Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
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ziehen
zie|hen [mittelhochdeutsch ziehen, althochdeutsch ziohan]:1. hinter sich her in der eigenen Bewegungsrichtung in gleichmäßiger Bewegung fortbewegen:
einen Handwagen, die Kutsche, Rikscha ziehen;
sich auf einem Schlitten ziehen lassen;
die Pferde, Ochsen zogen den Pflug;
Ü etwas nach sich ziehen (etwas zur Folge haben);
… wo ein Kind über den schneefreien Gehsteig einen Schlitten zog (Handke, Frau 9).
2.
a) in gleichmäßiger Bewegung [über den Boden oder eine Fläche] zu sich hin bewegen:
(als Aufschrift an Türen:) ziehen!;
den Stuhl an den Tisch ziehen;
das Boot an Land ziehen;
die Angel aus dem Wasser ziehen;
den Verunglückten aus dem Auto, die Leiche aus dem Wasser ziehen;
sie zog die Tür leise ins Schloss;
Nach unruhigem Herumwälzen zog er sich wieder die Decke über den Kopf (Fels, Sünden 24);
b) jemanden [an der Hand] mit sich fortbewegen; jemanden anfassen, packen und bewirken, dass er sich mit an eine andere Stelle bewegt:
Junge, lass dich nicht so ziehen!;
die Pferde aus dem Stall ziehen;
sie zog ihn [an der Hand] ins andere Zimmer;
er zog sie neben sich aufs Sofa;
sie zogen ihn mit Gewalt ins Auto;
Katjas Mutter zog mich in eine Sitzecke und lud mich zu einem Kognak ein (H. Weber, Einzug 240);
Sie hängte sich jetzt in seinen Arm und zog ihn über die Straße (Hilsenrath, Nacht 362);
Ü So hat er alle möglichen Personen an seinen Hof gezogen, Dichter, Philosophen (Thieß, Reich 242);
er … war mit siebzehn regulär zur Waffen-SS gezogen (ugs.; einberufen) worden (Bruyn, Zwischenbilanz 258);
Der SPD-Abgeordnete … wurde wegen Untauglichkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht gezogen (umgangssprachlich; einberufen; MM 28. 12. 82, 5);
c) [mit einer sanften Bewegung] bewirken, dass jemand, etwas irgendwohin gelangt:
er zog sie liebevoll, zärtlich an sich;
d) durch Einschlagen des Lenkrades, Betätigen des Steuerknüppels in eine bestimmte Richtung steuern:
er zog den Wagen in letzter Sekunde scharf nach links, in die Kurve;
der Pilot zog die Maschine wieder nach oben.
3.
a) ↑ 1"Zug" (3) auf etwas [was an einem Ende beweglich befestigt ist] ausüben:
an der Klingelschnur ziehen;
der Hund zieht [an der Leine] (drängt ungestüm vorwärts);
b) etwas anfassen, packen und daran zerren, reißen:
jemanden am Ärmel ziehen;
der Vater zog ihn an den Haaren, an den Ohren;
c) durch Ziehen (3 a) betätigen:
die Notbremse, Wasserspülung, die Orgelregister ziehen;
d) [durch Herausziehen eines Faches o. Ä.] einem ↑ {{link}}Automaten{{/link}} (1 a) entnehmen:
Tickets, Süßigkeiten, Blumen aus Automaten ziehen;
Vorne am Rathausplatz kann ich mir auch noch Zigaretten ziehen (Gabel, Fix 17).
4. ↑ "anziehen" (7); Beschleunigungsvermögen haben:
der Wagen, der Motor zieht ausgezeichnet.
5.
a) in eine bestimmte Richtung bewegen:
die Rollläden in die Höhe ziehen;
er zog die Knie bis unters Kinn;
der Sog zog sie in die Tiefe;
er wurde in den Strudel gezogen;
die schwere Last zog ihn fast zu Boden;
die Ruder kräftig durchs Wasser ziehen;
die Strümpfe kurz durchs Wasser ziehen (schnell auswaschen);
Ü es zog ihn in die Ferne, an den Ort des Verbrechens;
es zieht sie doch immer wieder zu ihm;
Die Gemüse und Hummerkrabben in dem restlichen Mehl wenden, abklopfen und durch den Teig ziehen (e & t 6, 1987, 118);
Den jungen, unternehmungslustigen Juristen zog es schon sehr bald in die Wirtschaft (Vaterland 27. 3. 85, 19);
b) an eine bestimmte Stelle, in eine bestimmte Lage, Stellung bringen:
Perlen auf eine Schnur ziehen;
den Faden durchs Nadelöhr, den Gürtel durch die Schlaufen ziehen;
den Hut [tief] ins Gesicht ziehen;
er zog die Schutzbrille über die Augen;
eine Decke fest um sich ziehen;
sie zog den Gürtel stramm um die Hüften;
den Schleier vor das Gesicht, die Gardinen vor das Fenster ziehen;
Fleischstücke abtropfen lassen und auf Holzspieße ziehen (e & t 5, 1987, 67);
die Tante hat einmal einen Heidelbeerwein auf Flaschen gezogen (in Flaschen abgefüllt; Wimschneider, Herbstmilch 135);
(EDV:) So genügt es etwa, ein Dateisymbol mit der Maus auf ein passendes Symbol am Bildschirm zu ziehen (Zeit 2. 12. 94, 88);
Wenn Thies in Phineus Keller saß, … gelang es dem Branntweiner manchmal, ihn ins Gespräch zu ziehen (Ransmayr, Welt 266);
c) über oder unter etwas anziehen:
einen Pullover über die Bluse, ein Hemd unter den Pullover ziehen;
d) (besonders von Spielfiguren) von einer Stelle weg zu einer anderen bewegen, verrücken:
den Springer auf ein anderes Feld ziehen;
du musst ziehen!;
e) durch Ziehen (3 a) aus, von etwas entfernen, von einer bestimmten Stelle wegbewegen:
jemandem einen Zahn ziehen;
er zog ihm den Splitter aus dem Fuß;
einen Nagel aus dem Brett, den Korken aus der Flasche ziehen;
den Stiefel vom Fuß ziehen;
den Ring vom Finger ziehen;
den Hut [zum Gruß] ziehen (lüften);
nach der Operation müssen die Fäden gezogen werden;
Er kam und wollte mir einen Stachel aus der Armbeuge ziehen (Schwaiger, Wie kommt 31).
6.
a) mit einer ziehenden Bewegung aus etwas herausnehmen, herausholen:
die Brieftasche, den Presseausweis [aus der Jackentasche] ziehen;
den Degen, das Schwert ziehen;
die Pistole [aus dem Halfter] ziehen;
zieh (zieh deine Waffe) endlich, du Feigling!;
Ü die Wurzel aus einer Zahl ziehen (Mathematik; die Grundzahl einer Potenz errechnen);
jetzt geht er nur noch Brieftaschen ziehen (stehlen; Schmidt, Strichjungengespräche 156);
b) aus einer bestimmten Menge auswählen und herausholen:
ein Los ziehen;
du musst eine Karte ziehen;
sie hat einen Gewinn gezogen;
(Fachsprache:) wobei in größeren Arztpraxen täglich bis zu 100 Blutproben gezogen werden (MM 24. 11. 93, 1);
In 53 der gezogenen Proben spürten die Prüfer giftige Lösungsmittel auf (Spiegel 16, 1994, 220).
7. seinen [Wohn]sitz irgendwohin verlegen, umziehen:
aufs Land, nach Berlin ziehen;
sie ziehen in eine andere Wohnung, Straße;
das Institut zieht bald in ein neues Gebäude;
sie ist zu ihrem Freund gezogen;
Ich ziehe in die Kammer, dann habt ihr zwei Zimmer (Brot und Salz 368).
8. sich stetig fortbewegen, irgendwo[hin] bewegen; irgendwo[hin] unterwegs sein:
durch die Lande ziehen;
jemanden ungern ziehen (fortgehen) lassen;
von dannen, in die Fremde, heimwärts ziehen;
auf Wache, ins Manöver, in den Krieg, an die Front ziehen;
die Demonstranten zogen [randalierend] durch die Straßen, zum Rathaus;
die Hirsche ziehen zum Wald;
die Aale ziehen flussaufwärts;
die Schwalben ziehen nach Süden;
Nebel zieht über die Wiesen;
die Wolken ziehen [schnell];
der Qualm, Gestank zog durch das ganze Haus, ins Zimmer;
die Feuchtigkeit ist in die Wände gezogen (gedrungen);
Ü die verschiedensten Gedanken zogen durch ihren Kopf;
dann zog er mit Christa durch die Gegend (Loest, Pistole 204);
Schon fürchtete sie, er habe sich davongemacht und würde nun unbemerkt durch die Bauerngärten ziehen und unreife Äpfel von den Bäumen fressen (Frischmuth, Herrin 74);
Ich hatte mich westlich des Rheins gehalten, weil auf seiner anderen Seite … der Welfe Otto nordwärts zog (Stern, Mann 389);
In der Frühe zogen die Gendarmen auf Posten vor den Abstimmlokalen (Kühn, Zeit 158);
Eine Bise zog scharf über die Kuppe (Steimann, Aperwind 33);
das … Haus …, durch das bald in allen Etagen blaue Rauchschwaden ziehen (Kinski, Erdbeermund 362);
die Gastgeber … zogen beim 7:6 erstmals in Front (übernahmen erstmals die führende Position; Freie Presse 26. 11. 88, 4);
☆ einen ziehen lassen (↑ "fahren lassen" [1]).
9.
a) sich [auf irgendeine Weise] irgendwohin erstrecken, bis irgendwohin verlaufen:
die Straße zieht sich bis zur Küste;
die Grenze zieht sich quer durchs Land;
eine rote Narbe zog sich über sein ganzes Gesicht;
der Weg zieht sich aber (umgangssprachlich; ist ziemlich lang, sodass man länger als erwartet dafür braucht);
b) sich ↑ "hinziehen" (4 b):
Der Januar zieht sich (Sobota, Minus-Mann 264);
Die Fahrt zum Hotel zog sich (Haslinger, Opernball 352).
10.
a) durch entsprechende Behandlung, Bearbeitung in eine längliche Form bringen; [durch Dehnen, Strecken] herstellen:
Draht, Röhren, Kerzen ziehen;
Ü Eine Kopie der Computerfestplatte zogen sich die Fahnder auch gleich (Spiegel 50, 1996, 89);
Die Filmcooperative Zürich hat unter beträchtlichem finanziellem Aufwand … eine neue Kopie ziehen lassen (NZZ 27. 1. 83, 39);
b) etwas [an beiden Enden] so ziehen (3 a), dass es entsprechend lang wird; dehnen:
die Betttücher, Wäschestücke [in Form] ziehen;
Kaugummi lässt sich gut ziehen;
c) (meist von etwas Zähflüssigem) entstehen lassen, erzeugen, bilden:
der Leim, Honig zieht Fäden;
bei der Hitze zog das Pflaster Blasen;
Dann stand die Suppe im Teller und zog … eine dünne Haut (Müller, Fuchs 259);
d) ↑ "aufziehen" (3):
eine neue Saite auf die Geige ziehen;
das Bild auf Pappe ziehen;
e) beim Singen, Sprechen o. Ä. die Töne, Laute, Silben [unangenehm] breit [hebend und senkend] dehnen:
dann setzte ein Geräusch ein, ein langes, ziehendes Pfeifen entrang sich dem Schnabel (Harig, Weh dem 196).
11. ausrollen, ausbreiten, irgendwo entlanglaufen lassen und an bestimmten Punkten befestigen; spannen:
eine [Wäsche]leine, Schnüre ziehen;
Leitungen ziehen.
12. [als Ausdruck bestimmter Gefühle, Meinungen o. Ä.] bestimmte Gesichtspartien so verändern, dass sie vom sonst üblichen Aussehen abweichen:
eine Grimasse, einen Flunsch ziehen;
[nachdenklich] die Stirn in Falten ziehen;
den Mund in die Breite ziehen;
[missmutig] die Mundwinkel nach unten ziehen;
die Augenbrauen nach oben ziehen.
13. ↑ "verziehen" (2 b):
das Brett zieht sich;
der Rahmen hat sich gezogen.
14.
a) ↑ "Anziehungskraft" (1) haben:
der Magnet zieht nicht mehr;
b) (umgangssprachlich) die gewünschte Wirkung, Erfolg haben; ↑ "ankommen" (4):
der Film, die neue Zeitschrift zieht enorm;
diese Masche zieht [immer] noch;
deine Tricks, Ausreden ziehen nicht mehr;
das zieht bei mir nicht;
das verletzte Knie zeigen, Mitleid ernten …: Das zieht immer (Geiser, Fieber 50);
Wo Argumente nicht ziehen, endet Argumentation (Heringer, Holzfeuer 98);
Alle Bonner Beteuerungen, deutsche Waffen würden nicht in Spannungsgebiete geliefert, ziehen nicht (Spiegel 6, 1978, 4);
c) bewirken, dass sich etwas (als Reaktion auf ein bestimmtes Verhalten o. Ä.) auf einen bzw. etwas richtet:
alle Blicke auf sich ziehen;
jemandes Unwillen, Zorn auf sich ziehen;
… studierte er die Speisekarte und zog damit die Aufmerksamkeit einiger Passanten auf die angekündigten Delikatessen (Kronauer, Bogenschütze 162);
Sie … wollte sein Interesse nur auf den Fall ziehen, der sie beschäftigte (M. L. Fischer, Kein Vogel 164).
15.
a) mit einem [tiefen] Atemzug in sich aufnehmen; einatmen:
die frische Luft, den Duft der Blumen durch die Nase ziehen;
er zog den Rauch tief in die Lungen;
ich lächelte zum Wirt, der … höflich Luft durch die Zähne zog (Muschg, Sommer 40);
b) etwas in den Mund nehmen und unter Anspannung der Mundmuskulatur Rauch, Flüssigkeit daraus entnehmen, in sich hineinziehen:
an der Pfeife, [hastig, nervös] an der Zigarette ziehen;
an einem Strohhalm ziehen;
sie zieht (Jargon; raucht Haschisch o. Ä.);
Er zog an seiner dicken Zigarre und blies den Rauch über Sylvias Kopf hinweg (Konsalik, Promenadendeck 175);
»Möchtest du auch eine rauchen?«, fragte er. »Nein, lass mich einmal ziehen« (Wellershoff, Körper 88).
16.
a) (von Pflanzen) bestimmte Stoffe in sich aufnehmen:
Nahrung aus dem Boden ziehen;
der Feigenbaum zieht viel Wasser;
b) ↑ "gewinnen" (5 b):
Öl aus bestimmten Pflanzen ziehen;
Erz aus Gestein ziehen;
Ü Profit, Nutzen, einen Vorteil aus etwas ziehen;
ebenso wie wir … Leute sehen, die man Christen nennt, wie sie aus Gleichnissen und Wundern ihren Glauben ziehen (Ranke-Heinemann, Eunuchen 13).
17.
a) etwas, besonders ein Schreibgerät, von einem bestimmten Punkt ausgehend, ohne abzusetzen, über eine Fläche bewegen und dadurch (eine Linie) entstehen lassen:
eine Senkrechte, einen Kreis, Bogen ziehen;
Linien [mit dem Lineal] ziehen;
einen Schlussstrich unter die Rechnung ziehen;
b) nach einer bestimmten Linie anlegen, bauen, entstehen lassen:
einen Graben, eine Grenze ziehen;
sie zogen eine Mauer [um die Stadt];
Zäune [um die Parks] ziehen;
sie zog sich einen Scheitel;
So wurden Wege gepflastert, Malerarbeiten durchgeführt, Drainagen gezogen (Freie Presse 22. 6. 89, 8);
c) eine bestimmte Linie beschreiben:
seine Bahn ziehen;
mit dem Flugzeug eine Schleife ziehen;
beim Schlittschuhlaufen Figuren ziehen;
Über schwarzgrünen, unbetretbaren Wäldern zogen Gerfalken und Milane ihre Spiralen (Ransmayr, Welt 196).
18. aufziehen, züchten:
etwas aus Samen, Stecklingen ziehen;
Rosen, Spargel ziehen;
Schweine, Gänse ziehen;
Ü den Jungen werde ich mir noch ziehen (umgangssprachlich; so formen, so erziehen, dass er meinen Vorstellungen entspricht);
… einen Garten, in dem sie Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Kartoffeln ziehen (Chotjewitz, Friede 161).
19.
a) mit kochendem, heißem Wasser o. Ä. übergossen sein und so lange stehen bleiben, bis die übergossene Substanz ihre Bestandteile, ihren Geschmack und ihr Aroma an das Wasser abgibt:
den Tee 3 Minuten ziehen lassen;
der Kaffee hat lange genug gezogen;
b) (Kochkunst) etwas in einer Flüssigkeit knapp unter dem Siedepunkt halten und langsam garen lassen:
die Klöße ziehen lassen;
der Fisch soll nicht kochen, sondern ziehen.
20. als Luftzug in Erscheinung treten, unangenehm zu verspüren sein:
[Tür zu] es zieht!;
in der Halle zieht es;
es zieht aus allen Ecken, vom Fenster her, an die Beine, mir an den Beinen;
Die Äcker sind voll Schnee, und durch die Fensterritze zieht's (Kempowski, Zeit 262).
21. den nötigen ↑ 1"Zug" (8 b) haben, um entsprechend zu funktionieren:
der Ofen, Schornstein zieht [gut];
die Pfeife zieht nicht mehr;
Die Kamine sind versockt und ziehen schlecht (Chotjewitz, Friede 232).
22. einen Schmerz, der sich in einer bestimmten Linie ausbreitet, haben:
es zieht [mir] im Rücken;
ziehende Schmerzen in den Beinen, in den Gliedern haben;
sie verspürte ein leichtes, starkes Ziehen im Bauch;
Otto Brasch spürte wieder dieses quälende Ziehen zwischen den Schulterblättern (Loest, Pistole 161).
23. (Geldwesen) auf eine dritte Person, auf einen Wechselnehmer ausstellen:
einen Wechsel auf jemanden ziehen;
ein gezogener Wechsel.
24. mit einem Gegenstand ausholend schlagen:
jemandem eine Latte, eine Flasche über den Kopf ziehen;
er zog ihm eins über die Rübe;
Dabei zog ihm einer der Täter einen Holzknüppel über den Kopf (MM 22. 7. 88, 15).
25. (Waffentechnik) mit schraubenlinienartigen ↑ 1{{link}}Zügen{{/link}} (15) versehen:
ein Gewehr mit gezogenem Lauf.
26.
Lehren aus etwas ziehen (aus etwas lernen);
den Schluss aus etwas ziehen (aus etwas schließen);
falsche, voreilige Schlüsse ziehen (fälschlicherweise, zu hastig etwas vermuten, annehmen);
Folgerungen ziehen (aus etwas schließen);
Konsequenzen ziehen (aus etwas die Folgerungen für künftiges Handeln ableiten);
Vergleiche ziehen (etwas miteinander vergleichen);
jemanden zur Rechenschaft, zur Verantwortung ziehen (für etwas verantwortlich machen).
27. Zeuch dein Schwert und erbarme dich! (Schiller, Räuber V, 2).
einen Handwagen, die Kutsche, Rikscha ziehen;
sich auf einem Schlitten ziehen lassen;
die Pferde, Ochsen zogen den Pflug;
Ü etwas nach sich ziehen (etwas zur Folge haben);
… wo ein Kind über den schneefreien Gehsteig einen Schlitten zog (Handke, Frau 9).
2.
a) in gleichmäßiger Bewegung [über den Boden oder eine Fläche] zu sich hin bewegen:
(als Aufschrift an Türen:) ziehen!;
den Stuhl an den Tisch ziehen;
das Boot an Land ziehen;
die Angel aus dem Wasser ziehen;
den Verunglückten aus dem Auto, die Leiche aus dem Wasser ziehen;
sie zog die Tür leise ins Schloss;
Nach unruhigem Herumwälzen zog er sich wieder die Decke über den Kopf (Fels, Sünden 24);
b) jemanden [an der Hand] mit sich fortbewegen; jemanden anfassen, packen und bewirken, dass er sich mit an eine andere Stelle bewegt:
Junge, lass dich nicht so ziehen!;
die Pferde aus dem Stall ziehen;
sie zog ihn [an der Hand] ins andere Zimmer;
er zog sie neben sich aufs Sofa;
sie zogen ihn mit Gewalt ins Auto;
Katjas Mutter zog mich in eine Sitzecke und lud mich zu einem Kognak ein (H. Weber, Einzug 240);
Sie hängte sich jetzt in seinen Arm und zog ihn über die Straße (Hilsenrath, Nacht 362);
Ü So hat er alle möglichen Personen an seinen Hof gezogen, Dichter, Philosophen (Thieß, Reich 242);
er … war mit siebzehn regulär zur Waffen-SS gezogen (ugs.; einberufen) worden (Bruyn, Zwischenbilanz 258);
Der SPD-Abgeordnete … wurde wegen Untauglichkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht gezogen (umgangssprachlich; einberufen; MM 28. 12. 82, 5);
c) [mit einer sanften Bewegung] bewirken, dass jemand, etwas irgendwohin gelangt:
er zog sie liebevoll, zärtlich an sich;
d) durch Einschlagen des Lenkrades, Betätigen des Steuerknüppels in eine bestimmte Richtung steuern:
er zog den Wagen in letzter Sekunde scharf nach links, in die Kurve;
der Pilot zog die Maschine wieder nach oben.
3.
a) ↑ 1"Zug" (3) auf etwas [was an einem Ende beweglich befestigt ist] ausüben:
an der Klingelschnur ziehen;
der Hund zieht [an der Leine] (drängt ungestüm vorwärts);
b) etwas anfassen, packen und daran zerren, reißen:
jemanden am Ärmel ziehen;
der Vater zog ihn an den Haaren, an den Ohren;
c) durch Ziehen (3 a) betätigen:
die Notbremse, Wasserspülung, die Orgelregister ziehen;
d) [durch Herausziehen eines Faches o. Ä.] einem ↑ {{link}}Automaten{{/link}} (1 a) entnehmen:
Tickets, Süßigkeiten, Blumen aus Automaten ziehen;
Vorne am Rathausplatz kann ich mir auch noch Zigaretten ziehen (Gabel, Fix 17).
4.
der Wagen, der Motor zieht ausgezeichnet.
5.
a) in eine bestimmte Richtung bewegen:
die Rollläden in die Höhe ziehen;
er zog die Knie bis unters Kinn;
der Sog zog sie in die Tiefe;
er wurde in den Strudel gezogen;
die schwere Last zog ihn fast zu Boden;
die Ruder kräftig durchs Wasser ziehen;
die Strümpfe kurz durchs Wasser ziehen (schnell auswaschen);
Ü
es zieht sie doch immer wieder zu ihm;
Die Gemüse und Hummerkrabben in dem restlichen Mehl wenden, abklopfen und durch den Teig ziehen (e & t 6, 1987, 118);
Den jungen, unternehmungslustigen Juristen zog es schon sehr bald in die Wirtschaft (Vaterland 27. 3. 85, 19);
b) an eine bestimmte Stelle, in eine bestimmte Lage, Stellung bringen:
Perlen auf eine Schnur ziehen;
den Faden durchs Nadelöhr, den Gürtel durch die Schlaufen ziehen;
den Hut [tief] ins Gesicht ziehen;
er zog die Schutzbrille über die Augen;
eine Decke fest um sich ziehen;
sie zog den Gürtel stramm um die Hüften;
den Schleier vor das Gesicht, die Gardinen vor das Fenster ziehen;
Fleischstücke abtropfen lassen und auf Holzspieße ziehen (e & t 5, 1987, 67);
die Tante hat einmal einen Heidelbeerwein auf Flaschen gezogen (in Flaschen abgefüllt; Wimschneider, Herbstmilch 135);
(EDV:) So genügt es etwa, ein Dateisymbol mit der Maus auf ein passendes Symbol am Bildschirm zu ziehen (Zeit 2. 12. 94, 88);
Wenn Thies in Phineus Keller saß, … gelang es dem Branntweiner manchmal, ihn ins Gespräch zu ziehen (Ransmayr, Welt 266);
c) über oder unter etwas anziehen:
einen Pullover über die Bluse, ein Hemd unter den Pullover ziehen;
d) (besonders von Spielfiguren) von einer Stelle weg zu einer anderen bewegen, verrücken:
den Springer auf ein anderes Feld ziehen;
e) durch Ziehen (3 a) aus, von etwas entfernen, von einer bestimmten Stelle wegbewegen:
jemandem einen Zahn ziehen;
er zog ihm den Splitter aus dem Fuß;
einen Nagel aus dem Brett, den Korken aus der Flasche ziehen;
den Stiefel vom Fuß ziehen;
den Ring vom Finger ziehen;
den Hut [zum Gruß] ziehen (lüften);
nach der Operation müssen die Fäden gezogen werden;
Er kam und wollte mir einen Stachel aus der Armbeuge ziehen (Schwaiger, Wie kommt 31).
6.
a) mit einer ziehenden Bewegung aus etwas herausnehmen, herausholen:
die Brieftasche, den Presseausweis [aus der Jackentasche] ziehen;
den Degen, das Schwert ziehen;
die Pistole [aus dem Halfter] ziehen;
Ü die Wurzel aus einer Zahl ziehen (Mathematik; die Grundzahl einer Potenz errechnen);
jetzt geht er nur noch Brieftaschen ziehen (stehlen; Schmidt, Strichjungengespräche 156);
b) aus einer bestimmten Menge auswählen und herausholen:
ein Los ziehen;
du musst eine Karte ziehen;
sie hat einen Gewinn gezogen;
(Fachsprache:) wobei in größeren Arztpraxen täglich bis zu 100 Blutproben gezogen werden (MM 24. 11. 93, 1);
In 53 der gezogenen Proben spürten die Prüfer giftige Lösungsmittel auf (Spiegel 16, 1994, 220).
7.
aufs Land, nach Berlin ziehen;
sie ziehen in eine andere Wohnung, Straße;
das Institut zieht bald in ein neues Gebäude;
sie ist zu ihrem Freund gezogen;
Ich ziehe in die Kammer, dann habt ihr zwei Zimmer (Brot und Salz 368).
8.
durch die Lande ziehen;
jemanden ungern ziehen (fortgehen) lassen;
von dannen, in die Fremde, heimwärts ziehen;
auf Wache, ins Manöver, in den Krieg, an die Front ziehen;
die Demonstranten zogen [randalierend] durch die Straßen, zum Rathaus;
die Hirsche ziehen zum Wald;
die Aale ziehen flussaufwärts;
die Schwalben ziehen nach Süden;
Nebel zieht über die Wiesen;
die Wolken ziehen [schnell];
der Qualm, Gestank zog durch das ganze Haus, ins Zimmer;
die Feuchtigkeit ist in die Wände gezogen (gedrungen);
Ü die verschiedensten Gedanken zogen durch ihren Kopf;
dann zog er mit Christa durch die Gegend (Loest, Pistole 204);
Schon fürchtete sie, er habe sich davongemacht und würde nun unbemerkt durch die Bauerngärten ziehen und unreife Äpfel von den Bäumen fressen (Frischmuth, Herrin 74);
Ich hatte mich westlich des Rheins gehalten, weil auf seiner anderen Seite … der Welfe Otto nordwärts zog (Stern, Mann 389);
In der Frühe zogen die Gendarmen auf Posten vor den Abstimmlokalen (Kühn, Zeit 158);
Eine Bise zog scharf über die Kuppe (Steimann, Aperwind 33);
das … Haus …, durch das bald in allen Etagen blaue Rauchschwaden ziehen (Kinski, Erdbeermund 362);
die Gastgeber … zogen beim 7:6 erstmals in Front (übernahmen erstmals die führende Position; Freie Presse 26. 11. 88, 4);
☆ einen ziehen lassen (↑ "fahren lassen" [1]).
9.
a) sich [auf irgendeine Weise] irgendwohin erstrecken, bis irgendwohin verlaufen:
die Straße zieht sich bis zur Küste;
die Grenze zieht sich quer durchs Land;
eine rote Narbe zog sich über sein ganzes Gesicht;
der Weg zieht sich aber (umgangssprachlich; ist ziemlich lang, sodass man länger als erwartet dafür braucht);
b) sich ↑ "hinziehen" (4 b):
Der Januar zieht sich (Sobota, Minus-Mann 264);
Die Fahrt zum Hotel zog sich (Haslinger, Opernball 352).
10.
a) durch entsprechende Behandlung, Bearbeitung in eine längliche Form bringen; [durch Dehnen, Strecken] herstellen:
Draht, Röhren, Kerzen ziehen;
Ü Eine Kopie der Computerfestplatte zogen sich die Fahnder auch gleich (Spiegel 50, 1996, 89);
Die Filmcooperative Zürich hat unter beträchtlichem finanziellem Aufwand … eine neue Kopie ziehen lassen (NZZ 27. 1. 83, 39);
b) etwas [an beiden Enden] so ziehen (3 a), dass es entsprechend lang wird; dehnen:
die Betttücher, Wäschestücke [in Form] ziehen;
Kaugummi lässt sich gut ziehen;
c) (meist von etwas Zähflüssigem) entstehen lassen, erzeugen, bilden:
der Leim, Honig zieht Fäden;
bei der Hitze zog das Pflaster Blasen;
Dann stand die Suppe im Teller und zog … eine dünne Haut (Müller, Fuchs 259);
d) ↑ "aufziehen" (3):
eine neue Saite auf die Geige ziehen;
das Bild auf Pappe ziehen;
e) beim Singen, Sprechen o. Ä. die Töne, Laute, Silben [unangenehm] breit [hebend und senkend] dehnen:
dann setzte ein Geräusch ein, ein langes, ziehendes Pfeifen entrang sich dem Schnabel (Harig, Weh dem 196).
11.
eine [Wäsche]leine, Schnüre ziehen;
Leitungen ziehen.
12.
eine Grimasse, einen Flunsch ziehen;
[nachdenklich] die Stirn in Falten ziehen;
den Mund in die Breite ziehen;
[missmutig] die Mundwinkel nach unten ziehen;
die Augenbrauen nach oben ziehen.
13.
das Brett zieht sich;
der Rahmen hat sich gezogen.
14.
a) ↑ "Anziehungskraft" (1) haben:
der Magnet zieht nicht mehr;
b) (umgangssprachlich) die gewünschte Wirkung, Erfolg haben; ↑ "ankommen" (4):
der Film, die neue Zeitschrift zieht enorm;
diese Masche zieht [immer] noch;
deine Tricks, Ausreden ziehen nicht mehr;
das zieht bei mir nicht;
das verletzte Knie zeigen, Mitleid ernten …: Das zieht immer (Geiser, Fieber 50);
Wo Argumente nicht ziehen, endet Argumentation (Heringer, Holzfeuer 98);
Alle Bonner Beteuerungen, deutsche Waffen würden nicht in Spannungsgebiete geliefert, ziehen nicht (Spiegel 6, 1978, 4);
c) bewirken, dass sich etwas (als Reaktion auf ein bestimmtes Verhalten o. Ä.) auf einen bzw. etwas richtet:
alle Blicke auf sich ziehen;
jemandes Unwillen, Zorn auf sich ziehen;
… studierte er die Speisekarte und zog damit die Aufmerksamkeit einiger Passanten auf die angekündigten Delikatessen (Kronauer, Bogenschütze 162);
Sie … wollte sein Interesse nur auf den Fall ziehen, der sie beschäftigte (M. L. Fischer, Kein Vogel 164).
15.
a) mit einem [tiefen] Atemzug in sich aufnehmen; einatmen:
die frische Luft, den Duft der Blumen durch die Nase ziehen;
er zog den Rauch tief in die Lungen;
ich lächelte zum Wirt, der … höflich Luft durch die Zähne zog (Muschg, Sommer 40);
b) etwas in den Mund nehmen und unter Anspannung der Mundmuskulatur Rauch, Flüssigkeit daraus entnehmen, in sich hineinziehen:
an der Pfeife, [hastig, nervös] an der Zigarette ziehen;
an einem Strohhalm ziehen;
sie zieht (Jargon; raucht Haschisch o. Ä.);
Er zog an seiner dicken Zigarre und blies den Rauch über Sylvias Kopf hinweg (Konsalik, Promenadendeck 175);
»Möchtest du auch eine rauchen?«, fragte er. »Nein, lass mich einmal ziehen« (Wellershoff, Körper 88).
16.
a) (von Pflanzen) bestimmte Stoffe in sich aufnehmen:
Nahrung aus dem Boden ziehen;
der Feigenbaum zieht viel Wasser;
b) ↑ "gewinnen" (5 b):
Öl aus bestimmten Pflanzen ziehen;
Erz aus Gestein ziehen;
Ü Profit, Nutzen, einen Vorteil aus etwas ziehen;
ebenso wie wir … Leute sehen, die man Christen nennt, wie sie aus Gleichnissen und Wundern ihren Glauben ziehen (Ranke-Heinemann, Eunuchen 13).
17.
a) etwas, besonders ein Schreibgerät, von einem bestimmten Punkt ausgehend, ohne abzusetzen, über eine Fläche bewegen und dadurch (eine Linie) entstehen lassen:
eine Senkrechte, einen Kreis, Bogen ziehen;
Linien [mit dem Lineal] ziehen;
einen Schlussstrich unter die Rechnung ziehen;
b) nach einer bestimmten Linie anlegen, bauen, entstehen lassen:
einen Graben, eine Grenze ziehen;
sie zogen eine Mauer [um die Stadt];
Zäune [um die Parks] ziehen;
sie zog sich einen Scheitel;
So wurden Wege gepflastert, Malerarbeiten durchgeführt, Drainagen gezogen (Freie Presse 22. 6. 89, 8);
c) eine bestimmte Linie beschreiben:
seine Bahn ziehen;
mit dem Flugzeug eine Schleife ziehen;
beim Schlittschuhlaufen Figuren ziehen;
Über schwarzgrünen, unbetretbaren Wäldern zogen Gerfalken und Milane ihre Spiralen (Ransmayr, Welt 196).
18.
etwas aus Samen, Stecklingen ziehen;
Rosen, Spargel ziehen;
Schweine, Gänse ziehen;
Ü den Jungen werde ich mir noch ziehen (umgangssprachlich; so formen, so erziehen, dass er meinen Vorstellungen entspricht);
… einen Garten, in dem sie Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Kartoffeln ziehen (Chotjewitz, Friede 161).
19.
a) mit kochendem, heißem Wasser o. Ä. übergossen sein und so lange stehen bleiben, bis die übergossene Substanz ihre Bestandteile, ihren Geschmack und ihr Aroma an das Wasser abgibt:
den Tee 3 Minuten ziehen lassen;
der Kaffee hat lange genug gezogen;
b) (Kochkunst) etwas in einer Flüssigkeit knapp unter dem Siedepunkt halten und langsam garen lassen:
die Klöße ziehen lassen;
der Fisch soll nicht kochen, sondern ziehen.
20.
[Tür zu] es zieht!;
in der Halle zieht es;
es zieht aus allen Ecken, vom Fenster her, an die Beine, mir an den Beinen;
Die Äcker sind voll Schnee, und durch die Fensterritze zieht's (Kempowski, Zeit 262).
21.
der Ofen, Schornstein zieht [gut];
die Pfeife zieht nicht mehr;
Die Kamine sind versockt und ziehen schlecht (Chotjewitz, Friede 232).
22.
es zieht [mir] im Rücken;
ziehende Schmerzen in den Beinen, in den Gliedern haben;
Otto Brasch spürte wieder dieses quälende Ziehen zwischen den Schulterblättern (Loest, Pistole 161).
23.
einen Wechsel auf jemanden ziehen;
ein gezogener Wechsel.
24.
jemandem eine Latte, eine Flasche über den Kopf ziehen;
er zog ihm eins über die Rübe;
Dabei zog ihm einer der Täter einen Holzknüppel über den Kopf (MM 22. 7. 88, 15).
25.
ein Gewehr mit gezogenem Lauf.
26.
Lehren aus etwas ziehen (aus etwas lernen);
den Schluss aus etwas ziehen (aus etwas schließen);
falsche, voreilige Schlüsse ziehen (fälschlicherweise, zu hastig etwas vermuten, annehmen);
Folgerungen ziehen (aus etwas schließen);
Konsequenzen ziehen (aus etwas die Folgerungen für künftiges Handeln ableiten);
Vergleiche ziehen (etwas miteinander vergleichen);
jemanden zur Rechenschaft, zur Verantwortung ziehen (für etwas verantwortlich machen).
27.