Wörterbuch der deutschen Umgangssprache
Auge
Auge n \
1. After. Halbwegs zutreffend für einen, der das Gesäß als »zweites ⇨ Gesicht« bezeichnet. BSD 1965 ff.
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2. Auge der Führung = Aufklärungseinheiten der Luftwaffe. 1939 ff.
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3. Auge des Gesetzes = Polizeibeamter. Fußt auf »Das Lied von der Glocke« von Schiller, 1800.
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4. Augen, die man mit der Knopfgabel putzen kann = stark hervortretende Augen. 1910 ff.
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5. mit bewaffnetem Auge = mit Brille. 19. Jh.
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6. nicht um der blauen Augen willen = nicht um des ehrlichen Anscheins willen. 1930 ff.
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7. ach du dickes Auge!: Ausruf der Überraschung. Das dicke Auge rührt von einem Schlag aufs Auge her; der Anblick solch eines Auges ruft Erschrecken oder Überraschung hervor. 1950 ff.
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8. drittes Auge = a) Fotoapparat. 1950 ff. – b) Fernsehgerät im Dienste der Verkehrsüberwachung, der medizinischen Wissenschaft, in Kaufhäusern. 1955 ff.
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9. fliegendes Auge = (Aufklärungs-)Flugzeug mit automatischer Scharflinsen-Kamera. Sold 1939 ff.
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10. scharfe Augen = a) schöne Augen. Versteht sich aus dem Gegenwort »stumpf = keine geistige Regung widerspiegelnd«. 1960 ff. – b) Augen mit sinnlich-lüsternem Ausdruck. ⇨ scharf. 1960 ff.
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11. um der schönen Augen willen = aus Liebenswürdigkeit, Galanterie o. ä. Geht möglicherweise zurück auf franz »pour les beaux yeux« in »Les précieuses ridicules« (»Die lächerlichen Preziösen«) von Molière. 1920 ff.
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12. mit unbewaffnetem Auge = mit bloßem Auge. 19. Jh.
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13. künstlich verlängerte Augen = Fernglas; Blick durch das Fernglas. Spätestens seit dem ausgehenden 19. Jh.
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14. Augen zu, – Schwanz hoch! = nur Mut! nicht verzagt! Soll sich vom Geschlechtsverkehr mit einer häßlichen Frau herleiten. 1930 ff.
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15. sie sieht einen mit keinem Auge an = es ist eine Wassersuppe. Ihr fehlt jegliches Fettauge. 1920 ff.
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16. sie sieht einen nur mit einem Auge an = die Suppe (Tunke, Milch o. ä.) ist fettarm. 1920 ff.
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17. die Augen gehen ihm auf = endlich durchschaut er die Sache. Hergenommen von blindgeborenen Tieren.
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1500 ff.
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18. die Augen aufknöpfen = scharf hinsehen; genau beobachten. Nachbildung zu »die ⇨ Ohren aufknöpfen«. 19. Jh.
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19. jm die Augen aufknöpfen = jm zu richtigem Verständnis verhelfen; jn aufklären. 19. Jh.
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20. die Augen aufsperren = achtgeben; aufmerksam beobachten. Aufsperren = weit öffnen. 19. Jh.
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21. jn mit den Augen aufspießen = jm sehr aufmerksam (mißtrauisch) zuhören. Man wirft ihm stechende Blicke zu. 1920 ff.
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22. ihm fallen (fast) die Augen aus (dem Kopf) = er blickt angespannt, neugierig, lüstern. 19. Jh.
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23. sich die Augen ausgucken (ausschauen) = langanhaltend, angestrengt Ausschau halten. 19. Jh.
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24. sich die Augen auskegeln = spähend blicken. Gemeint ist, daß man mit Augen wie Kegelkugeln lebhaft rundum blickt. Vgl ⇨ Auge 27. Bayr 1920 ff.
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25. ich könnte ihm die Augen auskratzen!: Ausdruck bitterer Enttäuschung über einen Menschen; Ausruf eines (einer) Eifersüchtigen. Man möchte den Betreffenden blind machen, damit er keinem mehr »schöne Augen« machen kann. 19. Jh.
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26. jm die Augen auskratzen = jn überlegen besiegen. Bedeutungsabschwächung; eigentlich ist gemeint, daß man den Gegner durch Blenden kampfunfähig macht. Sportl 1950 ff.
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27. sich nach jm die Augen auskugeln = angestrengt nach jm Ausschau halten. Vgl ⇨ Auge 24. Bayr 1920 ff.
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28. die Augen ausruhen = schlafen. 1910 ff, sold und ziv .
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29. jm die Augen auswischen = a) jn betrügen, täuschen, übervorteilen. Gemilderte Bedeutung von »jm die Augen ausdrücken (auswischen) = jm brutal die Augäpfel mittels der Daumen herauspressen«. 1800 ff. – b) jn schröpfen, erheblich zahlen lassen. 19. Jh.
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30. sich die Augen auswringen = heftig weinen. Wringen = windend drehen (wie man der Wäsche das Wasser entzieht). 1939 ff.
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30 a. jn mit den Augen ausziehen = jn (eine weibliche Person) lüstern betrachten. 1920 ff.
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31. mit den Augen baden = dem Strandleben zusehen. 1960 ff.
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31 a. seine Augen bewaffnen = eine Brille o. ä aufset-
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zen. 19. Jh.
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32. da bleibt kein Auge trocken = a) vor Trauer oder Rührung weinen alle; man täuscht Rührung vor; man lacht unmäßig. Fußt auf einer Zeile des Gedichts »Paul. Eine Handzeichnung« von Johann Daniel Falk (1799). Etwa um 1830 in obigen Bedeutungen aufgekommen. – b) Redensart zur Bezeichnung für ein Höchstmaß an Entbehrung, Strapazen, Drill usw. Sold 1914 ff.
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33. da bleibt kein Auge trocken und keine Hose tränenleer = das berührt alle tief (iron ). 1920 ff, stud .
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34. mit einem blauen Auge davonkommen = aus einer Gefahr mit einem geringen Schaden hervorgehen. Leitet sich her von Prügeleien, bei denen man bloß einen blauen Fleck neben dem Auge davonträgt und das Augenlicht nicht einbüßt. 1700 ff.
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34 a. die Augen dichtmachen = die Augen zum Einschlafen schließen. Sold 1939 ff.
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35. die Augen ins letzte Gewinde drehen = scharf beobachten. Wohl hergenommen von der Schraube (Mikroschraube). Marinespr 1939 ff.
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36. jm ein Auge eindrücken = in der Autokarosserie eine Delle verursachen. Der Ausdruck spielt auf eine gewisse Formähnlichkeit an. 1950 ff.
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37. die Augen auf unendlich einstellen = gedankenlos ins Leere blicken. Leitet sich her von der Kameraeinstellung. 1930 ff.
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38. ihm fallen fast die Augen aus dem Kopf ⇨ Auge 22.
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39. jm die Augen aus dem Kopf fallen lassen = jn durch geschlechtliche Bloßstellung aufreizen, lüstern machen. 1900 ff.
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40. die Augen federn = geschlechtlich unruhig sein. Federn = die Lider schnell aufund abbewegen; unruhig blinzeln. BSD 1965 ff.
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41. mit den Augen ticken = lüsterne Blicke tauschen. ⇨ ficken. 19. Jh.
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42. es geht ins Auge = es wird ein empfindlicher Mißerfolg. Das Auge als hochempfindliches Organ ist schnell verletzt, und die Beschädigung ist meist nicht zu beheben. 1900 ff.
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43. das kann ins Auge gehen = das kann eine böse Entwicklung nehmen; das kann scheitern. 1900 ff.
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44. dir ist wohl lange kein Auge über das Chemisett (das Oberhemd; die Weste) gerollt (gekullert) – (dir ist wohl noch nie ein Auge über die Weste gekleckert)?: Drohfrage. 1920 ff, Berlin.
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45. von hinten durch das Auge in die Brust geschossen = hinterrücks; auf dem unsinnigsten Umweg. Sold 1914 bis heute.
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46. sich einen in (auf) die Augen gießen = trinken. Die Augen als Lichter stehen in Analogie zu »Lampe«; vgl »einen auf die ⇨ Lampe gießen«. 1900 ff.
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47. sich die Augen aus dem Kopf glotzen = starr blicken; sehr neugierig (mit dummem Gesichtsausdruck) blicken. ⇨ glotzen. 19. Jh.
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48. sich die Augen aus dem Kopf gucken ⇨ Auge 23.
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49. wieder klar aus den Augen gucken = nach Verrichtung der großen Notdurft sich erleichtert fühlen. In fröhlicher Meinung spiegelt sich Stuhlverhärtung im Augenausdruck wider. 1900 ff.
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50. dicke Augen haben = Stuhldrang verspüren. Vgl das Vorhergehende. BSD 1960 ff.
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51. drei Augen haben = fotografieren. ⇨ Auge 8 a. 1950 ff.
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52. wieder klare Augen haben = den Abort erfolgreich aufgesucht haben. Vgl ⇨ Auge 49. 1900 ff.
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53. einen kleinen (lütten) im Auge haben = leicht betrunken sein. Hinter »kleinen« ergänze »Nebel«.
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1920 ff.
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54. zwei schöne Augen haben = einen üppigen Busen haben. Hehlausdruck, wahrscheinlich einem Witz entnommen: Auf das Postkartenbild einer Eingeborenen in Volkstracht schreibt der Absender: »Zwei schöne Augen, was?«. 1930 ff.
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55. ein verklemmtes Auge haben = ein Monokel tragen. Monokel = Klemmglas. 1900 ff.
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56. daß du noch keine viereckigen Augen hast!: scherzhafte Äußerung der Verwunderung über einen leidenschaftlichen Fernsehzuschauer (dessen Augen sich eigentlich längst schon dem Bildschirmformat angeglichen haben sollten). 1965 ff.
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57. die Augen in der Tasche haben = nicht aufpassen; sich übertölpeln lassen. Vgl ndl »de ogen in zijn zak hebben« und franz »avoir les yeux dans les poches«. 18. Jh.
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58. hinten habe ich keine Augen = ich kann nicht sehen, was hinter mir geschieht. 19. Jh.
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59. ein paar Auge mehr im Spiel haben = der Überlegene sein. Stammt aus der Kartenspielersprache. 1920 ff.
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60. mit den Augen heiraten = lüstern nach Frauen sehen. 1900 ff.
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61. sich klare Augen holen = den Abort aufsuchen. Vgl ⇨ Auge 49. 1900 ff.
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62. mit den Augen klappern = kokettieren; Herren zwecks Bekanntschaftsanknüpfung zuzwinkern. Wohl hergenommen von den beweglichen Augendeckeln der Spielzeugpuppen oder von der Kasperlpuppe, die als einzige die Augen (mit leise klapperndem Geräusch) öffnen und schließen konnte. 19. Jh.
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63. mit den Augen klimpern = kokettieren. ⇨ klimpern. 19. Jh.
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64. Augen am Stiel kriegen = angespannt blicken. Vgl ⇨ Stielaugen. 1950 ff.
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65. klare Augen kriegen = a) sich auf dem Abort erleichtern. ⇨ Auge 49. 1900 ff. – b) nüchtern werden. 19. Jh.
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66. mit den Augen kullern = a) die Augen rollen. ⇨ kullern 1. 1900 ff. – b) flirtende Blicke schicken. 1920 ff.
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67. Auge auf Masse legen = schlafen. »Masse« ist vielleicht aus »Matratze« entstellt. Oder Anspielung auf die Schwere und Trägheit der physikalischen Masse. BSD 1965 ff.
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68. sich die Augen aus dem Kopf lesen = a) den Text
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zu nahe an die Augen halten. 1900 ff. – b) lesehungrig sein. 1900 ff.
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69. ein sauberes Auge linsen = eine gute Beobachtungsgabe besitzen. ⇨ linsen. Sold in beiden Weltkriegen.
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70. faule Augen machen = a) vor sich hinträumen. Sold 1935 ff. – b) schlafen. Sold 1935 ff.
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71. große Augen machen = Stiche mit hoher Punktzahl einheimsen. Große Augen = hochwertige Punkte. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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72. lange Augen machen = gierig blicken; etw zu erspähen suchen. 1910 ff.
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73. nackte Augen machen = lüstern blicken. 1920 ff.
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74. viereckige Augen machen = fernsehen. Wegen des (quasi) viereckigen Bildschirms. ⇨ Auge 56. 1965 ff.
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75. jn (etw) mit klinischem Auge mustern = jn (etw) scharf (und ohne Gefühlsregung) beobachten. »Klinisch« bezieht sich auf den Oberarzt, vor allem auf den Stabsarzt o. ä. 1935 ff.
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76. die Augen in die Hand nehmen = sich nicht übertölpeln lassen; scharf aufpassen. 18. Jh.
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77. ein Auge (ein paar Augen) voll Schlaf nehmen = eine (kurze) Zeitlang schlafen. 19. Jh.
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78. die Augen pflegen = ruhen, schlafen. ⇨ Augenpflege. 1920 ff.
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79. zwei Augen gucken rein, und keines sieht raus: Redewendung angesichts einer Wassersuppe. 1900 ff. Vgl ⇨ Auge 15.
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80. ein Auge riskieren = heimlich hinschauen; einen raschen Blick werfen. Eigentlich ist gemeint, daß einer Gefahr läuft, ein Auge zu verlieren. 1850 ff.
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81. ein paar Augen voll Schlaf riskieren = ein kurzes Schläfchen machen (in der Hoffnung, nicht vom Vorgesetzten überrascht zu werden). 1910 ff, sold und ziv .
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82. saufen bis zum Stillstand der Augen = sich betrinken. Anspielung auf den starren Blick des Bezechten. BSD 1960 ff.
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83. sich die Augen aus dem Kopf schämen = sich sehr schämen; vor Scham bitterlich weinen. 1900 ff.
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84. mit den Augen schlackern = verwundert sein. Schlackern (als Intensivum von »schlagen«) bezieht sich wohl auf die Aufund Abbewegung des Augenlids oder auf die Rechts- und Linksbewegung des Augapfels. 1930 ff.
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85. mit offenen Augen schlafen = vor sich hinträu-
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men; unaufmerksam sein. 19. Jh.
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86. jm das Auge schließen = jm beim Boxkampf einen so heftigen Schlag auf das Auge (die Augenumgebung) versetzen, daß die Lidspalte zuschwillt. 1950 ff.
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87. Augen schmeißen = stark flirten; verliebte Blicke werfen. Seit dem späten 19. Jh.
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88. die Augen schonen = schlafen. 1900 ff. Wahrscheinlich unter Soldaten aufgekommen.
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89. was sehen meine entzündeten Augen? = Was sehe ich? Die »entzündeten Augen« sind aus »entzückten Augen« burschikos entstellt. 1920 ff.
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90. mit dem linken (rechten) Auge in die rechte (linke) Westentasche sehen = stark schielen. In Berlin in der ersten Hälfte des 19. Jhs aufgekommen.
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91. kaum aus den Augen sehen können = a) ein feistes Gesicht haben; dicke Wangen haben. 1900 ff. – b) sehr erkältet sein; unter den Nachwehen eines Rausches heftig leiden. 1900 ff. – c) schlaftrunken, übermüdet sein. 1900 ff.
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92. schlafen, daß ein Auge das andere nicht sieht = tief schlafen. 1910 ff.
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93. ihre Augen waren voll Schlafs = beim Kartenspiel
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haben die Gegner eine günstige Gelegenheit verpaßt. Fußt auf Matthäus 26,43. 1900 ff.
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94. die Augen sind großer als der Magen (Mund, Bauch) = man häuft mehr auf den Teller, als man verzehren kann. Eine in verschiedenen Sprachen geläufige Vorstellung. 1500 ff.
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95. auf einem Auge war die Kuh scheel (blind) = beim Kartenspiel erreicht man nicht alle Stiche; die erforderliche Punktzahl ist bis auf einen erreicht. Seit dem späten 19. Jh.
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95 a. auf diesem Auge bin ich blind = dafür habe ich kein Verständnis. 1920 ff.
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96. auf dem linken (rechten) Auge blind sein = die kommunistische (rechtsradikale) Gefahr verkennen. 1960 ff.
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97. auf den Augen sitzen = Offensichtliches nicht bemerken. Nachgebildet den Redensarten »auf den ⇨ Händen sitzen« »auf den ⇨ Ohren sitzen«. Österr 1920 ff.
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98. Augen spiegeln = in der ersten Reihe dem Lehrer (Dozenten) gegenübersitzen. Dessen Auge spiegelt sich im Auge des Schülers (Hörers) wider. Stud 1935 ff.
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99. Auge spielen = beobachten; Beobachter, Späher sein. Sold 1939 ff.
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100. das Auge spitzen = scharf beobachten. Nachgebildet der Redewendung »die ⇨ Ohren spitzen«. 1930 ff.
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101. mit den Augen stehlen (o. ä.) = durch Zusehen lernen; unbefugt jm in einen Brief o. ä. blicken. Seit dem späten 19. Jh.
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102. die Augen auf Null stellen (drehen) = schlafen. »Null« kennzeichnet den Stillstand der Maschine. Sold 1939 ff.
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102 a. die Augen auf Null gestellt haben = im Sterben liegen; tot sein. 1940 ff, Gauner und Rauschgiftsüchtige.
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103. die Augen auf Stop stellen = schlafen. Seemannsspr. Parallele zu ⇨ Auge 102. 1914 ff.
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104. die Augen auf unendlich stellen = schlafen. Vgl ⇨ Auge 37. Sold 1939 ff.
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105. mit den Augen telefonieren = sich mit Blicken verständigen. 1920 ff.
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106. jn mit den Augen totschlagen = jm giftige Blicke zuwerfen. 19. Jh.
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107. die Augen sollen ihm tränen = das gönne ich ihm (unfreundlicher Wunsch). Der Betreffende soll weinen vor Wut oder Schmerz. 1900 ff.
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108. da tränen mir die Augen!: Ausruf der Verwunderung. Anspielung auf (geheuchelte) Rührung. BSD 1965 ff.
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109. zahlen, daß einem die Augen tränen (übergehen) = übergebührlich viel zahlen müssen. 1920 ff.
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110. mit den Augen trillern = a) durch Blicke anlocken; mit Blicken flirten. Trillern = vibrieren. 1900 ff. – b) nervös hinund herschauen; infolge Trunkenheit seine Blicke nicht mehr in der Gewalt haben. 1900 ff. – c) mit den Lidern klappern und stieren (schielen). 1900 ff.
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111. die Augen gehen ihm über = a) er ist völlig betrunken. In der Trunkenheit neigen manche Zecher zum Weinen. Fußt auf Johannes 11,35 und ist am geläufigsten aus Goethes »Faust I« (Der König in Thule). 1800 ff. – b) er ist äußerst verwundert. 1900 ff.
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112. mit offenen Augen überlegen = im Unterricht vor sich hinträumen. Schül 1950 ff.
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113. mit den Augen uneinig sein = schielen. 1900 ff.
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114. jm die Augen verbinden = jn durch Geschenke bestechen. Man nimmt dem Betreffenden die klare Sicht. 1950 ff.
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115. jn mit den Augen verschlingen = jn gierig, lüstern anblicken. 1900 ff.
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116. ein Auge (ein paar Augen) vollnehmen = leichthin schlafen. Vgl ⇨ Auge 77. 19. Jh.
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117. die Augen wärmen = schlafen. Hergenommen vom wärmenden Zudecken der Augen mit den Lidern. Seit dem späten 19. Jh.
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118. ein Auge zudrücken = milde urteilen; etw absichtlich nicht bemerken. Die personifizierte Gerechtigkeit verhüllt beide Augen mit der Binde, um gerecht und ohne Ansehen der Person zu urteilen; wer hingegen menschlich handelt, drückt nur das eine Auge zu. 1700 ff.
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119. jm ein Auge zudrücken = jm so heftig aufs Auge schlagen, daß es augenblicklich zuschwillt. 1920 ff.
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120. jm die Augen zudrücken = jn betrügen. 1950 ff.
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121. beide (zwei) Augen zudrücken = überaus nachsichtig urteilen; angeblich nichts bemerkt haben. Seit dem ausgehenden 19. Jh.
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122. drei Augen zudrücken = sehr milde urteilen. Die
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drei Augen sind die zwei Augen im Kopf und ein Brillenglas oder ein Hühnerauge. 1920 ff.
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123. nicht nur die Augen, sondern auch die Hühneraugen zudrücken = eine Verfehlung überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. 1920 ff.
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124. ihm sind die Augen zugewachsen = er hat ein sehr feistes Gesicht. 1950 ff.
1. After. Halbwegs zutreffend für einen, der das Gesäß als »zweites ⇨ Gesicht« bezeichnet. BSD 1965 ff.
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2. Auge der Führung = Aufklärungseinheiten der Luftwaffe. 1939 ff.
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3. Auge des Gesetzes = Polizeibeamter. Fußt auf »Das Lied von der Glocke« von Schiller, 1800.
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4. Augen, die man mit der Knopfgabel putzen kann = stark hervortretende Augen. 1910 ff.
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5. mit bewaffnetem Auge = mit Brille. 19. Jh.
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6. nicht um der blauen Augen willen = nicht um des ehrlichen Anscheins willen. 1930 ff.
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7. ach du dickes Auge!: Ausruf der Überraschung. Das dicke Auge rührt von einem Schlag aufs Auge her; der Anblick solch eines Auges ruft Erschrecken oder Überraschung hervor. 1950 ff.
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8. drittes Auge = a) Fotoapparat. 1950 ff. – b) Fernsehgerät im Dienste der Verkehrsüberwachung, der medizinischen Wissenschaft, in Kaufhäusern. 1955 ff.
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9. fliegendes Auge = (Aufklärungs-)Flugzeug mit automatischer Scharflinsen-Kamera. Sold 1939 ff.
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10. scharfe Augen = a) schöne Augen. Versteht sich aus dem Gegenwort »stumpf = keine geistige Regung widerspiegelnd«. 1960 ff. – b) Augen mit sinnlich-lüsternem Ausdruck. ⇨ scharf. 1960 ff.
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11. um der schönen Augen willen = aus Liebenswürdigkeit, Galanterie o. ä. Geht möglicherweise zurück auf franz »pour les beaux yeux« in »Les précieuses ridicules« (»Die lächerlichen Preziösen«) von Molière. 1920 ff.
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12. mit unbewaffnetem Auge = mit bloßem Auge. 19. Jh.
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13. künstlich verlängerte Augen = Fernglas; Blick durch das Fernglas. Spätestens seit dem ausgehenden 19. Jh.
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14. Augen zu, – Schwanz hoch! = nur Mut! nicht verzagt! Soll sich vom Geschlechtsverkehr mit einer häßlichen Frau herleiten. 1930 ff.
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15. sie sieht einen mit keinem Auge an = es ist eine Wassersuppe. Ihr fehlt jegliches Fettauge. 1920 ff.
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16. sie sieht einen nur mit einem Auge an = die Suppe (Tunke, Milch o. ä.) ist fettarm. 1920 ff.
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17. die Augen gehen ihm auf = endlich durchschaut er die Sache. Hergenommen von blindgeborenen Tieren.
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1500 ff.
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18. die Augen aufknöpfen = scharf hinsehen; genau beobachten. Nachbildung zu »die ⇨ Ohren aufknöpfen«. 19. Jh.
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19. jm die Augen aufknöpfen = jm zu richtigem Verständnis verhelfen; jn aufklären. 19. Jh.
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20. die Augen aufsperren = achtgeben; aufmerksam beobachten. Aufsperren = weit öffnen. 19. Jh.
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21. jn mit den Augen aufspießen = jm sehr aufmerksam (mißtrauisch) zuhören. Man wirft ihm stechende Blicke zu. 1920 ff.
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22. ihm fallen (fast) die Augen aus (dem Kopf) = er blickt angespannt, neugierig, lüstern. 19. Jh.
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23. sich die Augen ausgucken (ausschauen) = langanhaltend, angestrengt Ausschau halten. 19. Jh.
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24. sich die Augen auskegeln = spähend blicken. Gemeint ist, daß man mit Augen wie Kegelkugeln lebhaft rundum blickt. Vgl ⇨ Auge 27. Bayr 1920 ff.
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25. ich könnte ihm die Augen auskratzen!: Ausdruck bitterer Enttäuschung über einen Menschen; Ausruf eines (einer) Eifersüchtigen. Man möchte den Betreffenden blind machen, damit er keinem mehr »schöne Augen« machen kann. 19. Jh.
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26. jm die Augen auskratzen = jn überlegen besiegen. Bedeutungsabschwächung; eigentlich ist gemeint, daß man den Gegner durch Blenden kampfunfähig macht. Sportl 1950 ff.
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27. sich nach jm die Augen auskugeln = angestrengt nach jm Ausschau halten. Vgl ⇨ Auge 24. Bayr 1920 ff.
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28. die Augen ausruhen = schlafen. 1910 ff, sold und ziv .
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29. jm die Augen auswischen = a) jn betrügen, täuschen, übervorteilen. Gemilderte Bedeutung von »jm die Augen ausdrücken (auswischen) = jm brutal die Augäpfel mittels der Daumen herauspressen«. 1800 ff. – b) jn schröpfen, erheblich zahlen lassen. 19. Jh.
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30. sich die Augen auswringen = heftig weinen. Wringen = windend drehen (wie man der Wäsche das Wasser entzieht). 1939 ff.
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30 a. jn mit den Augen ausziehen = jn (eine weibliche Person) lüstern betrachten. 1920 ff.
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31. mit den Augen baden = dem Strandleben zusehen. 1960 ff.
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31 a. seine Augen bewaffnen = eine Brille o. ä aufset-
————
zen. 19. Jh.
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32. da bleibt kein Auge trocken = a) vor Trauer oder Rührung weinen alle; man täuscht Rührung vor; man lacht unmäßig. Fußt auf einer Zeile des Gedichts »Paul. Eine Handzeichnung« von Johann Daniel Falk (1799). Etwa um 1830 in obigen Bedeutungen aufgekommen. – b) Redensart zur Bezeichnung für ein Höchstmaß an Entbehrung, Strapazen, Drill usw. Sold 1914 ff.
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33. da bleibt kein Auge trocken und keine Hose tränenleer = das berührt alle tief (iron ). 1920 ff, stud .
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34. mit einem blauen Auge davonkommen = aus einer Gefahr mit einem geringen Schaden hervorgehen. Leitet sich her von Prügeleien, bei denen man bloß einen blauen Fleck neben dem Auge davonträgt und das Augenlicht nicht einbüßt. 1700 ff.
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34 a. die Augen dichtmachen = die Augen zum Einschlafen schließen. Sold 1939 ff.
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35. die Augen ins letzte Gewinde drehen = scharf beobachten. Wohl hergenommen von der Schraube (Mikroschraube). Marinespr 1939 ff.
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36. jm ein Auge eindrücken = in der Autokarosserie eine Delle verursachen. Der Ausdruck spielt auf eine gewisse Formähnlichkeit an. 1950 ff.
————
37. die Augen auf unendlich einstellen = gedankenlos ins Leere blicken. Leitet sich her von der Kameraeinstellung. 1930 ff.
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38. ihm fallen fast die Augen aus dem Kopf ⇨ Auge 22.
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39. jm die Augen aus dem Kopf fallen lassen = jn durch geschlechtliche Bloßstellung aufreizen, lüstern machen. 1900 ff.
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40. die Augen federn = geschlechtlich unruhig sein. Federn = die Lider schnell aufund abbewegen; unruhig blinzeln. BSD 1965 ff.
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41. mit den Augen ticken = lüsterne Blicke tauschen. ⇨ ficken. 19. Jh.
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42. es geht ins Auge = es wird ein empfindlicher Mißerfolg. Das Auge als hochempfindliches Organ ist schnell verletzt, und die Beschädigung ist meist nicht zu beheben. 1900 ff.
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43. das kann ins Auge gehen = das kann eine böse Entwicklung nehmen; das kann scheitern. 1900 ff.
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44. dir ist wohl lange kein Auge über das Chemisett (das Oberhemd; die Weste) gerollt (gekullert) – (dir ist wohl noch nie ein Auge über die Weste gekleckert)?: Drohfrage. 1920 ff, Berlin.
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45. von hinten durch das Auge in die Brust geschossen = hinterrücks; auf dem unsinnigsten Umweg. Sold 1914 bis heute.
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46. sich einen in (auf) die Augen gießen = trinken. Die Augen als Lichter stehen in Analogie zu »Lampe«; vgl »einen auf die ⇨ Lampe gießen«. 1900 ff.
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47. sich die Augen aus dem Kopf glotzen = starr blicken; sehr neugierig (mit dummem Gesichtsausdruck) blicken. ⇨ glotzen. 19. Jh.
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48. sich die Augen aus dem Kopf gucken ⇨ Auge 23.
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49. wieder klar aus den Augen gucken = nach Verrichtung der großen Notdurft sich erleichtert fühlen. In fröhlicher Meinung spiegelt sich Stuhlverhärtung im Augenausdruck wider. 1900 ff.
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50. dicke Augen haben = Stuhldrang verspüren. Vgl das Vorhergehende. BSD 1960 ff.
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51. drei Augen haben = fotografieren. ⇨ Auge 8 a. 1950 ff.
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52. wieder klare Augen haben = den Abort erfolgreich aufgesucht haben. Vgl ⇨ Auge 49. 1900 ff.
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53. einen kleinen (lütten) im Auge haben = leicht betrunken sein. Hinter »kleinen« ergänze »Nebel«.
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1920 ff.
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54. zwei schöne Augen haben = einen üppigen Busen haben. Hehlausdruck, wahrscheinlich einem Witz entnommen: Auf das Postkartenbild einer Eingeborenen in Volkstracht schreibt der Absender: »Zwei schöne Augen, was?«. 1930 ff.
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55. ein verklemmtes Auge haben = ein Monokel tragen. Monokel = Klemmglas. 1900 ff.
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56. daß du noch keine viereckigen Augen hast!: scherzhafte Äußerung der Verwunderung über einen leidenschaftlichen Fernsehzuschauer (dessen Augen sich eigentlich längst schon dem Bildschirmformat angeglichen haben sollten). 1965 ff.
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57. die Augen in der Tasche haben = nicht aufpassen; sich übertölpeln lassen. Vgl ndl »de ogen in zijn zak hebben« und franz »avoir les yeux dans les poches«. 18. Jh.
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58. hinten habe ich keine Augen = ich kann nicht sehen, was hinter mir geschieht. 19. Jh.
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59. ein paar Auge mehr im Spiel haben = der Überlegene sein. Stammt aus der Kartenspielersprache. 1920 ff.
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60. mit den Augen heiraten = lüstern nach Frauen sehen. 1900 ff.
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61. sich klare Augen holen = den Abort aufsuchen. Vgl ⇨ Auge 49. 1900 ff.
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62. mit den Augen klappern = kokettieren; Herren zwecks Bekanntschaftsanknüpfung zuzwinkern. Wohl hergenommen von den beweglichen Augendeckeln der Spielzeugpuppen oder von der Kasperlpuppe, die als einzige die Augen (mit leise klapperndem Geräusch) öffnen und schließen konnte. 19. Jh.
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63. mit den Augen klimpern = kokettieren. ⇨ klimpern. 19. Jh.
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64. Augen am Stiel kriegen = angespannt blicken. Vgl ⇨ Stielaugen. 1950 ff.
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65. klare Augen kriegen = a) sich auf dem Abort erleichtern. ⇨ Auge 49. 1900 ff. – b) nüchtern werden. 19. Jh.
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66. mit den Augen kullern = a) die Augen rollen. ⇨ kullern 1. 1900 ff. – b) flirtende Blicke schicken. 1920 ff.
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67. Auge auf Masse legen = schlafen. »Masse« ist vielleicht aus »Matratze« entstellt. Oder Anspielung auf die Schwere und Trägheit der physikalischen Masse. BSD 1965 ff.
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68. sich die Augen aus dem Kopf lesen = a) den Text
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zu nahe an die Augen halten. 1900 ff. – b) lesehungrig sein. 1900 ff.
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69. ein sauberes Auge linsen = eine gute Beobachtungsgabe besitzen. ⇨ linsen. Sold in beiden Weltkriegen.
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70. faule Augen machen = a) vor sich hinträumen. Sold 1935 ff. – b) schlafen. Sold 1935 ff.
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71. große Augen machen = Stiche mit hoher Punktzahl einheimsen. Große Augen = hochwertige Punkte. Kartenspielerspr. 1900 ff.
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72. lange Augen machen = gierig blicken; etw zu erspähen suchen. 1910 ff.
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73. nackte Augen machen = lüstern blicken. 1920 ff.
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74. viereckige Augen machen = fernsehen. Wegen des (quasi) viereckigen Bildschirms. ⇨ Auge 56. 1965 ff.
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75. jn (etw) mit klinischem Auge mustern = jn (etw) scharf (und ohne Gefühlsregung) beobachten. »Klinisch« bezieht sich auf den Oberarzt, vor allem auf den Stabsarzt o. ä. 1935 ff.
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76. die Augen in die Hand nehmen = sich nicht übertölpeln lassen; scharf aufpassen. 18. Jh.
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77. ein Auge (ein paar Augen) voll Schlaf nehmen = eine (kurze) Zeitlang schlafen. 19. Jh.
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78. die Augen pflegen = ruhen, schlafen. ⇨ Augenpflege. 1920 ff.
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79. zwei Augen gucken rein, und keines sieht raus: Redewendung angesichts einer Wassersuppe. 1900 ff. Vgl ⇨ Auge 15.
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80. ein Auge riskieren = heimlich hinschauen; einen raschen Blick werfen. Eigentlich ist gemeint, daß einer Gefahr läuft, ein Auge zu verlieren. 1850 ff.
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81. ein paar Augen voll Schlaf riskieren = ein kurzes Schläfchen machen (in der Hoffnung, nicht vom Vorgesetzten überrascht zu werden). 1910 ff, sold und ziv .
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82. saufen bis zum Stillstand der Augen = sich betrinken. Anspielung auf den starren Blick des Bezechten. BSD 1960 ff.
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83. sich die Augen aus dem Kopf schämen = sich sehr schämen; vor Scham bitterlich weinen. 1900 ff.
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84. mit den Augen schlackern = verwundert sein. Schlackern (als Intensivum von »schlagen«) bezieht sich wohl auf die Aufund Abbewegung des Augenlids oder auf die Rechts- und Linksbewegung des Augapfels. 1930 ff.
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85. mit offenen Augen schlafen = vor sich hinträu-
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men; unaufmerksam sein. 19. Jh.
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86. jm das Auge schließen = jm beim Boxkampf einen so heftigen Schlag auf das Auge (die Augenumgebung) versetzen, daß die Lidspalte zuschwillt. 1950 ff.
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87. Augen schmeißen = stark flirten; verliebte Blicke werfen. Seit dem späten 19. Jh.
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88. die Augen schonen = schlafen. 1900 ff. Wahrscheinlich unter Soldaten aufgekommen.
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89. was sehen meine entzündeten Augen? = Was sehe ich? Die »entzündeten Augen« sind aus »entzückten Augen« burschikos entstellt. 1920 ff.
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90. mit dem linken (rechten) Auge in die rechte (linke) Westentasche sehen = stark schielen. In Berlin in der ersten Hälfte des 19. Jhs aufgekommen.
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91. kaum aus den Augen sehen können = a) ein feistes Gesicht haben; dicke Wangen haben. 1900 ff. – b) sehr erkältet sein; unter den Nachwehen eines Rausches heftig leiden. 1900 ff. – c) schlaftrunken, übermüdet sein. 1900 ff.
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92. schlafen, daß ein Auge das andere nicht sieht = tief schlafen. 1910 ff.
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93. ihre Augen waren voll Schlafs = beim Kartenspiel
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haben die Gegner eine günstige Gelegenheit verpaßt. Fußt auf Matthäus 26,43. 1900 ff.
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94. die Augen sind großer als der Magen (Mund, Bauch) = man häuft mehr auf den Teller, als man verzehren kann. Eine in verschiedenen Sprachen geläufige Vorstellung. 1500 ff.
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95. auf einem Auge war die Kuh scheel (blind) = beim Kartenspiel erreicht man nicht alle Stiche; die erforderliche Punktzahl ist bis auf einen erreicht. Seit dem späten 19. Jh.
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95 a. auf diesem Auge bin ich blind = dafür habe ich kein Verständnis. 1920 ff.
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96. auf dem linken (rechten) Auge blind sein = die kommunistische (rechtsradikale) Gefahr verkennen. 1960 ff.
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97. auf den Augen sitzen = Offensichtliches nicht bemerken. Nachgebildet den Redensarten »auf den ⇨ Händen sitzen« »auf den ⇨ Ohren sitzen«. Österr 1920 ff.
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98. Augen spiegeln = in der ersten Reihe dem Lehrer (Dozenten) gegenübersitzen. Dessen Auge spiegelt sich im Auge des Schülers (Hörers) wider. Stud 1935 ff.
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99. Auge spielen = beobachten; Beobachter, Späher sein. Sold 1939 ff.
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100. das Auge spitzen = scharf beobachten. Nachgebildet der Redewendung »die ⇨ Ohren spitzen«. 1930 ff.
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101. mit den Augen stehlen (o. ä.) = durch Zusehen lernen; unbefugt jm in einen Brief o. ä. blicken. Seit dem späten 19. Jh.
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102. die Augen auf Null stellen (drehen) = schlafen. »Null« kennzeichnet den Stillstand der Maschine. Sold 1939 ff.
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102 a. die Augen auf Null gestellt haben = im Sterben liegen; tot sein. 1940 ff, Gauner und Rauschgiftsüchtige.
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103. die Augen auf Stop stellen = schlafen. Seemannsspr. Parallele zu ⇨ Auge 102. 1914 ff.
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104. die Augen auf unendlich stellen = schlafen. Vgl ⇨ Auge 37. Sold 1939 ff.
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105. mit den Augen telefonieren = sich mit Blicken verständigen. 1920 ff.
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106. jn mit den Augen totschlagen = jm giftige Blicke zuwerfen. 19. Jh.
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107. die Augen sollen ihm tränen = das gönne ich ihm (unfreundlicher Wunsch). Der Betreffende soll weinen vor Wut oder Schmerz. 1900 ff.
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108. da tränen mir die Augen!: Ausruf der Verwunderung. Anspielung auf (geheuchelte) Rührung. BSD 1965 ff.
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109. zahlen, daß einem die Augen tränen (übergehen) = übergebührlich viel zahlen müssen. 1920 ff.
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110. mit den Augen trillern = a) durch Blicke anlocken; mit Blicken flirten. Trillern = vibrieren. 1900 ff. – b) nervös hinund herschauen; infolge Trunkenheit seine Blicke nicht mehr in der Gewalt haben. 1900 ff. – c) mit den Lidern klappern und stieren (schielen). 1900 ff.
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111. die Augen gehen ihm über = a) er ist völlig betrunken. In der Trunkenheit neigen manche Zecher zum Weinen. Fußt auf Johannes 11,35 und ist am geläufigsten aus Goethes »Faust I« (Der König in Thule). 1800 ff. – b) er ist äußerst verwundert. 1900 ff.
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112. mit offenen Augen überlegen = im Unterricht vor sich hinträumen. Schül 1950 ff.
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113. mit den Augen uneinig sein = schielen. 1900 ff.
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114. jm die Augen verbinden = jn durch Geschenke bestechen. Man nimmt dem Betreffenden die klare Sicht. 1950 ff.
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115. jn mit den Augen verschlingen = jn gierig, lüstern anblicken. 1900 ff.
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116. ein Auge (ein paar Augen) vollnehmen = leichthin schlafen. Vgl ⇨ Auge 77. 19. Jh.
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117. die Augen wärmen = schlafen. Hergenommen vom wärmenden Zudecken der Augen mit den Lidern. Seit dem späten 19. Jh.
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118. ein Auge zudrücken = milde urteilen; etw absichtlich nicht bemerken. Die personifizierte Gerechtigkeit verhüllt beide Augen mit der Binde, um gerecht und ohne Ansehen der Person zu urteilen; wer hingegen menschlich handelt, drückt nur das eine Auge zu. 1700 ff.
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119. jm ein Auge zudrücken = jm so heftig aufs Auge schlagen, daß es augenblicklich zuschwillt. 1920 ff.
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120. jm die Augen zudrücken = jn betrügen. 1950 ff.
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121. beide (zwei) Augen zudrücken = überaus nachsichtig urteilen; angeblich nichts bemerkt haben. Seit dem ausgehenden 19. Jh.
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122. drei Augen zudrücken = sehr milde urteilen. Die
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drei Augen sind die zwei Augen im Kopf und ein Brillenglas oder ein Hühnerauge. 1920 ff.
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123. nicht nur die Augen, sondern auch die Hühneraugen zudrücken = eine Verfehlung überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. 1920 ff.
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124. ihm sind die Augen zugewachsen = er hat ein sehr feistes Gesicht. 1950 ff.