Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Gehirn
Gehirn n \
1. hohles Gehirn = Dummer. 1900 ff.
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2. bei ihm haben sie das Gehirn ausgeblasen = er ist sehr dumm. Beruht auf der Vorstellung vom Ausblasen eines Eies (Kopfform!) oder eines Lichts. 1930 ff.
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3. jm das Gehirn ausblasen wie eine Kerze = jn begriffsstutzig machen. 1930 ff.
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4. jm das Gehirn ausglühen = jn durch Gehorsamsübungen willenlos machen. 1958 ff.
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5. dir ist wohl ein Happen Gehirn ausgelaufen? = du bist wohl nicht recht bei Verstand? Vgl Happen 1; dicht 1 e. 1900 ff.
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6. jm das Gehirn ausschaben = jn schikanös drillen. Sold 1939 ff.
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7. jm das Gehirn aus dem Kopf blasen = jn in den Kopf schießen. Kriminalromansprache. 1950 ff.
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8. das Gehirn rostet ein = Gedächtnisleistung und geistige Beweglichkeit lassen altersbedingt nach. Fußt auf der Vorstellung vom Räderwerk der Denkmaschine. 1920 ff.
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9. sein Gehirn funktioniert nicht mehr richtig = er ist nicht ganz bei Verstand. Schül 1950 ff.
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10. ihm haben sie das Gehirn geklaut = er ist sehr dumm. Umschreibt scherzhaft die geistige Leere. Spätestens seit 1900.
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11. ihm hat einer ins Gehirn geschissen (und vergessen umzurühren) = er ist dumm. 1900 ff.
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12. sein Gehirn käst = er weiß nicht, was er sagt. Käsen = gerinnen (sich in eine dichtere Masse zusammenziehen). Vgl auch »käsen = Unsinn schwätzen«. Schül 1950 ff.
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13. ihm klappert das Gehirn = er ist von Sinnen. Das Gehirn als Mechanismus. 1900 ff.
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14. sein Gehirn läuft heiß = er denkt angestrengt nach. Eine stark beanspruchte Maschine läuft heiß. 1935 ff.
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15. sein Gehirn läuft nicht auf allen Zylindern = sein Verstand ist nicht völlig klar. Der Kraftrahrersprache entlehnt. 1935 ff.
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16. jm das Gehirn massieren = jm Vernunft beibringen. Man knetet das Gehirn wie einen Körper, dessen Muskulatur man bessere Durchblutung vermitteln will; die Behandlung wird mehrmals wiederholt. 1920 ff.
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17. das Gehirn unter Druck nehmen (setzen) = scharf
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nachdenken. Man setzt die »Denkmaschine« unter Dampfdruck. 1920 ff.
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18. ich haue dir das Gehirn raus!: Drohrede. Rocker 1967 ff.
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19. ich spucke dir ins Gehirn!: Drohrede. Halbw 1955 ff.
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20. laß dir nicht ins Gehirn spucken! = laß dich nicht beschwatzen, übertölpeln! Fortsetzung von »jm auf den Kopf spucken«. 1955 ff.
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21. sein Gehirn treibt Blasen = er äußert wunderliche Einfälle. Mit »Blasen« sind hier die Schaumblasen auf den Wellenkronen des Meeres gemeint, die im Bruchteil einer Sekunde vergehen. Geht zurück auf Schillers »Don Carlos« (1787). 1850 ff.
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22. jm das Gehirn umkrempeln = jn gründlich ausfragen; jn einem Verhör unterziehen. Man dreht ihm das Gehirn gewissermaßen »nach links« wie einen Ärmel; man kehrt das Innere nach außen. 1935 ff.
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23. ihm ist wohl das Gehirn vereist? = er ist wohl nicht bei klaren Sinnen? Zusammenhängend mit der Kälte-Anästhesie. Vgl auch Frost 6. 1935 ff.
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24. sich das Gehirn verrenken = sich geistig sehr anstrengen. Übernommen von »sich den Magen verrenken«. Seit dem 19. Jh.
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25. ihm ist das Gehirn verrutscht = er weiß nicht, was er sagt. Verrutscht = verrückt. 1959 ff.
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26. jm das Gehirn waschen = jm Geheimwissen entlocken; jn umerziehen; jn politisch (weltanschaulich) umschulen. Gehirnwäsche. Etwa seit 1954.
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27. ihm haben sie das Gehirn zugedreht = er ist begriffsstutzig. Anspielung entweder auf die Blut- (und damit Sauerstoff-) Zuleitung oder auf die das Gehirn umgebenden Wasserkissen. Schül 1955 ff.
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