Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Elend
Elend n \
1. Arbeitshaus. Verkürzt aus »graues Elend«; Elend 5. 19. Jh.
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2. ach du Elend!: Ausruf des Erschreckens, der Überraschung o. ä. Hergenommen von der Klage auf die Armseligkeit und Hinfälligkeit alles Irdischen, wie sie frommen, enttäuschten oder weltflüchtigen Menschen eigen ist. Im späten 19. Jh. aufgekommen.
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3. besoffenes Elend = a) Rausch, in dem der Bezechte all sein Unglück vervielfacht empfindet. 1800 ff. – b) Betrunkener. 1900 ff.
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4. glänzendes Elend = prunkvolles Auftreten in der Öffentlichkeit bei dürftigen Privatverhältnissen; Lebensweise, die zuungunsten der wirtschaftlichen Verhältnisse einen großen Aufwand erfordert. Aus der christlichen Auffassung von der Nichtigkeit der irdischen Güter gegen das Ende des 18. Jhs weiterentwickelt zur heutigen Bedeutung, die Goethe 1774 noch als »innere Hohlheit« begreift.
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5. graues Elend = a) Selbstvorwürfe des Zechers; seelische Beklemmung; Hoffnungslosigkeit des Strebens o. ä. Man sieht alles »grau in grau«, und grau ist auch die Asche, die als Sinnbild der Reue gilt. 1500 ff. – b) Arbeitshaus. Anspielung auf die graue Außenfront.
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Rotw seit dem frühen 19. Jh.
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6. heiliges Elend!: Ausruf der Überraschung, des Erschreckens o. ä. 1900 ff.
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7. heulendes Elend = Weinen aus Niedergeschlagenheit und Hilflosigkeit; Weinkrampf; Gestimmtheit zu Selbstvorwürfen oder Selbstbemitleidung. 1890 ff.
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8. langes Elend = großwüchsiger Mensch. Entweder ist es ein »Elend«, daß der Betreffende so groß ist, oder »langes Elend« ist aus gleichbed »langes Element« hervorgegangen. 1900 ff.
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9. trunkenes Elend = mit Selbstvorwürfen erfüllter Zustand der Trunkenheit. 1500 ff.
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10. übermaltes Elend = dicke Schminkauflage auf sehr faltigem Gesicht. 1955 ff.
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11. weinendes Elend = im Zustand der Trunkenheit vorgebrachte Selbstvorwürfe; Selbstbemitleidung. 1900 ff.
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12. aussehen wie ein wandelndes Elend = bleich aussehen. 1900 ff.
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13. es ist ein Elend mit ihm = es ist nicht leicht mit ihm; er macht einem das Leben schwer; der Sorgen um ihn wird man nicht Herr. 19. Jh.
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