Duden - Das Herkunftswörterbuch
kanzeln
Kanzel:Das Wort bezeichnet in der christlichen Kirche den erhöhten ‹mit einer Brüstung umgebenen› Stand für den Prediger. Daneben hatte es früher (wie noch heute in Österreich) auch die Bed. »Lehrstuhl«. Im übertragenen Sinne wurde »Kanzel« dann z. B. auch für die Pilotenkabine in Flugzeugen gebraucht. Das Substantiv (mhd. kanzel, ahd. káncella) wurde im Bereich der Kirchensprache in der Bed. »abgesonderter Platz für die Geistlichkeit in der Kirche« aus lat. -mlat. cancelli »Gitter, Schranken; das durch Schranken abgetrennte Lesepult für die Geistlichkeit in der Kirche« entlehnt. Es gehört zu lat. cancer (cancri) »Gitter, Schranke«, das vermutlich durch Dissimilation aus lat. carcer »Umfriedung; Kerker; Schranken« entstanden ist (vgl. das Lehnwort ↑ "Kerker"). – Abl. : kanzeln »jmdm. von der Kanzel herab eine Strafpredigt halten« (18. Jh.), heute nur mehr gebräuchlich in abkanzeln (18./19. Jh.) und herunterkanzeln (18. Jh.) mit der allgemeinen Bed. »streng zurechtweisen«. – Auf lat. -mlat. cancelli »Schranken, Gitter« geht auch das Substantiv Kanzlei (mhd. kanzelīe) zurück. Es bezeichnete ursprünglich einen mit Schranken umgebenen Dienstraum für Beamte und Schreiber an Behörden und Gerichtshöfen, danach die Schreibstube, das Büro (vor allem bei Behörden und Rechtsanwälten). – Der Vorsteher und Leiter einer Kanzlei war im Mittelalter der Kanzler (mhd. kanzelæ̅re, ahd. kanzellāri; aus gleichbed. spätlat. cancellarius), ein hoher Beamter, der insbesondere für die Ausfertigung von Staatsurkunden zuständig war. Daraus entwickelte sich der moderne Sprachgebrauch des Wortes als Bezeichnung für den Regierungschef eines Staates (beachte die Zusammensetzungen »Reichskanzler« und »Bundeskanzler«).
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