Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
vergehen
ver|ge|hen [mittelhochdeutsch vergān, -gēn, althochdeutsch firgān]:1.
a) (von einer Zeitspanne o. Ä.) vorbeigehen, verstreichen:
die Tage vergingen [mir] wie im Fluge;
die Jahre sind schnell vergangen;
darüber, über dieser Arbeit vergingen Wochen;
es vergingen zwanzig Minuten, bis sie endlich kam;
es vergeht kein Tag, an dem er nicht anruft;
wie doch die Zeit vergeht!;
es war noch keine Stunde vergangen, als …;
vergangenes (letztes) Jahr;
Das kann nicht so bleiben, sagte Stefan, der Sommer vergeht, … und wir haben nichts von Frankreich gehabt (Kuby, Sieg 307);
Es vergeht keine Gelegenheit, bei der dies nicht … betont wird (Dönhoff, Ära 85);
der vergehende (gehoben; zu Ende gehende) Tag atmete heiß und unruhig wie ein Fiebernder (Seidel, Sterne 180);
b) (von einer Empfindung o. Ä.) in jemandem [nachlassen und schließlich] aufhören, [ver]schwinden:
der Schmerz, die Müdigkeit vergeht wieder;
als sie auf den Teller sah, verging ihr der Appetit;
die Freude an dem Fest war ihnen vergangen;
das Lachen wird ihm noch vergehen;
sie schimpfte ihn aus, dass ihm Hören und Sehen verging;
Der Geruch war so stechend, dass manchen der Gäste der Geschmack am Essen verging (Süskind, Parfum 211);
wenn er nur so aus Höflichkeit fragt, vergeht mir einfach die Lust, von meinen Sachen zu reden (Brot und Salz 381);
… aber auf dem Schiff dann war ihnen der Mut mehr und mehr vergangen (Schnabel, Marmor 17);
Die Sprache verging (verschlug es) ihm für einen Augenblick (Wiechert, Jeromin Kinder 530);
c) sich in nichts auflösen, sich verflüchtigen:
die Wolke, der Nebel, der Geruch verging;
Der fade Geschmack auf meiner Zunge wird noch eine Weile anhalten und dann vergehen (Rinser, Mitte 161);
Mitte Februar … war aller Schnee vergangen (weggeschmolzen; Küpper, Simplicius 158);
Ü Helgoland verging (verschwand) allmählich in der grauen Trübung (Hausmann, Abel 109);
… nach der Rakete, die irgendwo dort oben zwischen den Wolken verging (Bieler, Bonifaz 186).
2.
a) (gehoben) als vergängliches Wesen sterben:
das Werden und Vergehen in der Natur;
Aber die Menschen vergehen, und nur ihre Werke überdauern die Zeiten (Bamm, Weltlaterne 21);
b) ein bestimmtes übermächtiges Gefühl sehr stark empfinden (sodass man glaubt, die Besinnung verlieren, sterben zu müssen):
vor Liebe, Sehnsucht, Durst, Scham, Angst [fast] vergehen;
sie vergingen fast vor Neugier, vor Spannung;
sie glaubte, vor Heimweh vergehen zu müssen;
sie vergeht beinahe vor Gier nach einem Rettich, nach etwas Scharfem, Gesalzenem (Waggerl, Brot 75);
Du, der du in Sorge für sie vergehst (Strauß, Niemand 32);
c) (seltener) zergehen:
Haseloff ließ zwei weiße Tabletten im Teelöffel vergehen (Grass, Hundejahre 356);
Die Speisekarte beim Essen lesend, vergesse ich, was ich esse; … lasse ich den wirklichen Bissen ungerühmt im Munde vergehen (Muschg, Sommer 9).
3.
a) gegen ein Gesetz, eine Norm o. Ä. verstoßen:
sich gegen das Gesetz vergehen;
du hast dich gegen die guten Sitten, die Tradition vergangen;
Vatermörder, die sich gegen die Natur vergangen hatten, wurden … durch die vier Elemente der Natur hingerichtet (Stern, Mann 85);
b) an etwas eine unerlaubte, strafbare Handlung vornehmen; einer Sache Schaden zufügen:
sich an der Umwelt vergehen;
sich an fremdem Eigentum vergehen (gehoben; stehlen);
man vergehe sich an ihrem Vertrauen (missbrauche ihr Vertrauen; Maass, Gouffé 143);
c) an jemandem ein Sexualverbrechen begehen; jemandem Gewalt antun:
sich an einer Frau, an einem Kind vergehen;
… hat er zugegeben, er habe sich noch an den Leichen seiner Opfer vergangen (Spiegel 9, 1966, 61).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: vergehen