eine schwere Hand haben = geizig sein; ungern Geld hergeben. Geiz ist hiernach kein Charakterfehler, sondern beruht auf der Beschwerlichkeit des Geldausgebens, des Aushändigens. Jug 1955 ff.
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50. in etw eine stille Hand haben = in einem Unternehmen (bei einem Unterfangen) stiller Teilhaber sein. 1950 ff.
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51. zweierlei (zwei verkehrte) Hände haben = handwerklich ungeschickt sein. 1800 ff.
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52. jn in der Hand haben = jn in seiner Gewalt haben. Die Hand als Sinnbild der Herrschaft und des Eigentumsrechts. Seit dem 19. Jh.
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53. das hat Hand und Fuß = das ist gediegen, tüchtig, brauchbar, in Ordnung. Nach altdeutschem Recht war »Hand« der rechte Arm, der das Schwert hält, und »Fuß« der linke Fuß (im Steigbügel) beim Aufsitzen des Reiters. Sehr empfindlich war gestraft, wer Hand und Fuß von Rechts wegen verlor. 1500 ff.
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54. etw beginnen (leisten), was Hand und Fuß hat = Nachwuchs zeugen. 1900 ff.
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55. seine Hand dabei (darin) haben = beteiligt sein; sich einmischen. Seit dem 19. Jh.
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56. nicht die Hand dazwischen gehabt haben = unbeteiligt gewesen sein. Seit dem 19. Jh.
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57. seine Hand im Spiel haben = a) an etw maßgeblich beteiligt sein; an einer Sache mitwirken. 1700 ff. – b) eine weibliche Person intim betasten. 1900 ff.
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58. etw um die Hand haben = mit etw angelegentlich beschäftigt sein. 1900 ff.
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59. die Hand in der Tasche halten = nicht freigebig sein. 1900 ff.
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59 a. es ist ihm an den Händen hängengeblieben = er hat es gestohlen. Vgl Hand 42. 1600 ff.
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60. aus zweiter Hand heiraten = eine verwitwete oder geschiedene Person heiraten. 1910 ff.
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61. mit linker Hand hingeworfen = oberflächlich, mühelos gestaltet. Hand 21. 1920 ff.
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62. die Hand (die hohle Hand) hinhalten = a) bestechlich sein; Bestechungsgeld verlangen. Hand 26. 1900 ff. – b) Bedienungsgeld verlangen. 1920 ff.
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63. für etw die Hand hochheben = etw beeiden, beschwören. 1920 ff.
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64. in die hohle Hand husten = bei einer Verteilung nichts erhalten. Vgl Hand 35. 1900 ff.
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65. es juckt ihm in den Händen = er ist auf etw sehr begierig. jucken. 1900 ff.
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66. ihm kleben die Hände = er ist diebisch. Hand 42. 1500 ff.
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67. mit der krummen Hand kommen = Geld, Geschenke, Bestechung anbieten. Hand 11. Seit dem 19. Jh.
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68. die linke Hand kommt vom (von) Herzen: Redewendung, wenn man zur Begrüßung die linke Hand reicht. 1900 ff.
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69. aus der hohlen Hand konstruiert = unsachgemäß konstruiert. Hand 19 a. 1950 ff.
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70. die Sache kriegt Hand und Fuß = die Sache wird einwandfrei, gediegen, brauchbar. Hand 53. Seit dem 19. Jh.
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71. heiße Hände kriegen = sich aufregen. 1920 ff.
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72. in die hohle Hand lachen = heimtückisch lachen. Man hält die hohle Hand vor den Mund, damit der Ausdruck der Schadenfreude verborgen bleibt. 1920 ff.
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73. sich mit der Hand an den Arsch langen = etwas Sinnloses, Unwirksames tun. 1960 ff.
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74. von der Hand in den Mund leben = a) keine Ersparnisse machen; die Einnahmen verbrauchen. Was man mit der Hände Arbeit einnimmt, gibt man für das Essen wieder aus. 1700 ff. Vgl engl »to live from hand to mouth«. – b) Zahnarzt sein. Scherzhafte Redewendung. Seit dem späten 19. Jh.
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75. für jn die Hand ins Feuer legen = sich für jn verbürgen. Herzuleiten vom mittelalterlichen Gottesur-
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teil, bei dem der Beschuldigte die Hand ins Feuer legen mußte und als schuldlos galt, wenn sie unversehrt blieb. Seit dem 17. Jh.
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76. die Hände in den Schoß legen = untätig sein. Gebärdehandlung der Untätigkeit, des Nichteingreifens. 1600 ff.
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77. jm die Hände in den Schoß legen = eine weibliche Person intim betasten. 1920 ff.
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78. Hand an sich legen = Schönheitspflege betreiben. Eigentlich »Selbstmord verüben«. 1970 ff.
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79. es liegt auf der flachen Hand = es ist offensichtlich, unzweifelhaft. 1900 ff.
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80. sich die Hand nicht fettig machen = unbestechlich sein. Man läßt sich die Hände nicht »schmieren«; vgl Hand 86. 1900 ff.
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81. die Hand hohl machen = a) ein Trinkgeld erwarten oder zu entlocken wissen. Vgl Hand 26. 19. Jh. – b) bestechlich sein. 1960 ff.
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82. eine krumme Hand machen = sich bestechen lassen. Hand 11. Seit dem 19. Jh.
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83. lange Hand machen = Diebstahl begehen. Finger 56. Seit dem 19. Jh.
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83 a. sich die Hände nicht schmutzig machen = andere zur Straftat ermuntern, aber sich selber zurückhalten. 1900 ff.
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84. jm die Hand quetschen = jm heftig die Hand drücken. 1900 ff.
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85. sich einen in die Hand schlagen = onanieren. 1900 ff.
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86. jm die Hände schmieren = jn bestechen. schmieren 11. Seit dem 14. Jh.
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87. vor Freude sich selber die Hand schütteln = vor Freude fassungslos sein. Vgl Hand 33 a. 1920 ff.
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88. er hat den meisten Menschen schon die Hand geschüttelt = er hat die Hälfte seines Lebens schon hinter sich. 1969 ff.
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89. ihm sind die Hände bei der Arbeit im Wege = a) er ist ungeschickt im Arbeiten. 1900 ff. – b) er ist arbeitsscheu. 1900 ff.
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90. mit der Hand schnell zur Stelle sein = rasch zu Ohrfeigen ausholen. Hand 48. 1900 ff.
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91. der Ort X. ist fest in deutscher Hand = der Ort X. ist von deutschen Erholungsreisenden überschwemmt. Dem Wortschatz der Wehrmachtberichte des Zweiten Weltkriegs entlehnt. Der Ausdruck bezieht sich stets
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auf einen Ort im Ausland. 1960 ff.
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92. in festen Händen sein = einen Freund, Bräutigam, Ehemann haben. 1900 ff.
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93. auf den Händen sitzen = keinen Beifall spenden. Theaterspr. 1870 ff. Vgl engl »they are sitting on their hands«.
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94. in die Hände spucken = eine Arbeit tatkräftig angreifen; Kraft anwenden. Der Speichel bewirkt, daß der Hammer- oder Schaufelstiel fester in der Hand liegt. Seit dem 19. Jh.
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95. unter der Hand verschleudern = onanieren. Meint kaufmannsspr. soviel wie »eine Ware unter dem üblichen Preis weggeben«. 1965 ff.
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96. jm die Hände versilbern = jn bestechen. Man bedeckt ihm die Handflächen mit Silbermünzen. Vielleicht Anspielung auf die Silberlinge des biblischen Judas Ischariot. 1600 ff.
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97. daran kannst du dir die Hände und Füße wärmen = die Sache ist gut; die Speise schmeckt ausgezeichnet. Vgl Hand 53. 1900 ff.
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98. seine Hände in Unschuld waschen = seine Unschuld beteuern (bezeugen); sich für schuldlos erklären. Hergenommen von der Pilatusszene aus Matthäus 27,24: Händewaschung vor Gericht versinnbildlichte
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bei Juden und Römern die Unschuldsbeteuerung. Umgangssprachlich seit dem 18. Jh. Vgl engl »I wash my hands of it«; franz »je m'en lave les mains«; ital »me ne lavo le mani«.
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99. sich in (bei) etw die Hände waschen = sich an einer Sache ungerechtfertigt bereichern. Gemeint ist, daß beim Waschen einiges an den Händen hängengeblieben ist. Seit dem 19. Jh.
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100. sich mit Händen und Füßen wehren (sträuben) = sich energisch zur Wehr setzen; die Beteiligung weit von sich weisen. 1600 ff.
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101. seine Hand um jn winkeln = jn umarmen. Halbw 1955 ff.
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102. aus der linken Hand zahlen = mühelos zahlen; zahlen, ohne die Ausgabe von der Steuer abzusetzen. Hand 21. 1950 ff.
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103. die Hände über dem Kopf zusammenschlagen = sich außerordentlich verwundern; vor Entsetzen fassungslos sein. Eine formulierte Gebärde, in der bildenden Kunst um 1500 Ausdruck höchsten Erstaunens und Erschreckens. 1800 ff.
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104. mit der linken Hand zusammenschmieren = unsorgfältig schriftstellern; bedenkenlos, unverantwortlich niederschreiben. Hand 21; schmieren.
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1930 ff.
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