Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
verfallen
1ver|fạl|len :1. a) [mittelhochdeutsch vervallen, althochdeutsch farfallan] baufällig werden und allmählich zusammenfallen:
das Bauwerk verfällt;
er lässt sein Haus verfallen;
ein verfallenes Gemäuer, Schloss;
Die Stadt meiner Kindheit, die im Traum immer beglänzter wird, je mehr sie in der Wirklichkeit verfällt (Gregor-Dellin, Traumbuch 46);
… was in den späten Nachtstunden dieser Frühjahrstage in den verfallenen Gassen … geschah (Ransmayr, Welt 87);
Um das ganze Fort läuft ein halb verfallener Schützengraben (Grzimek, Serengeti 92);
Ü am Rand eines meerblauen Himmels verfielen die letzten Türme einer Wolkenbarriere (Ransmayr, Welt 223);
b) seine körperliche [und geistige] Kraft verlieren:
der Kranke verfällt zusehends;
Richarz verfiel von Tag zu Tag mehr. Er hatte keinen … Lebenswillen mehr, er wollte sterben (Niekisch, Leben 312);
sein Gesicht verfiel sonderbar (Gaiser, Jagd 173);
Sie sah in der Dämmerung grau und verfallen (erschöpft, müde) aus (Rinser, Jan Lobel 31);
c) eine Epoche des Niedergangs durchmachen; sich auflösen:
die Sitten verfallen;
seine Autorität, das Römische Reich verfiel;
Und die deutsche Sprache … verfällt bei uns immer mehr. Vor fünfzig Jahren haben hier noch alle ausgezeichnet Deutsch gesprochen, heute fast keiner mehr (Hofmann, Fistelstimme 88).
2. nach einer bestimmten Zeit wertlos oder ungültig werden:
eine Banknote, Briefmarke, ein Wechsel verfällt;
die Eintritts-, Lebensmittelkarten, Gutscheine sind verfallen;
das Medikament, die Konserve ist verfallen (das Haltbarkeitsdatum ist überschritten);
Vernachlässigte … eine Stadt ihre Wärterpflichten, verfielen Privilegien, Steuernachlässe (Ransmayr, Welt 185);
Sein Patent … ließ Sarbach verfallen (ADAC-Motorwelt 11, 1986, 118);
jetzt ändert sie Uniformen, … ist gegen Butter und Eier für ihre ländliche Verwandtschaft tätig, während die Mark verfällt (Bruyn, Zwischenbilanz 17);
Heute verfallen (sinken) die Bodenpreise (Spiegel 25, 1985, 115);
Ü Der quälende Widerspruch zwischen der Vernunft Roms und den unbegreiflichen Tatsachen des Schwarzen Meeres verfiel (Ransmayr, Welt 241).
3. a) in einen bestimmten [negativen] Zustand, eine bestimmte [negative] Verhaltensweise geraten:
in Schweigen, Nachdenken, Ratlosigkeit, Wut, Trübsinn verfallen;
in tiefen Schlaf, einen leichten Schlummer verfallen;
in den alten Fehler verfallen;
Stattdessen verfällt auch Watson in … Selbstgerechtigkeit (natur 2, 1991, 47);
Es wäre keine neue Erfahrung für ihn, wenn er wieder in Eifersucht verfiele (Frisch, Montauk 121);
Dann ging er vor die Tür und verfiel in ein wüstes Gelächter (Strauß, Niemand 182);
Während der Hauptmann die Anweisung faltete und einsteckte, verfiel er in seine alte Redeweise … (Bieler, Bär 196);
b) in eine andere Art (innerhalb einer Abstufung) übergehen, hineingeraten:
in seinen Dialekt verfallen;
das Pferd verfiel in Trab;
Wir mussten zehn Minuten im Kreis gehen und dann in Laufen verfallen (Kempowski, Immer 186);
Er saß neben ihr und verfiel in eine Abfolge von Bewegungen, die er nicht steuerte und die er eigentlich auch nicht wollte (Zwerenz, Quadriga 163).
4. in einen Zustand der Abhängigkeit von jemandem, etwas geraten:
einer Leidenschaft, dem Alkohol, den Verlockungen der Großstadt verfallen;
sie war dem Zauber dieser Landschaft verfallen;
sie war diesem Mann verfallen (war ihm hörig);
er ist dem Tode verfallen (gehoben; wird bald sterben);
Das abendliche Fernsehen aber, dem sie so oft verfallen (Frischmuth, Herrin 78);
Dem Singsang gesprochener Verse verfiel das Kind (Meckel, Suchbild 50);
Neben den Männern, die ihm sexuell verfallen sind (Spiegel 1, 1991, 87).
5. auf etwas kommen, sich etwas Merkwürdiges, Ungewöhnliches ausdenken:
auf eine abwegige Idee, einen teuflischen Plan verfallen;
wie konntest du nur darauf verfallen, sie danach zu fragen?;
warum seid ihr ausgerechnet auf ihn verfallen? (habt ihr ihn dazu ausersehen, euch an ihn gewandt?);
Zuletzt ist Paul aufs Einkaufen verfallen (Plenzdorf, Legende 297);
Schließlich verfiel man auf die höchst dürftige Auskunft, dass … (NJW 19, 1984, 1085).
6. [mittelhochdeutsch vervallen, althochdeutsch farfallan]
a) jemandem, einer Institution zufallen:
die Schmuggelware, der Besitz verfällt dem Staat;
Es gibt … hier … Fotogeschäfte, in denen sich Kameras befinden könnten, die … der Beschlagnahme verfallen (Heym, Schwarzenberg 118);
Die Burgen indes, so sie jünger als dreißig Jahre waren, verfielen allesamt der Krone (Stern, Mann 233);
b) (Papierdeutsch veraltend) von der Wirksamkeit einer Sache betroffen werden:
einer Strafe verfallen;
der Antrag verfiel der Ablehnung (wurde abgelehnt);
Ich … las die ersten beiden Kapitel … vor. Beide verfielen der Kritik (Richter, Etablissement 279);
… konnte sie sich energische Auftritte nicht leisten, um nicht neuerdings der Ächtung zu verfallen (um nicht erneut geächtet zu werden; Innerhofer, Schattseite 105).
2ver|fạl|len :
1. a) baufällig:
ein verfallenes Haus;
b) seiner körperlichen [und geistigen] Kraft verlustig gegangen;
c) eine Epoche des Niedergangs durchgemacht habend:
ein verfallenes Reich.
2. wertlos oder ungültig geworden:
verfallene Gutscheine kann man nicht mehr einlösen.
3. a) von jemandem oder etwas abhängig; jemandem hörig;
b) sehr verliebt in jemanden;
c) suchtkrank.
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