Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
haben
haben v \
1. wer hat, der hat!: Redewendung, mit der man den Besitz von Geldmitteln, von körperlichen Reizen u. ä. bestätigt. Vgl Neid 3. 1900 ff.
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2. was man hat, hat man: Redewendung der Befriedigung über einen Kartenstich mit nur wenigen Punkten. Skatspielerspr. seit dem späten 19. Jh.
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2 a. man hat's oder man hat's nicht = Begabung ist nicht erlernbar. 1900 ff.
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3. wer hat noch nicht, wer will noch mal?: Redewendung, wenn man in einer Gruppe etwas zum Verzehr anbietet. Wohl einem Jahrmarktsausrufer nachgesprochen. 1920 ff.
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4. das habe ich bis hierhin (wobei die rechte Hand bis an den Hals erhoben wird) = es ist mir zum Ekel. Formulierte Gebärde des Abscheus. 1850 ff.
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5. wer hat, kriegt = wer gute Karten in der Hand hält, kauft gleichwertige hinzu; wer viel gewonnen hat, gewinnt noch mehr dazu. Kartenspielerspr. 1870 ff.
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6. das werden wir gleich haben = das soll rasch gemeistert sein. Verkürzt aus »erledigt haben« oder »herausgefunden haben« (wo der Fehler steckt). Seit dem 19. Jh.
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7. hast du was, bist du was (haste was, biste was) = Wohlhabenheit gibt Ansehen. Eine weitverbreitete Alltagsweisheit, deren Gültigkeit durch die Wohlstandsgesellschaft täglich bewiesen wird. 1920 ff.
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8. das haben wir noch nicht gehabt = das ist im Unterricht noch nicht behandelt worden. Schül seit dem 19. Jh.
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9. etwas haben = Sorgen, Kummer haben. Hinter »etwas« ergänze »Bedrückendes« o. ä. Seit dem 19. Jh.
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10. hast du mich (hast mi)? = hast du mich verstanden? Bayr 1900 ff.
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11. ihn haben wir nicht mehr lange = a) er wird bald sterben. 19. Jh. – b) er kommt bald in die Anstalt für Geisteskranke. 1935 ff, Wien.
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12. noch zu haben sein = ledig sein. Hergenommen von einer Ware, die noch im Handel ist. Seit dem 19. Jh. Vgl engl »to be still in the market«.
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12 a. nicht mehr zu haben sein = verheiratet sein. 1900 ff.
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13. wieder zu haben sein = geschieden, verwitwet sein. 1920 ff.
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14. es haben = a) krank sein. »Es« steht neutral für »Übel«. Man hat es im Hals, im Magen, an den Füßen o. ä. Seit dem 18. Jh. – b) die Mittel haben; vermögend sein. Verkürzt aus »das erforderliche Geld haben« o. ä. Seit dem 18. Jh.
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15. da haben wir es! = das erwartete Unangenehme ist eingetroffen! »Es« meint »wovon wir gesprochen haben«. 1700 ff.
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16. es hat = es gibt; es herrscht o. ä. (es hat heute viel Regen; es hat heute Fisch). 1500 ff. Vgl franz »il y a«.
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17. ich kann das nicht haben = es mißfällt mir, ist mir unerträglich. Haben = gernhaben; ertragen. Seit dem 19. Jh.
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18. wie haben wir es denn?!: Ausdruck der Entrüstung. Die Frageform verstärkt die eigentlich gemeinte Feststellung »so haben wir es nicht (vereinbart o. ä.)!«, analog zu der weiter verbreiteten Wendung »so haben wir nicht gewettet!« ( wetten 4). Bayr 1950 ff.
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18 a. wen haben wir denn da?!: Ausruf der Verwunderung bei Begrüßung eines Bekannten (den man lange nicht mehr gesehen hat). 1920 ff.
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19. wie haben wir es nachher (wia hamma's nacha)?:
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Ausdruck des Erstaunens und Aufbegehrens. Etwa soviel wie »was sagst du nun, da das (erwartete) Ereignis eingetreten ist?«. Bayr 1930 ff.
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20. ihn hat's = a) er ist von einer Kugel (einem Splitter) getroffen; er ist tot. Verkürzt aus »ihn hat es erwischt«. 1500 ff. – b) er hat sich verliebt. Die Liebe hat ihn ergriffen. Seit dem 19. Jh. – c) er ist nicht recht bei Verstand. Er ist vom Irrsinn ergriffen. Seit dem 19. Jh. – d) er ist betrunken. Seit dem 19. Jh.
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21. was hast du, was gibst du (was haste, was gibste) = aus Leibeskräften; eiligst. Herkunft ungesichert. Vielleicht zusammenhängend mit »hasten«. Seit dem 17. Jh. bis heute.
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22. was hast du, was kannst du = in größter Eile; so schnell wie möglich (er rannte was hast du, was kannst du zum Feuermelder). Meist in der gesprochenen Form »was haste was kannste«. Abwandlung des Vorhergehenden. Seit dem 18. Jh.
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23. hat sich was!: Ausdruck der Verneinung (hat sich was mit Urlaub). Eine elliptische Bildung, deutlich an der Textstelle Schillers: »Rat, Majestät? Hat sich da was zu raten!« (im Sinne von »da ist kein Raten möglich«). Seit dem 18. Jh.
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24. sich haben = sich zieren; sich übertrieben benehmen; sich ereifern. Meinte früher neutral »sich beneh-
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men«, dann verengt auf unnatürliches Gebaren. 1800 ff.
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24 a. sie haben sich = sie sind ein Braut-, ein Ehepaar geworden. Seit dem 19. Jh.
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25. jn an sich haben = jn an sich drücken und küssen. An sich = an seiner Brust. 1920 ff.
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26. es auf jn haben = jn sehr schätzen; jn leiden können. Verkürzt aus »es auf jn abgesehen haben« oder aus »es auf jn gut stehen haben« (etwa bezogen auf gute Noten im Notizbuch des Lehrers). 1700 ff.
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27. etwas davon haben = Nutzen von etw haben; bei einer Sache auf seine Kosten kommen. Hergenommen von einem Handel, der Vorteile bringt, oder von einer größeren Sache, von der man sich ein Stück (einen Anteil) erwartet. 1600 ff.
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28. für etw zu haben sein = sich für eine Sache gewinnen lassen; eine Sache unterstützen; etw gern mögen. 1900 ff.
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29. etw gegen jn haben = etw an jm auszusetzen haben; jn nicht gut leiden können. 1500 ff.
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30. es in sich haben = a) nicht dumm sein. Meint die innere (die geistige) Beschaffenheit. Seit dem 19. Jh. – b) vorzüglich sein. Seit dem 19. Jh. – c) schwer von Gewicht sein (dieses Möbel hat es in sich
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= dieses Möbel ist schwerer, als man vermuten sollte; äußerlich läßt sich davon nichts merken). Seit dem 19. Jh.
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31. etw mit jm (miteinander) haben = ein Liebespaar sein; miteinander in heimlicher Beziehung stehen. »Etwas« steht neutralisierend für »Geheimnis, Liebe, Geschlechtsverkehr«. Seit dem 19. Jh.
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32. es mit etw haben = etw überbewerten, bevorzugen. 1900 ff.
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33. etw mit jm haben = mit jm Streit haben; jm etw gedenken. 1800 ff.
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34. sich mit jm haben = sich mit jm streiten. Elliptisch statt »sich in den Haaren haben«. Seit dem 19. Jh.
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35. damit hat es sich = das ist alles; mehr gibt es nicht; mehr kann ich nicht; dann ist die Sache fertig. Verkürzt aus »damit hat es sich erledigt«. 1870 ff.
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36. keinen über sich haben = unabhängig sein; selber über sich bestimmen können. 1700 ff.
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