Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Besen
Besen m \
1. Hausangestellte (Dienstmädchen, -magd). Meint anfangs das Mädchen aus niederen Kreisen. Benannt nach dem berufstypischen Handwerkszeug. Seit dem späten 18. Jh., wahrscheinlich unter Studenten aufgekommen.
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2. Mädchen, Schülerin. 1800 ff.
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3. minderwertiges Mädchen; zänkische, unsympathische Frau. Nach 1830 vorgedrungen, vielleicht unter Einfluß der Vorstellung von einer Hexe, die auf dem Besen reitet.
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4. Kosewort; auch gutmütiges Scheltwort. Weiterentwickelt im 19. Jh. aus dem Begriff »Dienstmagd«. Vgl auch das Vorhergehende (»Hexchen« ist gleichfalls eher ein Kose- als ein Scheltwort).
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5. Blumenstrauß. Meint wohl den unschönen. Verkürzt aus Riechbesen. Halbw 1950 ff.
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6. Penis; Schamhaare. Gekürzt aus »Reiserbesen«, der aus Ruten (dünnen Zweigen) hergestellt wird; »Rute« ist in der Jägersprache der Schwanz, und »Schwanz« meint den Penis. 19. Jh., sold .
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7. kräftiger, selbstbewußter Mensch; herrische Person. Wohl übertragen vom Auftreten einer entspre-
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chenden Hausangestellten. 1930 ff.
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8. Zigarre, die am glimmenden Ende aufplatzt. Sie ähnelt einem Quast. 1910 ff.
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9. scharfer Besen = überstrenger Vorgesetzter. Besen 7; scharf. Volksweisheit besagt, neue Besen kehren gut (kehren scharf), d. h. neue Herren richten streng. Sold 1939 ff.
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10. einen geladenen Besen abschießen = unbemerkt ein ganzes Spiel Karten auswechseln. »Besen« bezeichnet (1906) das zum Falschspiel hergerichtete (gezinkte) Spiel Karten und soll auf jidd »be es = mit Glück« zurückgehen. 1964 ff.
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11. ich fresse einen Besen!: Ausdruck der Verwunderung. Der Anlaß des Staunens ist so ungewöhnlich, daß man selber Ungewöhnliches tun möchte. In Berlin im ausgehenden 19. Jh. aufgekommen und meist verbunden mit Zusätzen wie den folgenden:
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12. ich fresse einen Besen, aber weichgekocht; ich fresse einen Besen, der 14 Tage (vier Wochen, 7 Jahre) in der Scheiße (Scheune) gestanden hat; ich fresse einen Besen mit der Scheuerfrau (mit Putzfrau); ich fresse einen Besen mit Stiel (in jedem Zustand); ich fresse zehn Besen!: Ausdruck der Verwunderung (zuweilen auch der Beteuerung). 1900 ff.
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13. eher fresse ich einen Besen, als daß ich... = lieber tue ich dies, als daß ich auf eine solche Zumutung eingehe. 1900 ff.
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14. mit eisernem Besen kehren = gründlich und rücksichtslos Ordnung schaffen. 1800 ff.
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15. jn auf den Besen laden = jn veralbern. Um 1900 aufgekommen, wahrscheinlich zusammenhängend mit einem Spiel, bei dem der Verlierer sich auf einen Besenstiel setzen mußte und so umhergetragen wurde, wobei er meist herabfiel.
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16. leck mich am Besen!: derbe Abweisung. Besen = Schamhaare. 19. Jh.
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17. jn durch (auf, über) den Besen pissen lassen = jn von seiner schlechten Laune abbringen. Diese Praxis galt in abergläubischer Denkweise der Feststellung, ob die betreffende Person eine Hexe (ein Hexer, Hexenmeister) sei oder nicht. 1900 ff.
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18. wenn Gott will, (manchmal) schießt ein Besen = manchmal ist auch das unmöglich Scheinende möglich. Unter Kartenspielern verbreitete Redensart; etwa seit 1930.
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19. ich schlucke einen Besen: Ausdruck der Beteuerung, auch der Verwunderung. Besen 11. 1950 ff.
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20. jn über den Besen springen lassen = jn streng behandeln, ausschelten. Tiere ließ man früher über einen Besen springen, um sie ans Haus zu binden; dabei ging es nicht sanft zu. Einfluß von sogen. Hexenproben (Hexenprüfungen) der Inquisition wahrscheinlich. 1500 ff.
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21. er hat einen Besen verschluckt = er steht steif, förmlich, kann sich nicht verneigen. Besenstiel 8. 1900 ff.
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