Duden - Das Herkunftswörterbuch
Ohr
Ohr:Das gemeingerm. Wort mhd. ōre, ahd. ōra, got. ausō, engl. ear, schwed. öra beruht mit verwandten Wörtern in den meisten anderen idg. Sprachen auf idg. * ōus- »Ohr«, vgl. z. B. griech. oūs »Ohr« und lat. auris »Ohr«. Welche Vorstellung der idg. Benennung des Gehörorgans zugrunde liegt, ist unklar. Zu »Ohr« gebildet ist ↑ "Öhr". – Das Ohr spielt in zahlreichen Redewendungen eine Rolle, beachte z. B. »jemandem einen Floh ins Ohr setzen« »argwöhnisch machen«, »die Ohren hängen lassen« »niedergeschlagen sein«. – Zus. : Ohrfeige »Schlag auf die Backe, Backpfeife« (15. Jh.; der zweite Bestandteil ist der unter ↑ "Feige" behandelte Name der Frucht des Feigenbaums; beachte dazu niederl. muilpeer »Ohrfeige«, eigentlich »Maulbirne«), dazu ohrfeigen (Anfang des 19. Jh.s); Ohrwurm (14. Jh.; so benannt, weil das Insekt nach dem Volksglauben gern in Ohren kriecht; im 20. Jh. ugs. scherzhaft auch für »leicht eingängige Melodie«).
• Ohr
ganz Ohr sein
(ugs. ) »gespannt, mit ungeteilter Aufmerksamkeit zuhören«
Die Wendung drückt aus, dass jemand, der sehr konzentriert zuhört, nichts anderes mehr wahrnimmt, also nur noch Hörender (bildlich gesprochen: Ohr) ist.
jmdm. klingen die Ohren
(ugs. ) »jmd. spürt, dass in seiner Abwesenheit über ihn gesprochen wird«
Der leise, hohe Ton, den man gelegentlich in den Ohren hat, wird im Volksglauben damit in Verbindung gebracht, dass ein anderer über einen redet. Darauf geht diese Wendung zurück.
die Ohren spitzen
(ugs. ) »aufmerksam lauschen«
Möglicherweise geht diese Wendung auf die Beobachtung von Tieren zurück, die – wie z. B. Hunde und Katzen – ihre Ohren aufrichten, sodass die Spitzen nach oben zeigen, wenn etwas die Aufmerksamkeit der Tiere erregt. Vielleicht heißt »die Ohren spitzen« im Grunde aber nur so viel wie »die Ohren scharf machen«, d. h. zum genauen Hören bereitmachen. Man sagt ja auch von jemandem, der gut hört, dass er ein »scharfes« Gehör habe.
die Ohren steif halten
(ugs. ) »nicht den Mut verlieren«
Dieser Wendung liegt die Beobachtung von Tieren (besonders von Pferden und Hunden) zugrunde. Das Tier, das die Ohren (den Kopf) nicht hängen lässt, ist wach und munter.
sich etwas hinter die Ohren schreiben
(ugs. ) »sich etwas gut merken«
Diese Wendung geht auf einen alten Rechtsbrauch zurück. Bei Grenzfestlegungen und Grenzbegehungen wurden Knaben als Zeugen mitgenommen, die sich die Lage der Grenzsteine genau einprägen sollten. Um ihnen dies ganz deutlich zu machen, wurden sie an jedem Grenzstein geohrfeigt, hinter die Ohren geschlagen – man hat ihnen damit die Lage der Grundstücksgrenzen »hinter die Ohren geschrieben«.
jmdn. übers Ohr hauen
(ugs. ) »jmdn. betrügen«
Diese Wendung stammt aus der Fechtsprache und bedeutete ursprünglich »jmdn. mit der Waffe am Kopf (oberhalb der Ohren) treffen«. Später wurde sie allgemein im Sinne von »jmdm. übel mitspielen« gebräuchlich.
bis über die/über beide Ohren verliebt sein
(ugs. ) »sehr verliebt sein«
Dieser Wendung liegt wahrscheinlich das Bild eines Ertrinkenden oder im Sumpf Versinkenden zugrunde, der kaum noch zu retten ist, wenn er bereits über die Ohren versunken ist.
es gibt ‹gleich› rote Ohren
(ugs. ) Drohrede
Diese Redensart spielt auf die Rötung der Ohren an, die durch Schläge verursacht wird.
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