Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Fenster
Fenster n \
1. Bildschirm. Reklametüchtig als »Fenster zur Welt« (Eduard Rhein sagt 1952 »Fenster in die Welt«) ausgegeben, als Fenster, durch das die Welt ins Zimmer scheint. BSD 1965 ff.
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2. pl = Augen. Technisierung des Menschlichen und Vermenschlichung der Technik. Früher waren augenförmige Fenster beliebt. 1600 ff.
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3. Fenster zum Hof = Schulabort. »Das Fenster zum Hof« ist der deutsche Titel des amerikanischen Films »Rear Window« (1954) mit Grace Kelly sowie der Titel eines 1960 gesendeten Fernsehstücks mit Carl Raddatz und Inge Meisel. Schül 1958 ff.
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4. Fenster in der Hose = aufgesetzte Hosenflicken. 19. Jh.
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5. blaue Fenster = Ringe um die Augen. 1900 ff.
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6. einander durch die Fenster angucken = zu zweit Brillenträger sein. 1950 ff.
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6 a. am Fenster bleiben = nicht aus den Augen der Öffentlichkeit verschwinden. Vgl Fenster 18. 1960 ff.
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7. aus hohen Fenstern blicken = überheblich sein. 1700 ff.
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8. einer weiblichen Person das Fenster einschlagen (eintreten) = deflorieren. 1910 ff.
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9. das wirft keine Fenster ein = das richtet keinen Schaden an. 19. Jh.
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10. das geht ins Fenster = das mißlingt. Von einem Wurf herzuleiten, der ungewollt die Fensterscheibe trifft. 1920 ff.
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11. guck mal aus dem Fenster, wenn du keinen Kopf hast!: Äußerung zum Eingeständnis eines Nichtkönnens. 1910 ff.
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11 a. sich zu weit aus dem Fenster hängen (lehnen) = sich zu weit vorwagen. 1970 ff, journ .
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12. ich haue dich kreuzweise durchs Fenster!: Drohrede. Rocker 1968 ff, Hamburg.
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13. die Fenster putzen = die Brillengläser reinigen. 1920 ff.
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14. zum Fenster rausreden (eine Rede zum Fenster raushalten) = sich an die Wählerschaft wenden; als Parlamentarier zur Öffentlichkeit sprechen. Im späten 19. Jh. als Modewort aufgekommen.
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15. am offenen Fenster reden = in kleinem Kreis für die Ohren der Öffentlichkeit reden. 1920 ff.
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16. drei Stunden aus dem Fenster sehen und sich nichts dabei denken = Hauptgefreiter sein. Beißender Spott. BSD 1965 ff.
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17. am Fenster sein = modern, modisch sein; Geltung besitzen. Mit dem Gemeinten kann man sich sehen lassen. 1970 ff.
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18. vom Fenster wegsein (weg vom Fenster sein) = a) tot sein. Leitet sich her von alten Leuten, die gern und ausdauernd zum Fenster hinaussehen und sich dann eines Tages nicht mehr blicken lassen. Soll eine Redensart aus dem Ruhrgebiet sein. Um 1960 aufgekommen. – b) keine Siegesaussichten mehr haben; seinen Einfluß verloren haben; ausgeschieden sein; als Künstler nicht mehr engagiert werden. 1960 ff. – c) Häftling sein. 1960 ff. – d) so vorteilhaft würfeln, daß man keine Runde auszugeben hat. 1962 ff. – e) aus der Bundeswehr entlassen sein. BSD 1965 ff. – f) einer Sache glücklich entronnen sein. BSD 1965 ff. – g) von der Schule verwiesen sein. 1965 ff.
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