Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Engel
Engel I \
Englischunterricht. Eigentlich die gesprochene Abkürzung »Engl.«. Schül 1960 ff.
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Engel II m
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1. weibliche Person (Kosewort). Der geflügelte Bote Gottes gilt als Sinnbild der Reinheit, als hehre Verkörperung aller Tugenden, aller Schönheit und aller himmlischen (= unkörperlichen) Liebe. Seit mhd Zeit.
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2. Mann (Kosewort). 18. Jh.
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3. Engel, der die Flügel im Futteral hat = Buckliger. 1920 ff.
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4. Engel der Autobahn = Angehöriger des Pannenhilfsdienstes. 1960 ff.
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5. Engel der Landstraße = Angehöriger der ADAC- Straßenwacht. 1960 ff.
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6. Engel der Luft = Hubschrauber (Sikorsky H 34; Boeing Vertol H 21). Er leistet Hilfe bei Katastrophen, Seenot, Erdbeben usw. BSD 1970 ff.
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7. Engel der Lüfte = a) Mitglied des Flugrettungsdienstes. Österr 1960 ff. – b) Flugzeug-Stewardeß o. ä. 1960 ff.
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8. ahnungsloser Engel = a) Person, die als einzige nicht merkt, was die anderen längst wissen. Nachgeahmt den Worten »du ahnungsvoller Engel« in Goethes »Faust I.« Seit dem späten 19. Jh. – b) leicht tö-
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richtes Mädchen; geschlechtlich noch nicht reifes Mädchen. 1920 ff.
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9. blauer Engel = a) betrunkenes Mädchen. 1930 aufgekommen im Zusammenhang mit dem am 1. April 1930 in Berlin uraufgeführten Film »Der blaue Engel« (mit Marlene Dietrich und Emil Jannings) nach dem Roman »Professor Unrat« von Heinrich Mann (1905). blau = betrunken. – b) Flugzeug- Stewardeß. Wegen der blauen Tuchfarbe. 1960 ff. – c) weiblicher Angehöriger des innerstädtischen Lotsendienstes in Hamburg. Sie ist hellblau gekleidet. 1971 ff. – d) Politesse. 1970 ff. – e) blaue Engel (pl ) = aa) Felicitas-Dienst. Angehörige einer Firmenvereinigung, die Neuvermählten eine Gratisgabe zukommen läßt. Die Damen sind in Blau gekleidet. 1964 ff. – bb) Beamte der Wasserschutzpolizei. Wegen des blauen Uniformtuchs. 1950 ff.
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10. blonder Engel = Eierlikör (Bluna mit Eierlikör). 1965 Mainz (auf einer Getränkekarte).
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11. fliegender Engel = Flugzeug-Stewardeß. Schweiz 1935 ff.
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12. gefallener Engel = a) ledige Mutter. Als gefallener Engel gilt in der Bibel der Teufel (Luzifer). 19. Jh. – b) junge Prostituierte. 19. Jh.
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13. gelbe Engel = Pannenhilfsdienst eines Automobilklubs (ADAC, ÖATMC). Die Autos sind gelb lackiert. 1960 ff.
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14. gelber Engel der Luft = Hubschrauber des ADAC. 1970 ff.
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15. grüner Engel = Fallschirmjäger. Er trägt eine grüne Kombination und schwebt wie ein Engel vom Himmel herab. BSD 1965 ff.
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16. luftiger Engel = Flugzeug-Stewardeß. 1960 ff.
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17. schwarze Engel = Rocker. Wegen der schwarzen Lederkleidung. Hamburg 1968 ff.
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18. unschuldsvoller Engel = unberührtes, naives Mädchen. 1900 ff.
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19. wilder Engel = a) motorisierter Fernsehkurier. 1970 ff. – b) pl = Rocker; Motorradbanden. 1968 ff.
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20. ein Engel mit einem B davor = frecher Junge. Gemeint ist »Bengel«. Seit dem späten 19. Jh.
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21. Engel in F-Dur = frecher Junge. Die F-Dur-Tonleiter weist die Note b auf. 1900 ff.
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22. vornehm wie ein gestorbener Engel = unnahbar; kühl abweisend. Hergenommen von Engelsgestalten auf Grabdenkmälern. 1910 ff.
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23. ein Engel fliegt (geht, schwebt) durchs Zimmer = Redensart, wenn inmitten lebhafter Unterhaltung plötzlich Stille eintritt. Fußt auf der alten Anschauung, daß in Gegenwart eines überirdischen Wesens Stillschweigen angemessen ist. Spätestens seit 1800.
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24. mit den Engeln geigen = tot sein. Berührt sich mit der volkstümlichen Vorstellung, daß die Engel im Himmel zur Ehre Gottes musizieren. Sold 1939 ff. Vgl engl »to play the harp«.
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25. ich kann nicht mehr, und käme mir ein gebackener (gebratener) Engel daher: Redewendung eines Gesättigten. Der gebackene oder gebratene Engel ist wohl als eine leicht eingängliche Leckerei zu verstehen. 1900 ff.
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26. die Engel kegeln = es donnert. Vermenschlichung des Himmlischen. 1800 ff.
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27. ein Kind zu einem Engel machen = ein anvertrautes Kind unehelicher Geburt absichtlich umkommen lassen. Ein grimmiger Scherz beschönigenden Charakters: Kinder, die früh sterben, denkt man sich als Engel im Himmel. 1800 ff.
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28. aus jm einen Engel machen = jn unsanft hinausweisen, plötzlich entlassen. Variante zu » fliegen = entlassen werden«. 1900 ff.
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29. die Engel pinkeln = es regnet fein. 1920 ff.
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30. es schmeckt, wie wenn einem ein Engel auf die Zunge (aufs Herz) pinkelt = es mundet hervorragend. Frommer Sinn glaubt, daß die Engel dem Menschen nur Gutes und Liebliches bescheren. Im Badischen bezeichnet man mit »Engelbrunz« den hochfeinen Wein. 1900 ff.
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31. mit den Engeln pussieren = tot sein. pussieren. Sold 1939 ff.
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32. wenn Engel reisen, lacht der Himmel: Redewendung, wenn einer bei Sonnenschein verreist. »Engel« meint hier den guten Menschen. 1900 ff.
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33. wenn Engel reisen, weint der Himmel: Redewendung, wenn einer bei Regenwetter auf Reisen geht. Hier meint man mit dem »Engel« das im zarten Alter gestorbene Kind. 1900 ff.
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34. kein Engel sein = nicht schuldlos, sittlich nicht einwandfrei sein; (im selbstbezogenen Gebrauch:) ein ganz normaler Mensch sein. 19. Jh.
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35. die Engel im Himmel singen (pfeifen) hören = a) verzückt, begeistert, hingerissen sein. Die alte Vorstellung von der Harmonie der Sphären drückt sich in volkstümlich-christlichem Glauben aus in der Meinung, die Engel musizierten im Himmel. 1700 ff. – b)
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bezecht sein. Der heitere Zecher ist mit sich und der Welt einig und fühlt sich »im siebten Himmel« schweben. 1700 ff. – c) heftigen Schmerz empfinden. Iron Variante von a. Seit dem späten 17. Jh.
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36. bis man Engel wird = a) lebenslang, lebenslänglich. Verbrecherspr. 1930 ff. – b) bis zum Tod auf dem Schlachtfeld. Sold 1939 ff.
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