Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
zu
1zu [mittelhochdeutsch zuo, ze, althochdeutsch zuo, za, zi, wahrscheinlich verwandt mit griechisch -de = zu, lateinisch de = von, über, betreffs und russisch do = bis]:1.
a) gibt die Richtung (einer Bewegung) auf ein bestimmtes Ziel hin an:
das Kind läuft zu der Mutter, zu dem nächsten Haus;
er kommt morgen zu mir;
sie hat ihn zu sich gebeten;
sich zu jemandem beugen, wenden;
das Vieh wird zu (ins) Tal getrieben;
das Blut stieg ihm zu (gehoben; in den) Kopf;
er stürzte zu Boden (gehoben; fiel um);
zu Bett gehen (gehoben; ins Bett gehen);
sich zu Tisch (gehoben; zum Essen an den Tisch) setzen;
gehst du auch zu diesem Fest (nimmst du auch daran teil)?;
Jener rostzerfressene Bus, der in den Sommermonaten manchmal eine Horde Kupfersucher … zu den Schutthalden von Limyra brachte (Ransmayr, Welt 229);
Er meinte zu Thomas, nun habe er Gelegenheit, … (Ziegler, Konsequenz 242);
(auch nachgestellt:) der Hof des Bauern Uhlig, der, auf der Anhöhe dem Hochmoor zu gelegen, … (Heym, Schwarzenberg 163);
b) drückt aus, dass etwas zu etwas anderem hinzukommt, hinzugefügt, -gegeben wird:
zu dem Essen gab es einen trockenen Wein;
zu Obstkuchen nehme ich gern ein wenig Sahne;
das passt nicht zu Bier;
zu dem Kleid kannst du diese Schuhe nicht tragen;
c) kennzeichnet den Ort, die Lage des Sichbefindens, Sichabspielens von etwas:
zu ebener Erde;
zu beiden Seiten des Gebäudes;
sie saß zu seiner Linken (gehoben; links von ihm, an seiner linken Seite);
sie saßen zu Tisch (gehoben; beim Essen);
sie sind bereits zu Bett (gehoben; haben sich schlafen gelegt);
er ist zu Hause (in seiner Wohnung);
man erreicht diesen Ort zu Wasser und zu Lande (auf dem Wasser- und auf dem Landweg);
sie kam zu dieser (durch diese) Tür herein;
(vor Ortsnamen:) der Dom zu (veraltet; in) Speyer;
geboren wurde sie zu (veraltet; in) Frankfurt am Main;
(in Namen von Gaststätten:) Gasthaus zu den Drei Eichen;
(als Teil von Personennamen:) Graf zu Mansfeld;
Plötzlich riss Anton die Tür zu meinem Zimmer auf (Thor [Übers.], Ich 63).
2. kennzeichnet den Zeitpunkt einer Handlung, eines Geschehens, die Zeitspanne, in der sich etwas abspielt, ereignet:
zu Anfang des Jahres, zu früher Morgenstunde;
zu Lebzeiten seiner Mutter;
zu gegebener Zeit;
zu meiner Zeit war das anders;
das Gesetz tritt zum (am) 1. Januar in Kraft;
zu (regional, österreichisch; über, die Zeit um) Ostern verreisen;
von gestern zu (auf) heute;
Zu unserer Kinderzeit begann gerade ein neuer Sport: das Eissegeln (Dönhoff, Ostpreußen 121).
3.
a) kennzeichnet die Art und Weise, in der etwas geschieht, sich abspielt, sich darbietet:
er erledigte alles zu meiner Zufriedenheit;
du hast dich zu deinem Vorteil verändert;
sie verkauft alles zu niedrigsten Preisen;
er wohnt im Souterrain, zu Deutsch (das heißt übersetzt, in deutscher Sprache ausgedrückt) »im Kellergeschoss«;
Sie kann jetzt fürs Erste gar nicht zurück, weil sie zu so einem Billigtarif geflogen ist (Kronauer, Bogenschütze 285);
b) kennzeichnet die Art und Weise einer Fortbewegung:
wir gehen zu Fuß;
sie kamen zu Pferd;
sie wollen zu (gehoben veraltend; mit dem) Schiff reisen.
4. a) kennzeichnet, meist in Verbindung mit Mengen- oder Zahlenangaben, die Menge, Anzahl, Häufigkeit o. Ä. von etwas:
zu Dutzenden, zu zweien;
zu einem großen Teil, zu einem Drittel, zu 50 %;
Die Leute liefen zu Hunderten zusammen, um ihn zu begaffen (Süskind, Parfum 177);
Ich denke, dass der menschliche Körper zu einem hohen Prozentsatz aus Wasser besteht (Schwaiger, Wie kommt 39);
Zu mehr als 70 Prozent sind Vollarbeitsplätze in überwiegend neuen Dienstleistungs- und Produktionszweigen entstanden (Woche 7. 3. 97, 11);
b) kennzeichnet ein in Zahlen ausgedrücktes Verhältnis:
die Mengen verhalten sich wie drei zu eins;
das Spiel endete 2 zu 1 (mit Zeichen: 2 : 1);
sie haben schon wieder zu null gespielt (Sportjargon; kein Tor erzielt);
c) steht in Verbindung mit Zahlenangaben, die den Preis von etwas nennen; für:
das Pfund wurde zu einem Euro angeboten;
es gab Stoff zu zwanzig, aber auch zu hundert Euro der Meter;
fünf Briefmarken zu fünfundfünfzig [Cent];
er raucht eine Zigarre zu vier Euro achtzig;
d) steht in Verbindung mit Zahlenangaben, die ein Maß, Gewicht o. Ä. von etwas nennen; von:
ein Fass zu zehn Litern;
Portionen zu je einem Pfund.
5. drückt Zweck, Grund, Ziel, Ergebnis einer Handlung, Tätigkeit aus:
jemandem etwas zu Weihnachten schenken;
jemanden zu seinem Geburtstag einladen;
zu seinen Ehren, zu deinem Vergnügen;
sie musste zu einer Behandlung in die Schweiz fahren;
er rüstet sich zu einer Reise;
sie kaufte Stoff zu einem (für ein) Kleid;
es kam zu einem Eklat;
»… wer bezahlt die Konventionalstrafe?« … »Ich red' mit René. Zu was (ugs.; wozu) ist der Millionär?« (Heim, Traumschiff 229).
6. kennzeichnet das Ergebnis eines Vorgangs, einer Handlung, die Folge einer Veränderung, Wandlung, Entwicklung o. Ä.:
das Eiweiß zu Schaum schlagen;
Obst zu Schnaps verarbeiten;
die Kartoffeln zu einem Brei zerstampfen;
zu Staub zerfallen;
dieses Erlebnis hat ihn zu seinem Freund gemacht;
Gleichzeitig sah ich … meinen Pass zu Asche verbrannt (Fels, Kanakenfauna 121);
Er … drehte die Blätter zu einer Rolle zusammen (Lentz, Muckefuck 100).
7. kennzeichnet in Abhängigkeit von anderen Wörtern verschiedener Wortart eine Beziehung:
das war der Auftakt zu dieser Veranstaltung;
zu diesem Thema wollte er sich nicht äußern;
freundlich zu jemandem sein;
er hat ihm zu einer Stellung verholfen;
er gehört zu ihnen;
Je größer ein Land aber ist, desto mehr unterliegt es … der Versuchung zu Alleingängen (H. Schmidt, Strategie 12).
2zu :
1. kennzeichnet ein (hohes oder geringes) Maß, das nicht mehr angemessen oder akzeptabel erscheint:
das Kleid ist zu groß, zu teuer;
du kommst leider zu spät;
er ist zu alt, zu jung, zu unerfahren;
du bist, arbeitest zu langsam;
dafür bin ich mir zu schade;
zu viel Arbeit;
in der Suppe ist zu viel Salz;
dazu hat er zu viel Angst;
sie weiß zu viel;
sie hat sich zu viel zugemutet;
ich will euch nicht zu viel verraten, versprechen;
er redet mir zu viel;
die Arbeit wurde ihr zu viel;
jeder Verkehrstote ist ein Verkehrstoter zu viel;
einen, ein Glas zu viel getrunken haben (umgangssprachlich; betrunken sein);
das ist zu viel des Guten/des Guten zu viel (ironisch; das geht über das erträgliche Maß hinaus);
zu wenig Geld;
er hat noch zu wenig Erfahrung;
viel zu wenig Leute;
das ist mir [als Beweis] zu wenig;
sie isst, verdient zu wenig;
sie hat mir zehn Euro zu wenig herausgegeben;
ich kenne mich hier zu wenig aus;
(betont; zur bloßen Steigerung:) das ist ja zu schön (überaus schön, wunderschön);
Goethe sei zu sehr Dichter (Reich-Ranicki, Th. Mann 64);
Wohnung war zu viel gesagt – es war nur ein einziges Zimmer (Leonhard, Revolution 11);
Bei euch ist zu viel von Asiaten, Afrikanern … die Rede und zu wenig von Berlin, der Wiedervereinigung (Dönhoff, Ära 174);
R ich krieg zu viel! (salopp; das ist schlimm, regt mich auf); was zu viel ist, ist zu viel (meine Geduld ist am Ende); lieber/besser zu viel als zu wenig.
2. kennzeichnet die Bewegungsrichtung auf einen bestimmten Punkt, ein Ziel hin:
gegen die Grenze zu, zur Grenze zu verschärften sich die Kontrollen;
der Balkon geht nach dem Hof zu;
Er besaß Latifundien … auch bei Vence und gegen Antibes zu (Süskind, Parfum 254).
3. (umgangssprachlich)
a) drückt als Aufforderung aus, dass etwas geschlossen werden, bleiben soll:
Tür zu!;
Augen zu!;
b) drückt aus, dass etwas geschlossen ist:
die Flasche stand, noch fest zu, auf dem Tisch;
die Tür ist zu; ihre Augen waren zu;
der Laden, der Schalter, das Museum ist bereits zu;
Ü im Schuldienst ist alles zu (besteht ein Einstellungsstopp);
meine Nase, der Abfluss, die Einspritzdüse ist zu (verstopft);
die Autobahn ist in beiden Richtungen zu (durch Staus blockiert);
Und warum hat das Verdeck … z. sein müssen (Fallada, Mann 36);
Nach Berlin … wollte er fliegen. Aber Frankfurt war zu (in Frankfurt ruhte der Flugbetrieb; Heym, Nachruf 372);
Ich war zu (Jargon; emotional blockiert, reserviert, verschlossen), ob ich wollte oder nicht, ich konnte mich Winfried gegenüber nicht öffnen (Schwamborn, Schwulenbuch 51);
Das ist zwar bekloppt, aber wenn ich zu bin, ist mir das egal (Spiegel 34, 1985, 59);
Die Kunstszene in Deutschland ist für jemanden wie mich total zu (bietet jemandem wie mir keine Chance, sich zu profilieren o. Ä.; tip 13, 1983, 19);
zu sein (umgangssprachlich; betrunken sein).
4. (umgangssprachlich) drückt als Aufforderung aus, dass mit etwas begonnen, etwas weitergeführt werden soll:
na, dann zu!;
immer zu, wir müssen uns beeilen!;
du kannst damit beginnen, nur zu!
5. (umgangssprachlich, besonders norddeutsch):
da hab ich keine Lust zu;
wo hast du denn Vertrauen zu?
3zu :
1. in Verbindung mit dem Infinitiv und abhängig von Wörtern verschiedener Wortart, besonders von Verben:
er bat ihn zu helfen;
sie lehnte es ab, nach Berlin zu kommen;
hilf mir bitte, das Gepäck zu tragen;
er ist heute nicht zu sprechen;
dort gibt es eine Menge zu sehen;
die Fähigkeit zuzuhören;
die Möglichkeit, sich zu verändern;
er sah nur zu, anstatt ihm zu helfen;
er nahm das Buch, ohne zu fragen;
er kam, um sich zu vergewissern;
Wir müssen unsere Verführbarkeit und die verführenden Autoritäten zu kontrollieren lernen (Richter, Flüchten 100).
2. drückt in Verbindung mit einem 1. Partizip eine Möglichkeit, Erwartung, Notwendigkeit, ein Können, Sollen oder Müssen aus:
die zu gewinnenden Preise;
die zu erledigende Post;
der zu erwartende Protest;
es gab noch einige zu bewältigende Probleme.
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