Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
wollen
1wọl|len [mittelhochdeutsch wullīn, althochdeutsch wullinen]:aus ↑ "Wolle" (1 b, c) bestehend:
wollene Strümpfe, Unterwäsche;
Organisten tragen wollene Fingerwärmer, das habe ich einmal im Kino gesehen, sie sind immer arm und frieren (Schwaiger, Wie kommt 18).
2wọl|len [mittelhochdeutsch wollen, wellen, althochdeutsch wellen]:
1.
a) die Absicht, den Wunsch, den Willen haben, etwas Bestimmtes zu tun:
er will uns morgen besuchen;
wir wollten gerade gehen;
das Buch habe ich schon immer lesen wollen;
er will ins Ausland gehen;
willst (möchtest) du mitfahren?;
Ich wollte längst Feierabend gemacht haben (hätte gern längst Feierabend gemacht) und hatte nun die drei Zuhälter da (Eppendorfer, St. Pauli 95);
b) dient der Umschreibung einer Bitte, eines Wunsches:
ich wollte Sie bitten, uns ein Stück zu begleiten;
wir wollten Sie fragen, ob Sie uns nicht helfen können;
c) (veraltend) drückt einen Wunsch, eine höfliche, aber zugleich bestimmte Aufforderung aus:
wenn Sie bitte Platz nehmen wollen;
man wolle bitte darauf achten, dass nichts verloren geht;
(als einem Befehl ähnliche Aufforderung:) Sie wollen sich bitte sofort melden;
Die Öffnungszeiten der Staatsbank wollen Sie bitte dem dortigen Aushang entnehmen (Freie Presse 30. 12. 89, 8);
Es wollen sich nur Bewerber melden, die diese Aufgabe erfüllen können (Saarbr. Zeitung 15./16. 12. 79, XII);
d) drückt aus, dass der Sprecher die von ihm wiedergegebene Behauptung eines anderen mit Skepsis betrachtet, für fraglich hält:
er will es nicht gewusst, gesehen haben (behauptet, es nicht gewusst, gesehen zu haben);
Nach dieser Nachricht will sie einen Herzanfall bekommen haben (MM 14. 3. 79, 14);
Gäste des Lokals wollen zu später Stunde Nazilieder gehört haben (Chotjewitz, Friede 154);
e) meist verneint; drückt aus, dass etwas [nicht] in der im Verb genannten Weise funktioniert, geschieht, abläuft o. Ä.:
die Wunde will [und will] nicht heilen;
der Motor wollte nicht anspringen;
etwas will nicht gelingen, kein Ende nehmen;
es will Abend werden (gehoben; es wird allmählich Abend);
(verblasst:) das will nichts heißen, will nicht viel sagen (heißt, bedeutet nicht viel);
das will ich hoffen, meinen;
ein nicht enden wollender Beifall;
f) in Verbindung mit einem 2. Partizip und »sein« oder »werden«; drückt aus, dass etwas eine bestimmte Bemühung, Anstrengung o. Ä. verlangt; müssen:
etwas will gekonnt sein;
dieser Schritt will gut überlegt werden;
Unsere große Passion war es, Pferde zu putzen. Das wollte gelernt sein (Dönhoff, Ostpreußen 85);
g) einen bestimmten Zweck haben; einem bestimmten Zweck dienen:
die Aktion will über die Lage der religiösen Minderheiten in Asien aufklären;
das Buch will ein Ratgeber für alle Lebenslagen sein, will allen helfen, sich überall schnell zurechtzufinden.
2.
a) die Absicht, den Wunsch haben, etwas zu tun:
das habe ich nicht gewollt;
sie wollen ans Meer, ins Gebirge (umgangssprachlich; wollen dorthin fahren);
sie will zum Theater (umgangssprachlich; will Schauspielerin werden);
wenn du willst, können wir gleich gehen;
ohne [es] zu wollen (ohne dass es seine Absicht gewesen war), hatte er alles verraten;
du musst nur wollen (den festen Willen haben), dann geht es auch;
wollt ihr wohl/gleich/endlich! (umgangssprachlich; in gegenüber Kindern gebrauchten Aufforderungen mit leicht drohendem Unterton; ihr sollt aufhören, anfangen, fortgehen o. Ä.);
[na] dann wollen wir mal! (umgangssprachlich; wollen wir anfangen, beginnen mit etwas Bestimmtem);
das ist, wenn man so will (man könnte es so einschätzen), ein einmaliger Vorgang;
Donnerwetter, siehst du aus! Das wollte ich nicht (das war keine Absicht; Hohmann, Engel 234);
er hat über die Grenze gewollt (ugs.; hat über die Grenze gehen wollen), und sie haben ihn erwischt (Kunze, Jahre 15);
ich war so deprimiert, ich wollte zur Fremdenlegion (umgangssprachlich; wollte in die Fremdenlegion eintreten; Schmidt, Strichjungengespräche 168);
Gut. Wollen wir? (können wir die Sache in Angriff nehmen?; Brot und Salz 12);
Das war zunächst, wenn Sie so wollen (könnte man sagen), eine entfernte Bekanntschaft (Spiegel 46, 1984, 24);
das Bild sei in ihrem privaten Umfeld entstanden und ohne ihr Wissen und Wollen in die Hände der Zeitschriftenredakteure gelangt (SZ 22. 12. 2004, 40);
b) zu haben, zu bekommen wünschen; erstreben:
er hat alles bekommen, was er wollte;
er hat für seine Arbeit nichts, kein Geld gewollt (umgangssprachlich; haben wollen, verlangt);
den Fortschritt, sein Recht wollen;
ich will nur dein Bestes;
er will nur seine Ruhe;
was willst du [noch] mehr? (du hast doch erreicht, geschafft, bekommen, was du wolltest!);
er will es [ja] nicht anders, hat es so gewollt;
ich will (wünsche, verlange), dass du das tust;
er will nicht (ist nicht damit einverstanden), dass man ihm hilft;
nimm dir, so viel du willst (haben möchtest);
er weiß [nicht], was er will;
ich weiß nicht, was du willst (umgangssprachlich; warum du dich aufregst), es ist doch alles in Ordnung;
er wollte etwas von dir (umgangssprachlich; hatte ein Anliegen);
ich mache alles, was du von mir willst (verlangst);
du kannst es halten, wie du willst (hast völlig freie Hand);
da ist nichts [mehr] zu wollen! (umgangssprachlich; da lässt sich nichts mehr ändern);
nichts zu wollen! (umgangssprachlich; Ausdruck der Zurückweisung);
es wird so werden, ob du willst (ob es nach deinem Wunsch ist) oder nicht;
ob man will oder nicht (es ist einfach Tatsache, ist einfach so), eine andere Lösung ist nicht mehr möglich;
Ü der Zufall wollte es (hat es so gefügt), dass wir gleichzeitig in Berlin ankamen;
dieses Preußentum, so wollten es die Geschichtsbücher und Lehrer (so stellten sie es hin), war der Vorläufer von Hitlers Ideen (Loest, Pistole 54);
Als er durchkam, schrie er die Sekretärin an, er wolle heute noch einen Termin bei Dr. Meichle (M. Walser, Seelenarbeit 108);
Wir haben das Kind gewollt (haben es uns gewünscht; Schwarzer, Unterschied 43);
Er wollte mich (ugs.; hätte mich gerne engagiert) für einige Filme (Praunheim, Sex 21);
Mit Gerede und mit Ideologien ist da nichts zu wollen (zu erreichen; Eppendorfer, Ledermann 96);
R wer nicht will, der hat schon (umgangssprachlich; drückt aus, dass man die Ablehnung eines gut gemeinten Angebots [resignierend, aber ohne besonderen Groll] akzeptiert); was du nicht willst, dass man dir tu', das füg auch keinem andern zu (beachte bei deinem Handeln, dass du anderen nichts zumutest, was du selbst als unangenehm, schmerzhaft o. ä. empfinden würdest);
c) drückt einen irrealen Wunsch aus:
ich wollte (wünschte), es wäre alles vorüber;
d) (umgangssprachlich) drückt – meist verneint – aus, dass etwas nicht funktioniert, nicht in der gewünschten Weise abläuft o. Ä.:
der Motor will nicht [mehr];
seine Beine wollten nicht mehr (versagten ihm den Dienst);
e) (umgangssprachlich) für sein Gedeihen o. Ä. brauchen, verlangen:
diese Blume will Sonne;
Tiere wollen ihre Pflege;
f)jemandem etwas wollen (umgangssprachlich; etwas Übles gegen jemanden im Sinne haben, jemandem etwas anhaben wollen: was soll er dir schon wollen?; er kann uns gar nichts wollen).
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