Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
Zug
1Zug, der; -[e]s, Züge [mittelhochdeutsch, althochdeutsch zuc, zu ↑ "ziehen" und eigentlich = das Ziehen]:1. a) [nach gleichbedeutend englisch train, ursprünglich = Gefolge, dann über »in einer Reihe sich bewegende Wagen oder Packtiere« Bedeutungsentwicklung zu »Gruppe, Kolonne (von Fahrzeugen oder Personen)« und »Eisenbahnzug«] Lokomotive oder Triebwagen mit den zugehörigen (angekoppelten) Wagen (bei der Eisenbahn, Straßenbahn o. Ä.):
ein überfüllter, leerer, fahrplanmäßiger, verspäteter Zug;
der Zug nach Frankfurt läuft auf Gleis 2 ein;
der Zug hält, fährt gleich ab, kommt voraussichtlich zehn Minuten später an;
dieser Zug hat keinen Anschluss (es fährt kein Anschlusszug in die gewünschte Richtung);
der Zug donnert vorbei, rattert, hält an, hält auf freier Strecke;
dieser Zug führt nur Wagen erster, hat nur erste Klasse, einen Speisewagen;
mein Zug geht in einer Stunde;
bei Glatteis nehme ich lieber den Zug (fahre ich lieber mit der Bahn statt mit dem Auto);
einen Zug benutzen, verpassen, versäumen, gerade noch erreichen;
Vorsicht bei der Abfahrt des Zuges!;
jemanden an den Zug bringen;
auf den fahrenden Zug aufspringen;
im Zug sitzen;
sich nach den Zügen (dem Fahrplan der Züge) erkundigen;
jemanden vom Zug abholen, zum Zug bringen;
Der Zug war fast leer. Acht Glatzen stiegen ein, Frank erkannte einen ehemaligen Mitschüler (Zeit 1. 7. 99, 11);
R der Zug ist abgefahren (umgangssprachlich; es ist zu spät, man kann nichts mehr ändern);
im falschen Zug sitzen (umgangssprachlich; sich nicht richtig entschieden haben);
b) Lastzug;
c) Feuerlöschzug:
die Feuerwehr war mit drei Zügen ausgerückt;
d) Gespann:
ein Zug Ochsen, Schlittenhunde.
2. a) sich fortbewegende Gruppe, Schar, Kolonne:
ein langer Zug von Demonstranten, Trauernden;
endlose Züge von Flüchtlingen;
fröhliche Musikanten schritten dem Zug voran;
im Zug mitmarschieren;
sich zu einem Zug formieren;
Auch Cotta war … dem Zug der Neugierigen bis an den äußersten Rand der Stadt gefolgt (Ransmayr, Welt 113);
Ein Zug Stare fiel ein und saß auf einmal in den Büschen (Schröder, Wanderer 18);
b) das Ziehen, Sichfortbewegen [in einer Gruppe]:
der Zug der Wildgänse nach Norden hat begonnen;
den Zug der Wolken beobachten;
die drei wurden bei einem Zug (Diebeszug) verhaftet;
Ü im Zuge (Papierdeutsch; im Zusammenhang mit) der neuen Entwicklung;
… vermerkt zwar einen kräftigen Aufschwung der Weltwirtschaft, muss aber im gleichen Zug (Papierdeutsch; im gleichen Zusammenhang) feststellen, dass sich die konjunkturelle Belebung in der Schweiz noch nicht positiv auf die Beschäftigung auswirkte (Baselland. Zeitung 27. 3. 85, 3);
einen Zug durch die Gemeinde machen (umgangssprachlich; von Lokal zu Lokal ziehen: ich wollte mich umziehen, um noch 'n Zug durch die Gemeinde zu machen [Eppendorfer, St. Pauli 135]).
3. das Einwirken auf etwas, um es zu sich hin zu bewegen; gegen die Kräfte des Festhaltens oder des inneren Zusammenhalts wirkende Kraft:
ein starker Zug nach unten, nach der Seite;
Zug ausüben;
Ü das ist der Zug der Zeit;
sie hat einen Zug ins Gemeine;
dem Zug des Herzens folgen;
durch das Gewicht des Seiles und den damit verbundenen Zug in die Tiefe (Eidenschink, Fels 65);
Kannst du mir sagen, von wem er diesen Zug ins Verbrechertum hat? (H. Weber, Einzug 345);
in etwas ist Zug (umgangssprachlich; in einer Sache ist Schwung);
gut im Zuge/im besten Zuge mit etwas sein (gut mit etwas vorankommen; arbeitend weiterkommen; wohl ursprünglich bezogen auf das Ziehen der Zugtiere: die Arbeit geht gut voran, wenn das Gespann tüchtig »im Zug« liegt, kräftig zieht).
4. a) Vorrichtung (z. B. Band, Hebel, Griff), mit der ein 1Zug (3) ausgeübt wird, um etwas auseinander- oder zusammenzuziehen, zu öffnen oder zu schließen o. Ä.:
der Zug am Rollladen, an der Gardine;
der Zug (ausziehbares Mittelteil) der Posaune;
b) (landschaftlich) ausziehbares Fach, Schubfach:
die Züge im Schreibtisch.
5. (Brettspiele) das Bewegen, Weiterrücken einer Figur:
ein kluger, [un]überlegter Zug;
wer hat den ersten Zug?;
Schwarz ist am Zug;
matt in drei Zügen;
Ü taktische Züge;
jetzt ist die andere Seite am Zug (muss sie handeln, etwas unternehmen);
etwas Zug um Zug (eins nach dem andern ohne Unterbrechung) erledigen;
zum Zug kommen (entscheidend aktiv werden können, die Möglichkeit zum Handeln bekommen: er ist bei seiner Freundin, bei dieser Sache wieder nicht zum Zuge gekommen; Falls der Sturm das Dach abgedeckt hat und jetzt Regenwasser ins Haus strömt und die Einrichtung beschädigt, kommt die Hausratversicherung zum Zuge [Hörzu 5, 1976, 85]).
6. a) Schluck:
einen kräftigen Zug aus der Flasche tun;
einen tiefen Zug nehmen;
er stürzte das Bier in einem Zug hinunter, leerte das Glas auf einen/in einem Zug (ohne abzusetzen);
er setzt das Glas an, trinkt es in einem Zug (ohne abzusetzen) aus (Innerhofer, Schattseite 177);
einen guten Zug haben (umgangssprachlich; viel auf einmal trinken, ohne abzusetzen);
in einem Zug (ohne Unterbrechung: er hat den Roman in einem Zug gelesen);
b) das Einziehen von Rauch:
ein gieriger, hastiger Zug an der Zigarette;
er tat einige Züge;
ein paar Züge [aus der Pfeife] rauchen;
Martin reicht Thomas von sich aus die Zigarette. Thomas nimmt zwei Züge (Ziegler, Kein Recht 317);
c) tiefes Atmen, Atemzug:
die Luft in tiefen, vollen Zügen einziehen;
etwas in vollen Zügen genießen (etwas voll und ganz genießen, auskosten);
in den letzten Zügen liegen (umgangssprachlich; im Sterben liegen; eigentlich = die letzten Atemzüge tun).
7. Bewegung des kräftigen Durchziehens beim Schwimmen oder Rudern, Schlag:
in langen Zügen rudern;
Damals bin ich ein paar Züge geschwommen (Bravo 29, 1976, 36).
8.
a) als unangenehm empfundener Luftzug:
hier herrscht [ein] ständiger Zug;
keinen Zug vertragen;
die Fenster müssen gegen Zug abgedichtet werden;
im Zug (an einer Stelle, an der es zieht) sitzen;
sie hat am Wartehäuschen im Zug gestanden;
du musst dich vor Zug schützen;
b) nach außen, zum Schornstein führender Luftzug im Ofen:
der Ofen hat [keinen] guten Zug;
bei zu viel Zug brennt das Feuer schnell herunter;
In der Nacht steckte man große Holzstücke in den Ofen und drosselte den Zug, dann ging's bis zum Morgen nicht aus (Wimschneider, Herbstmilch 124).
9. Durchgang, Kanal, Rohr für die Luft im Ofen oder Kamin:
der Zug ist nicht richtig abgedichtet;
man muss die Züge von Zeit zu Zeit entschlacken.
10. Linie[nführung] einer Schrift oder Zeichnung; Schriftzug:
die Züge der Schrift können etwas über den Charakter des Schreibers aussagen;
… setzte … in hochmütig hohen, aber zerrissenen Zügen die Anschrift auf das Papier (Langgässer, Siegel 468);
in großen, groben Zügen (nur in Umrissen, skizzenhaft, ohne auf Einzelheiten einzugehen: etwas in großen Zügen darstellen; das ist in groben Zügen die Vorgeschichte).
11. typische Linie des Gesichts, Gesichtsschnitt, Ausdruck:
sympathische, jungenhafte, scharfe, fein geschnittene, brutale Züge;
seine Züge hellten (seine Miene hellte) sich auf;
in seinem Gesicht lag ein Zug von Strenge;
er hat einen energischen Zug um den Mund;
ihr Gesicht nimmt einen bekümmerten Zug an;
Ü diese Stadt trägt noch dörfliche Züge;
mit dem Verstreichen der Zeit drängte sich ein grüblerischer Zug in Kraus' Gesicht (Erné, Fahrgäste 173).
12. charakteristische Art, Wesenszug:
ein eigenartiger, charakteristischer Zug an ihm;
das war kein schöner Zug von dir (das war nicht nett);
das Werk hat romantische Züge;
Ein angenehmer Zug des Buddhismus ist die … Toleranz und Offenheit gegenüber Andersdenkenden (Berger, Augenblick 147);
Das ist ein schöner Zug (das ist nett) von dir, dass du an mich gedacht hast (Hilsenrath, Nacht 458);
Unterdessen nahm das nationale Selbstbewusstsein der europäischen Völker gefährliche Züge an (R. v. Weizsäcker, Deutschland 47);
Windisch, Sie bekommen ja menschliche Züge (Härtling, Hubert 358).
13. (umgangssprachlich) durch Erziehung erreichte Ordnung, Ausrichtung; Disziplin:
militärischer Zug;
der Trainer hat Zug in die Mannschaft gebracht;
jemanden gut im Zug haben (jemanden so ausgebildet, erzogen, gedrillt haben, dass er den an ihn gestellten Anforderungen in jeder Weise nachkommt).
14. a) unter dem Kommando eines Zugführers stehende kleinste militärische Abteilung:
ein Zug Infanterie;
b) durch fachliche Merkmale gekennzeichnete Abteilung, Fachrichtung:
der altsprachliche, neusprachliche, mathematisch-naturwissenschaftliche, musische Zug eines Gymnasiums.
15. spiralig gewundene Vertiefung im Innern des Laufs einer Feuerwaffe:
die Züge eines Gewehres, Geschützrohrs;
jemanden auf dem Zug haben (umgangssprachlich; auf jemanden böse sein, immer etwas an ihm auszusetzen haben; wohl nach dem auf einen anderen gerichteten Gewehrlauf).
16. (selten) lang gestreckte landschaftliche Formation (z. B. Gebirgszug, Höhenzug):
die Züge des Odenwaldes.
2Zug:
Schweizer Kanton und Stadt.
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