Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
verfolgen
ver|fọl|gen [mittelhochdeutsch vervolgen]:1. a) durch Hinterhergehen, -eilen zu erreichen [und einzufangen] suchen:
einen flüchtigen Häftling, eine Verbrecherin verfolgen;
die Jäger, Hunde verfolgten das Wild;
jemanden auf Schritt und Tritt verfolgen (beschatten);
sich verfolgt fühlen;
der Filmstar wurde von den Reportern verfolgt;
der Verfolgte entwischte durch die Hintertür;
Ü er ist vom Pech, vom Unglück verfolgt (hat viel Pech, Unglück);
der Gedanke daran verfolgte sie (ließ sie nicht los);
diese Idee, Frage, Vorstellung verfolgte sie Tag und Nacht;
jemanden mit Blicken verfolgen (ständig beobachten);
… dass der junge Mensch in eine Art Wut geriet und … die kreischenden Frauen bis auf den Trockenspeicher verfolgte (Th. Mann, Krull 22);
man kann diese Bilder nicht … von sich abschütteln, sie verfolgen den Menschen (Nigg, Wiederkehr 9);
bis in den Traum hinein verfolgten mich die Schmerzen (Niekisch, Leben 307);
Ronni nahm den Feldstecher … und begann, das wilde Boot mit den Augen zu verfolgen (Geissler, Wunschhütlein 82);
b) jemandem zur Last fallen; jemanden bedrängen:
jemanden mit Bitten, Vorwürfen verfolgen;
er verfolgte sie mit seinem Hass, Misstrauen, seiner Eifersucht;
Dieser Kellner verfolgte meinen Onkel so intensiv mit seiner Treue und mit seiner Verehrung, dass wir immer sagten: Das ist sein Kellner (Borchert, Draußen 107);
höchstwahrscheinlich war er ein törichter Anbeter, der Jeannine mit Heiratsanträgen verfolgte (Lederer, Bring 106);
c) (aus politischen, rassischen, religiösen Gründen) jemandes Freiheit einengen, ihn zu vertreiben, gefangen zu setzen suchen, ihm nach dem Leben trachten:
dieses Regime verfolgt oppositionelle Kräfte erbarmungslos;
sie waren Verfolgte des Naziregimes;
die politisch Verfolgten baten um Asyl;
Jahrhundertelang hat die Inquisition Ketzer verfolgt, verurteilt, verbrannt (Dönhoff, Ära 181);
Er … scheut sich nicht, unerwünschte und verfolgte Schauspieler zu engagieren (Reich-Ranicki, Th. Mann 198);
d) (einer Spur o. Ä.) nachgehen, ↑ "folgen" (1 a):
eine Spur, einen Hinweis verfolgen;
die Polizei hatte nicht die richtige Fährte verfolgt;
sie verfolgten den Weg (blieben auf dem Weg) bis an den Fluss;
Leider fanden sich keine Beigaben, sodass nicht klar ist, ob es sich um gleichzeitige oder spätere Grablegen handelt. Auf den Hügel lief eine Doppelpfostenreihe zu, die sich 30 m nach Westen verfolgen ließ (Archäologie 2, 1997, 49);
Da unsere alte Welt trotzdem so unbeirrbar ihren Gang verfolgt, kann ich nicht zweifeln, dass sie nach einem hohen Plan geordnet ist (Jünger, Capriccios 50);
e) (besonders Rechtssprache) (von Amts wegen) gegen jemanden, etwas vorgehen:
Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich, polizeilich verfolgt;
die beiden Leutnants …, die wegen nationalsozialistischer Betätigung gerichtlich verfolgt wurden (Rothfels, Opposition 79);
… dass die Cité diesen Gräuel nicht dulden, sondern mit den rigorosesten Mitteln verfolgen würde (Maass, Gouffé 343);
Ein Gesetz, ein Verbot bliebe Papier, wenn es nicht ein Instrument gäbe, seine Einhaltung zu erzwingen und Übertretungen machtvoll zu verfolgen (bestrafen; Kühn, Zeit 27).
2. zu erreichen, zu verwirklichen suchen:
ein Ziel, eine Absicht, einen Plan, Zweck, Gedanken, Grundsatz verfolgen;
dieses Thema, diese Politik wurde nicht weiter verfolgt;
sie verfolgt nur ihre eigenen Interessen;
Unternehmen, die umweltorientierte Strategien verfolgen, erbringen Zukunftsleistungen (natur 4, 1991, 71);
Beim Industriegebiet Detmoldstraße verfolge die Bahn eine Vergrößerung der Gewerbeflächen nach Norden (SZ 18. 5. 84, 11).
3. (die Entwicklung, den Verlauf von etwas) aufmerksam beobachten:
einen Vorgang, ein Geschehen, Gespräch verfolgen;
er hat diese Angelegenheit nicht weiter verfolgt;
sie verfolgte die Szene aufmerksam, neugierig, schweigend;
sie verfolgte den Prozess, die Ereignisse in der Zeitung, im Fernsehen (las alle Berichte, sah alle Sendungen darüber);
Justin verfolgte genau die Erziehung des jungen Mannes (Thieß, Reich 442);
seit Jahren verfolgte er (las er regelmäßig) alle wesentlichen deutschen Zeitungen und Zeitschriften (Niekisch, Leben 208);
Er hatte Vergnügen daran, zu verfolgen, wie die allgemeine Aufregung turbulente Formen annahm (Niekisch, Leben 189).
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