Duden - Das Herkunftswörterbuch
stehen
stehen:Die Verben mhd. , ahd. stān, stēn, niederl. staan, schwed. stå beruhen mit verwandten Wörtern in den meisten anderen idg. Sprachen auf der idg. Wurzel * st‹h›ā- »stehen, stellen«, vgl. besonders lat. stare »stehen, stellen« (s. die Fremdwortgruppe um ↑ "stabil") und griech. histánai »stellen« (s. die Fremdwörter ↑ "Ekstase" und ↑ "System"), ferner lit. stóti »sich hinstellen, stehen bleiben« sowie russ. stat᾿ »werden, anfangen, sich stellen« und russ. stojat᾿ »stehen«. Germ. Nominalbildungen aus der gleichen, vielfach weitergebildeten Wurzel sind vor allem die unter ↑ "Statt" (mit Stadt, Stätte), ↑ "gestatten" und ↑ "Gestade" genannten Wörter mit der Grundbedeutung »Standort, Stelle« sowie das Adjektiv ↑ "stet" »beständig«, ferner ↑ "Stuhl" (eigentlich »Gestell«) und vielleicht auch das unter ↑ "Stamm" behandelte Substantiv; s. auch den Artikel ↑ "Stute". Als zweiter Bestandteil ist die idg. Wurzel in den unter ↑ "First" (eigentlich »Hervorstehendes«) genannten verdunkelten Zusammensetzungen enthalten. Eine erweiterte Wurzelform * st‹h›āu- »stehen; stehen machen, stützen« liegt der unter ↑ "stauen" behandelten Wortgruppe zugrunde, eine Wurzelform * st‹h›eu- »fest stehend, dick, groß« dem Adjektiv ↑ "stur". Andere Erweiterungen sind unter ↑ "stellen" und ↑ "Stab" mit ihren zugehörigen Wortgruppen dargestellt. Möglicherweise gehört auch die Sippe von ↑ "stemmen" (eigentlich »zum Stehen bringen, hemmen«) hierher. – Die Präsensformen mhd. , ahd. stēn, stān sind wahrscheinlich durch die entsprechenden Formen mhd. , ahd. gēn, gān (von ↑ "gehen") beeinflusst. Die Formen des Präteritums (nhd. stand, gestanden) gehören dagegen zu dem gemeingerm. Verbalstamm * stand- »stehen«, der im Artikel ↑ "Stand" behandelt ist (s. dort auch über ↑ "Stunde"). – Zus. : abstehen »ablassen, verzichten; von etwas entfernt stehen« (mhd. abestēn »absteigen, abtreten«; in der 2. Bedeutung seit dem 17. Jh.), dazu Abstand »Verzichtleistung; Entfernung zwischen zwei Punkten« (16. Jh.; in der 2. Bedeutung verdeutscht es seit dem 17. Jh. das Fremdwort ↑ "Distanz"); anstehen (↑ "Anstand"); auferstehen (mhd. ūferstēn, ahd. ūfarstēn »sich erheben, vom Tode erstehen«; erst nhd. auf den religiösen Sinn eingeengt, s. auch aufstehen und erstehen), dazu Auferstehung (16. Jh.); aufstehen »sich erheben; sich empören« (mhd. , ahd. ūfstēn; in der 2. Bedeutung seit dem 17. Jh.), dazu Aufstand »Aufruhr, Empörung« (17. Jh.) und aufständisch »aufrührerisch, rebellisch« (im 19. Jh. neben jetzt veraltetem »aufständig«); ausstehen »aushalten, ertragen, überstehen« (16. Jh.), kaufmännisch für »noch nicht eingetroffen sein« (spätmhd. ūz̧stēn »ausbleiben«), dazu Ausstand (spätmhd. ūz̧stant »ausstehendes Geld«, wofür heute meist Außenstände gilt; in der Bedeutung »Streik« wurde »Ausstand« Ende des 19. Jh.s aus oberd. Mundart aufgenommen, wo »ausstehen« u. a. »aus dem Dienst gehen« bedeutete); beistehen »Hilfe leisten« (mhd. , ahd. bīstēn, eigentlich »im Kampfe bei jemandem stehen«), dazu Beistand (spätmhd. bīstant »Hilfeleistung«; als Bezeichnung einer Person in nhd. Rechtsbeistand, 19. Jh.); einstehen »sich verbürgen« (16. Jh.; die Wendung »seinen Einstand geben« »als Neuling die Kollegen bewirten« bezog sich ursprünglich ‹17. Jh.› auf eine Abgabe beim Antritt eines Amtes und dgl.); umstehen (↑ "Umstand"); 1unterstehen »unter einem Schutzdach stehen« (16. Jh.; auch mhd. understēn bedeutete »sich unter etwas stellen«), dazu Unterstand »Obdach, Unterkunft« (mhd. understant; Ende des 19. Jh.s militärisch für »gedeckter Schutzraum«); 2unterstehen »jemandem unterstellt sein« (17. Jh.), reflexiv »etwas unternehmen, wagen« (spätmhd.; heute meist in der Wendung »untersteh dich nicht ...!«); vorstehen »nach vorn ragen; ein Amt oder Unternehmen leiten« (mhd. vorstēn »bevorstehen; sorgen für, regieren«; im älteren Nhd. auch in der Bedeutung »vorn, vor etwas stehen«, daher bedeutet das adjektivische Part. vorstehend auch »in einem Schriftstück weiter vorn stehend«. Ableitungen von »vorstehen« sind Vorsteher »Leiter« (16. Jh.) und Vorstand »‹Gesamtheit der› Vorsteher; geschäftsführendes Gremium« (im 16. Jh. in der Bedeutung »Vorsitz«, später persönlich gefasst als »Bürge, Verteidiger« ‹17. Jh.›, seit Anfang des 19. Jh.s im heutigen Sinn); widerstehen »entgegen sein« (mhd. widerstēn, ahd. widarstēn), dazu Widerstand »das Sichwidersetzen; etwas, was entgegenwirkt, hinderlich ist« (mhd. widerstant); zustehen »zugehören, gebühren« (mhd. zuostēn »geschlossen sein; beistehen, zuteil werden, zukommen, angehören, zuständig sein«), dazu Zustand »Art und Weise des Bestehens« (16. Jh.; seit dem 17. Jh. im heutigen Sinn), zuständig (16. Jh. für »zugehörig«; seit dem 19. Jh. für »kompetent«, d. h. »zuständig« ist, »wem die Entscheidung zusteht«). – Präfixbildungen: bestehen »vorhanden sein, existieren; festbleiben; (aus etwas) zusammengesetzt sein; etwas erfolgreich durchstehen« (mhd. bestēn, ahd. bistān), dazu Bestand »Fortdauer, Vorrat« (15. Jh.), beständig »festbleibend, ausdauernd« (mhd. bestendec) und die Zusammensetzung Bestandteil (18. Jh.); entstehen »werden, zu sein beginnen« (älter nhd. auch »fernbleiben, mangeln«; mhd. entstēn »wegtreten, entgehen, sich erheben, werden«); erstehen »kaufen; auferstehen« (in der 1. Bedeutung seit dem 17. Jh., eigentlich bezogen auf das lange Stehen bei Versteigerungen; mhd. erstēn »sich erheben, ‹vom Tode› aufstehen, entstehen, vor Gericht stehend erwerben«, ahd. irstēn »aufstehen«); gestehen »bekennen« (eigentlich »zur Aussage vor Gericht treten«; mhd. gestēn, ahd. gistān war verstärktes »stēn«, es bedeutete in der mhd. Rechtssprache auch »beipflichten, bekennen, einräumen«; beachte die Zusammensetzungen eingestehen »bekennen« und zugestehen »einräumen«), dazu geständig »seine Schuld bekennend« (16. Jh.; mhd. gestendec »beständig, beistehend, zustimmend«) und Geständnis »das Eingestehen einer Schuld, eines Vergehens« (17. Jh.); verstehen (s. d.).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: stehen