Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
verhalten
1ver|hạl|ten [mittelhochdeutsch verhalten, althochdeutsch farhaltan = zurückhalten, hemmen]:1.
a) in bestimmter Weise auf jemanden, etwas in einer Situation o. Ä. reagieren:
sich ruhig, still, abwartend, vorsichtig, [völlig] passiv, abweisend, auffällig verhalten;
sich im Verkehr richtig, falsch verhalten;
alle verhielten sich so brav und musterhaft (Frisch, Stiller 223);
… wenn jemand sich gelegentlich unter seinem Rang verhält (Frisch, Montauk 25);
Ü Doch die Abgase verhalten sich in diesen Höhen anders (natur 2, 1991, 16);
Allerdings hat sich der Wald regional und baumspezifisch unterschiedlich verhalten (Tages Anzeiger 26. 11. 91, 1);
b) in seinem Handeln [anderen gegenüber] eine bestimmte Haltung, Einstellung zeigen; sich benehmen:
sich jemandem gegenüber/gegen jemanden/zu jemandem korrekt, unfair, ungerecht, wie ein Freund verhalten;
… und dass der … sich nicht fremd und fromm gegen ihn verhielt (Th. Mann, Hoheit 61);
Sie verhalten sich dann weder wie Geschäftsleute … noch wie gehorsamspflichtige Rechtsgenossen (Fraenkel, Staat 220);
Zu seinem Mädchen verhielt er sich so eklig, dass es sich nach einem anderen umsah (Loest, Pistole 75).
2.
a) in einer bestimmten Weise (beschaffen) sein:
die Sache, Angelegenheit verhält sich nämlich so …, in Wirklichkeit genau umgekehrt;
mit der Sache verhielt es sich ganz anders;
wie verhält es sich eigentlich mit ihrer Wahrheitsliebe?;
b) imVergleich zu etwas anderem eine bestimmte Beschaffenheit haben, zu etwas in einem bestimmten Verhältnis stehen:
a verhält sich zu b wie x zu y;
die beiden Größen verhalten sich zueinander wie 1 : 2.
3. (gehoben) unter Kontrolle halten, zurückhalten, unterdrücken:
seinen Schmerz, Zorn, Unwillen verhalten;
den Atem, die Luft verhalten (anhalten);
den Harn verhalten;
ihre … Schwermut, die in sich vibrierte, wie man ein Weinen verhält (A. Zweig, Claudia 125).
4. a) (gehoben) den Schritt verzögern; im Gehen innehalten:
den Schritt verhalten;
am Ausgang, an der Kreuzung verhielt er einen Augenblick (blieb er stehen);
Ü ich habe einen feierlichen Moment lang bei der Vorstellung verhalten, dass ich mein Honorar dann künftig vom Präsidenten der Vereinigten Staaten beziehen würde (Wollschläger, Zeiten 14);
ganze Jahrgänge und Generationen wuchsen von unten nach, verhielten mit ihm auf gleicher Höhe und entschwanden nach oben (Zwerenz, Erde 31);
b) (Reiten) 1"parieren" (2):
sein Pferd verhalten.
5. (landschaftlich) sich mit jemandem gut stellen:
er hatte Erfolg, also verhielt man sich mit ihm (Feuchtwanger, Erfolg 736).
6. (österreichisch, schweizerisch besonders Amtssprache) verpflichten:
sie ist verhalten (gehalten), dich zu ermahnen;
Durchaus nicht war Professor Lindner also zu dem Bekenntnis verhalten, dass die Neckereien und Prügel … eine Ursache seiner geistigen Entwicklung gewesen sein könnten (Musil, Mann 1292).
7. (schweizerisch, sonst veraltet) [mit der Hand] verschließen, zuhalten:
jemandem den Mund, sich die Ohren verhalten.
2ver|hạl|ten :
1. a) (von Empfindungen o. Ä.) zurückgehalten, unterdrückt und daher für andere kaum merklich:
verhaltener Zorn, Trotz, Schmerz;
in ihren Worten, ihrem Ton lag verhaltener Spott;
verhalten lächeln;
War seine Haltung Entschlossenheit oder verhaltene Scheu? (Dönhoff, Ära 190);
Die einander kannten, nickten nur verhalten (Frisch, Gantenbein 388);
Dass ihr Mann in Australien sei, müsse eine Verwechslung sein, sagte sie verhalten, und Bruster hörte, wie der Frau die Tränen kamen (Prodöhl, Tod 279);
b) zurückhaltend:
eine verhaltene Fahrweise;
verhalten (vorsichtig und nicht sonderlich schnell; defensiv) fahren;
Julika, einem so scheuen und verhaltenen Wesen (Frisch, Stiller 437);
Erst einmal verhalten in Ton und Themen auftreten, trotzdem aber mehr an Meldungen bringen als die anderen Zeitungen (Kühn, Zeit 109);
In diesem Punkt gibt sich der Bericht verhalten optimistisch (natur 9, 1991, 37).
2. (von Tönen, Farben o. Ä.) gedämpft, dezent:
verhaltene Farbtöne, Dessins;
er sprach mit verhaltener Stimme;
die Ehefrau, von Beruf Spielzeugmalerin, bemalt mit verhaltenen, matten Farben die Figuren (Freie Presse 1. 12. 89, Beilage 3);
Im Duft etwas verhalten, zeigt er (= Wein) eine strohgelbe Farbe (e & t 5, 1987, 193).
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