Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
vergeben
ver|ge|ben [mittelhochdeutsch vergeben, althochdeutsch fargeban]:1. (gehoben) verzeihen:
sie hat ihm die Kränkung, das Unrecht, die Schuld, seinen Fehler [nicht, längst] vergeben;
Schluss damit, die Sache ist vergeben und vergessen;
vergib mir;
Vielleicht hätte er ihm zuvor seine Sünden vergeben (Schaper, Kirche 24);
Sündern zu vergeben, war sie nicht imstande (Reich-Ranicki, Th. Mann 182).
2. etwas, worüber man als Angebot, Auftrag o. Ä. verfügt, an jemanden geben, ihm übertragen:
eine Stelle, einen Auftrag, eine Lizenz vergeben;
die Stiftung hat drei Stipendien zu vergeben;
es sind noch Eintrittskarten zu vergeben;
der Friedensnobelpreis wurde an eine Amerikanerin vergeben;
der Ärztetag, die Bundesgartenschau wurde nach Magdeburg vergeben;
ich bin Samstag schon vergeben (habe schon etwas vor);
seine Töchter sind alle schon vergeben (verlobt oder verheiratet);
das ist doch vergebene (seltener; vergebliche) Mühe;
Ferienjobs am Dümmer See … vergibt der Naturschutzbund (natur 5, 1991, 28);
Wenn … nicht alle im Wahlkreis zu besetzenden Sitze vergeben werden können … (Fraenkel, Staat 359);
Ü Sie kann nicht dulden, dass der Vater Zuneigungen vergibt, die ihr gehören (Strittmatter, Der Laden 191).
3. seinem Ansehen, seiner Würde o. Ä. schaden:
Oder fürchtete er nur, seiner kaiserlichen Würde etwas zu vergeben …? (Thieß, Reich 520);
sich [et]was, nichts vergeben (seinem Ansehen durch ein Tun [nicht] schaden).
4. (Sport) eine günstige Gelegenheit, ein Tor, einen Punkt o. Ä. zu erzielen, nicht ausnutzen:
auf den letzten Metern vergab die Läuferin die Chance zum Sieg;
ein Tor, einen Elfmeter vergeben;
Müller erreichte den Ball noch, aber er vergab (traf nicht ins Tor).
5. (Kartenspiele)
a) beim Austeilen der Karten einen Fehler machen:
du hast dich vergeben;
b) (die Karten) falsch austeilen:
du hast die Karten vergeben.
6. [spätmittelhochdeutsch vergeben mit vergift = vergiften, eigentlich = in böser Absicht Gift geben; später meist ohne Objekt] [jemandem] Gift geben, [jemanden] vergiften:
Was für Kabalen habt ihr angezettelt, mich aus dem Weg zu räumen? … Mich im Schlaf zu erdrosseln? … Mir im Wein oder im Schokolade zu vergeben? (Schiller, Räuber IV, 2);
Ich würde den ewig hassen, der mir (= an meiner Stelle) ihm jetzt mit Gift vergäbe, der mir ihn meuchelmörderisch aus dem Wege räumte (Goethe, Clavigo IV, 2).
7. ↑ "aufgeben" (7 b), [auf etwas] verzichten:
Sollen wir uns und dem Kaiser die Gerechtsame vergeben? – Wenn wir nur Leute hätten, sie zu behaupten (Goethe, Götz IV);
Meine Herrn! … keiner von Ihnen kann ein Haarbreit von seinen Rechten vergeben, ohne zugleich die Seele des ganzen Staats zu verraten (Schiller, Fiesco IV, 6).
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