Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Ei
Ei n \
1. Eierhandgranate. Sold 1914 bis heute.
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2. Fliegerbombe. Bis 1916 hatten die von deutschen Fliegern abgeworfenen Bomben Eiform. 1914 ff bis heute.
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3. Seemine. Marinespr in beiden Weltkriegen.
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4. Sache, Vorgang. Das Ei gilt wegen seiner gefälligen Form als schöne, runde Sache. 1910 ff.
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5. Rugbyball. Sportl 1950 ff.
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6. Fußball. Sportl 1950 ff.
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7. Eierlikör. Kellnerspr. 1955 ff.
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8. dummer, wunderlicher Mensch. Verkürzt aus Eierkopf. 1920 ff.
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9. pl = Mark; Geldmittel; Wohlstand. Meint eigentlich nur die Geldmünzen und bewahrt die Erinnerung an den unmittelbaren Tauschverkehr. Für den Bauern sind Eier so gut wie bares Geld. 1900 ff.
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10. pl = Hoden. Wegen der Formähnlichkeit. 19. Jh.
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11. das Ei in der Bouillon = die Sache, auf die es ankommt; das Ausschlaggebende. Seit dem späten 19. Jh.
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12. Ei in der Tüte = Eipulver. 1920 ff.
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13. armes Ei = bedauernswerter Mann. Ei 8. 1920 ff.
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14. ach du armes (dickes) Ei!: Ausruf der Enttäuschung, des Erstaunens. Leitet sich her entweder vom erstaunlich dicken Hühnerei oder vom dicken Hoden. Das »arme Ei« ist entweder das zerbrochene Ei oder der beschädigte Hoden. 1920 ff.
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15. dickes Ei = a) Hodenschwellung infolge einer Geschlechtskrankheit. 1910 ff. – b) Lufttorpedo. Ei 2. Fliegerspr. 1939 ff. – c) sehr große Schwierigkeit; eine wegen der Schwierigkeit beachtliche Leistung; sensationelle Nachricht; große Überraschung. Leitet sich wohl vom ungewöhnlich dicken Ei her, vielleicht gar vom Straußenei, das zu legen man als Leistung besonderer Art würdigt. 1910 ff. – d) enge Freundschaft. Geht zurück auf eineiige Zwillinge. 1850 ff.
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16. doofes Ei = dümmlicher Kerl. 1900 ff.
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17. dummes Ei = dummer Mensch. 1900 ff.
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18. faules Ei = a) anrüchige Sache; fragwürdiges Unternehmen; Sache, der man nicht trauen kann; Fehlleistung; Versagen. Das ungenießbar gewordene Ei stinkt. 19. Jh. – b) falsche Nachricht; Lügennachricht. 1910 ff. – c) unzuverlässiger Mensch. 1910 ff. – d)
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untergeschobenes Kind. 1910 ff. – e) Blindgänger. 1939 ff, sold . – f) Versager. 1939 ff.
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19. Großdeutsches Ei = Messerschmitt-Roller. Er ist eiförmig. 1953 ff.
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20. großes Ei = große Überraschung. 1900 ff, jug .
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21. hartes Ei = schwieriger Fall; ungelöstes Problem; starke Zumutung. Leitet sich her vom Gips- Ei. 1940 ff.
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22. hartgekochtes Ei = a) unerschütterlicher Mensch. hartgesotten. Ziv und sold 1939 ff. – b) bewährter Frontsoldat. Sold 1939 ff.
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23. hohles Ei = a) unsympathischer Mensch. Der Betreffende ist innerlich leer, substanzlos. 1945 ff, jug . – b) Dummer; Klassenschlechtester. 1945 ff.
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24. kluges Ei = Besserwisser. Ei 8. 1900 ff. Hängt zusammen mit dem Sprichwort »das Ei will klüger sein als die Henne«.
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25. krummes Ei = Kot des Hahns oder des Menschen. 1900 ff.
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26. linkes Ei des Kolumbus = Lösung, die sich als schlecht erweist; Mißerfolg großen Ausmaßes. Link = schlecht, falsch. 1930 ff.
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27. rohes Ei = a) Sache, die man sehr vorsichtig betreiben muß. Ungekochte Eier sind hochempfindlich. 1700 ff. – b) sehr empfindlicher Mensch. 1700 ff.
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28. taubes Ei = Versager; einflußloser Mensch Ei 16. Das taube Ei ist eigentlich das unbefruchtete Ei. 1920 ff.
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29. tiefgerührtes Ei = Rührei. Ein sprachlicher Spaß: tiefgerührt sein = innerlich sehr bewegt sein. Kellnerspr. 1950 ff.
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30. ungelegte Eier = erst in der Planung befindliche, im Werden begriffene Dinge. Sinnbild des Nichtverwirklichten. 1500 ff.
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31. verfaultes Ei = Versager. Ei 18. Schül 1950 ff.
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32. weiches Ei = willenloser, energieloser Mann; Mann ohne eigene Meinung. Weich = willensschwach. 1935 ff.
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33. weichgekochtes Ei = dummer, energieloser Mensch. Berlin 1920 ff.
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34. für ein Ei und ein Butterbrot = gegen geringe Gegenleistung; unter Preis. Analog zu Apfel 6. 1700 ff.
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35. wie aus dem Ei = elegant, sauber gekleidet. Gekürzt aus »wie aus dem Ei gepellt«. Ei 56.
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1900 ff.
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36. die Eier abgießen (abschütten) = harnen. Hergenommen vom Abgießen des Wassers von den gekochten Eiern. 19. Jh.
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37. Eier abladen = Bomben werfen. Ei 2. Fliegerspr. in beiden Weltkriegen.
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38. etw mit einem Ei abrühren = eine Sache vielversprechend, vorteilhaft darstellen, um Anhänger für sie zu gewinnen. Die mit einem Ei abgerührte Suppe ist nahr- und schmackhafter. 1940 ff.
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39. jm die Eier abschleifen = jn rücksichtslos, entwürdigend behandeln. Ei 87. Sold 1939 ff.
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40. jn mit einem Ei und Butterbrot abspeisen = jn schlecht entlohnen. Ei 34. 1920 ff.
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41. antreten mit Ei und Glied = a) antreten zur militärischen Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten. Scherzhaft nachgebildet der Aufforderung: »antreten in Reih und Glied!«. 1940 ff, sold . – b) gemeinsam im Wehrmachtsbordell koitieren. 1940 ff.
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42. ein Ei ausbrüten = einen Plan entwickeln. Ei 10. 19. Jh.
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43. Eier ausbrüten = lange im Bett bleiben; nicht aufstehen mögen. Scherzhaft meint man, der Betreffende
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sitze auf Eiern wie die Henne. 1700 ff.
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44. jm die Eier ausquetschen = jn nachdrücklich, streng verhören. Geht zurück auf ein Folterverfahren. 1933 ff.
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45. jn wie ein rohes Ei behandeln (mit jm umgehen wie mit einem rohen Ei) = jn sehr behutsam behandeln. Ei 27. 1700 ff.
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46. man möchte sich vor Wut in die Eier beißen!: Ausruf heftigen Zorns. Vor Wut möchte man Unsinniges tun. Ei 10. 1950 ff.
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47. du wärst besser in den Ei ern deines Vaters geblieben!: Ausdruck der Abweisung. Meint dasselbe wie »du wärst besser nicht geboren!«. Sold 1939 ff.
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48. das boxt einen in die Eier = das trifft empfindlich, ist äußerst widerwärtig. Schläge oder Tritte gegen den Hodensack sind äußerst schmerzhaft. 1940 ff.
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49. ein Ei fallen lassen = eine Fliegerbombe fallen lassen. Ei 2. Sold in beiden Weltkriegen und BSD .
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50. mir fällt ein Ei aus dem Beutel!: Ausdruck der Überraschung. Beutel = Hodensack. BSD 1960 ff.
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51. mir fällt ein Ei aus der Hose!: Ausdruck der Überraschung. BSD 1960 ff.
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52. ein Ei finden = unerwartet Glück haben; eine freudige Überraschung erleben. Hergenommen vom zufälligen Fund eines von der Henne verlegten Eies. 1930 ff.
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53. du hast wohl ein hartes (faules) Ei gefrühstückt?: Frage an einen Begriffsstutzigen. Das »harte Ei« spielt auf den harten Kopf an. 1920 ff.
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54. auf Ei ern gehen (wie auf Eiern gehen)= vorsichtig, behutsam gehen; einen trippelnden Gang haben. 1500 ff. Vgl franz »marcher sur des œufs«.
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55. jm auf die Eier gehen = jn nervös machen. Die Hoden als hochempfindliches Organ. 1945 ff.
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56. wie aus dem Ei gepellt (geschält) = sehr sauber; sehr appetitlich; kleidsam gekleidet. Nach Entfernung der Schale kommt das blendend weiße (gekochte) Ei zum Vorschein. 1600 ff.
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57. es gleicht (ähnelt) wie ein Ei dem anderen = es ist zum Verwechseln ähnlich. Eier sind weitgehend formgleich. 1500 ff.
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58. gönn' dir erst mal ein Ei!: Rat an einen Dummen oder Müden. Eier kräftigen. 1930 ff, jug .
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59. mit jm ein dickes Ei haben = sich mit jm gut verstehen. Ei 15 d. 1920 ff.
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60. das hat seine Eier = das hat seine Schwierigkeiten. Anspielung auf die lange Brutzeit, verbunden mit der Ungewißheit des Erfolgs. 1800 ff.
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61. ein Ei am Wandern haben = dumm sein. Geht wohl von »Ei = Hode« aus und stellt sich den Vorgang vor wie bei der Wanderniere. Aus der physischen Anomalie wird eine geistige. BSD 1965 ff.
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62. das haut einem die Eier aus dem Sack!: Ausdruck des Erstaunens, des Unmuts. 1935 ff.
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63. jm die Eier hochbinden = jn dienstlich streng behandeln; jn streng einexerzieren. Arsch 144. Sold 1939 ff.
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64. Eier kegeln = die Hände in den Hosentaschen haben. Anspielung auf Betasten der Hoden. BSD 1965 ff.
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65. Eier kippen = Eier gegeneinanderstoßen. Kippen = die Spitze ab-, einschlagen. Beliebtes Spiel beim Ostereieressen. 1800 ff.
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66. sich die Eier klemmen = eine unangenehme Überraschung erleben (selbst verschulden). Eier = Hoden. 1910 ff.
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67. in ihm klopfen die Eier = er begehrt Geschlechtsverkehr. Man denkt es sich so, als ob die Hoden sich im Hodensack bewegten wie der Klöppel in der Gloc-
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ke. 1910 ff.
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68. da klopfe ich mir ein Ei drüber!: Redensart der Gleichgültigkeit. Sollte die Speise nicht munden, kann man ein Ei darüberschlagen und dadurch den Geschmack verbessern. BSD 1965 ff.
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69. die Eier läuten = die Hoden betasten. 1900 ff.
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70. nicht wissen, wo man sein Ei hinlegen (legen) soll = ratlos sein; nichts zu sagen wissen. Hergenommen von der Henne, die emsig und wie hilflos nach einem Eiablageplatz sucht. 1900 ff.
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71. ein Ei legen = a) koten. 15. Jh. Vgl franz »poser un œuf.« – b) koitieren. 1930 ff. – c) einen guten Einfall haben; eine Erfindung machen; etw ausklügeln. Das Ei als sichtbare Wertleistung des Huhns. 1900 ff. – d) sich endlich zu einem Entschluß durchringen. Meist in der Befehlsform. 1950 ff.
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72. leg endlich dein Ei und gackere! = sprich endlich! 1950 ff.
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73. Eier legen = ein Geständnis ablegen. 1950 ff, polizeispr.
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74. jm ein Ei legen = a) den Mitschüler abschreiben lassen. 1960 ff, schül . – b) jm Schwierigkeiten bereiten; jm einen bösen Streich spielen. 1950 ff.
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75. solche Eier legen die Hühner in Kalabrien = diese hohe Karte kann keiner überstechen; mit dieser Karte heimse ich einen hochwertigen Stich ein. Wohl eine Kraftmenschenrede ohne ernsthafte Zusammenhänge. Kartenspielerspr. seit dem späten 19. Jh. bis heute.
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76. das Ei hat die Katze gelegt: Redewendung, wenn eine unerwartet hohe Karte ausgespielt wird. Gemeint ist, daß dies kein übliches (natürliches) Vorgehen ist. 1900 ff, kartenspielerspr.
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76 a. ein faules Ei legen = eine anrüchige Nachricht absichtlich verbreiten. Ei 18. 1950 ff.
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77. es ist, um harte Eier zu legen = es ist hochsommerlich warm. Bei solcher Hitze (meint man scherzhaft) legen die Hühner die Eier gleich hartgekocht. 1930 ff.
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78. jm ein Ei ins Nest legen = eine Ehefrau außerehelich schwängern. Fußt auf der Vorstellung vom Kuckucksei. 1500 ff.
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79. das Ei neben das Nest legen = sich gröblich irren. 1920 ff.
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80. Eier legen = a) Bomben abwerfen. Ei 2. Sold in beiden Weltkriegen. – b) ein Gelände verminen; Seeminen legen. Sold 1939 ff. Gleichbed engl »to lay eggs«.
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81. ein Ei pflanzen = koten. Kundenspr. 1900 ff.
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82. ein faules Ei platzt = ein bedenkliches Vorhaben scheitert. Ei 18. 1950 ff.
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83. jm die Eier polieren = jn heftig prügeln, streng behandeln, nachdrücklich bestrafen. 1937 ff.
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84. jm die Eier quetschen = a) einen Prostituiertenkunden erpressen. 1920 ff. – b) einen Zahlungsunwilligen oder -säumigen verprügeln. 1920 ff. – c) jn überstreng behandeln. Sold 1935 ff.
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85. Eier, rührt euch = Rühreier. Sprachlicher Spaß von Kellnern. 1950 ff.
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86. das schlägt mir auf die Eier!: Ausdruck des Unmuts. BSD 1965 ff.
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87. jm die Eier schleifen = jn drillen, im Dienst quälen. Ei 10; schleifen 1. 19. Jh.
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88. jm die Eier schleifen bis aufs Gelbe = jn scharf einexerzieren. Seit dem späten 19. Jh., sold .
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89. soll ich Ihnen die Eier vierkant schleifen?: Drohfrage des militärischen Ausbilders. Ei 87. Sold 1939 ff.
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90. das ist ein Ei = a) das ist hervorragend. Ei 4. 1910 ff. – b) das ist eine unangenehme, bedenkliche
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Sache. Verkürzt aus »faules Ei«. 1900 ff.
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91. das ist eine Sache mit Ei und Zucker, das nährt: Ausdruck großer Anerkennung. Jug 1930 ff.
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92. 'ein 'Ei sein = engbefreundet sein. Ei 15 d. 1920 ff.
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93. das Ei ist faul = das Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt; die Angelegenheit erregt Bedenken. Ei 18 a. 1900 ff.
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94. ein Ei setzen = koten. Kundenspr. 1900 ff.
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95. auf Ei ern sitzen = nicht aufstehen mögen. Ei 43. 1700 ff.
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96. jm in die Eier stoßen = einen Mann antreiben. Ei 10. Fußt wohl auf der entsprechenden Behandlung des Stiers. 1935 ff.
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97. jm die Eier streicheln = einem Mann schmeicheln. Ei 10. 1900 ff.
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98. achteckige Eier suchen = sehr hohe, (fast) unerfüllbare Wünsche haben. 1920 ff.
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99. jm auf die Eier trampeln = a) jn im Dienst quälen. 1900 ff. – b) jn durch fortwährende Behelligung nervös machen. 1900 ff.
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100. ein weiches Ei werden = beim Verhör ein Ge-
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ständnis ablegen. Ei 32. 1935 ff.
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101. goldene Eier verdienen = viel Geld verdienen. Ei 9. 1960 ff.
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