Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
um
1ụm [mittelhochdeutsch umbe, althochdeutsch umbi, ursprünglich = um – herum, zu beiden Seiten]:1. a) <(räumlich, oft in Korrelation mit »herum«)> bezeichnet eine [kreisförmige] Bewegung im Hinblick auf einen in der Mitte liegenden Bezugspunkt:
um das Haus [herum]gehen;
um die Sonne kreisen;
um die Welt segeln, reisen;
um ein Kap herumsegeln;
um ein Hindernis herumfahren;
sich um seine eigene Achse, um sich selbst drehen;
um die Ecke biegen, fahren, kommen;
der Laden ist gleich um die Ecke (an einem Ort, den man gleich erreicht, wenn man um die Ecke geht);
Ü bei ihnen dreht sich alles um das Kind;
b) drückt aus, dass etwas eine Lage hat oder erhält, aufgrund deren es eine Mitte, ein Inneres umschließt, umgibt:
sie trug eine Kette um den Hals;
er band dem Tier einen Strick um den Hals;
sie saßen um den Kamin;
sie setzten sich um einen Tisch;
er hat schwarze Ringe um die Augen, eine Binde um den Arm;
um den Platz herum stehen Bäume;
die Gegend um Kiel [herum];
der Zaun um den Garten;
eine Mauer um etwas bauen;
um die Burg läuft ein Graben;
die Clique um seinen Bruder Klaus;
Die Menschen um mich herum schwatzten unaufhörlich (Seghers, Transit 283);
Gegenwärtig montiert die Schicht um Joachim Scholz den zweiten Block (NNN 23. 2. 88, 1);
c) <(räumlich, oft in Korrelation mit »herum«)> bezeichnet ein von einem Mittelpunkt ausgehendes Tun oder Denken, einen nach allen Seiten ausstrahlenden Einfluss:
er schlug wie wild um sich;
die Seuche hat immer weiter um sich gegriffen;
er wirft mit Schimpfworten nur so um sich.
2. a) bezeichnet einen genauen Zeitpunkt:
um sieben [Uhr] bin ich wieder da;
der Zug geht um sechs Uhr neun;
b) bezeichnet (oft in Korrelation mit »herum«) einen ungefähren Zeitpunkt o. Ä.:
um Weihnachten, um die Mittagszeit [herum];
so um den 15. Mai [herum];
Der Münchner Zug geht erst um zwölf herum (Fallada, Jeder 193);
c) vorüber, zu Ende:
die Pause ist um; wenn die nächsten zehn Minuten um sind;
Hunderttausende sterben, weil ihre Zeit um ist (sterben eines natürlichen Todes; Jahnn, Geschichten 174);
… dass selbst Anhänger des FDP-Vorsitzenden glauben, seine Zeit sei um (er werde demnächst abgelöst; Spiegel 21, 1984, 7).
3. a) drückt einen regelmäßigen Wechsel aus:
einen Tag um den anderen (jeden zweiten Tag);
b) drückt eine kontinuierliche Folge aus:
Tag um Tag verging, ohne dass er etwas unternahm;
Schritt um Schritt geht es vorwärts;
während Maske um Maske an ihm vorübertaumelte (Ransmayr, Welt 91);
den Albatrossen …, jenen riesigen Vögeln, die Tag um Tag über das Meer streichen (Heim, Traumschiff 360).
4. bezeichnet [in Verbindung mit einem Komparativ] einen Differenzbetrag o. Ä.:
einen Preis um die Hälfte, um zehn Euro reduzieren;
den Rock um 5 cm kürzen;
er ist um einen Kopf größer als ich;
er hat sich um einen Meter verschätzt, um eine Minute verspätet;
Die Christlich-Demokraten sackten um vier auf 39 Sitze zurück (Tages Anzeiger 3. 12. 91, 8).
5. (landschaftlich) dient zur Angabe eines Kaufpreises, Gegenwertes; für:
Auch in Augsburg kann man Blumentöpfe um etwa zwei Mark kaufen (Augsburger Allgemeine 13./14. 5. 78, 46);
Helmut Marsoner hat es 1975 um mehr als eine Million Schilling gekauft (profil 17, 1979, 27);
K Eh will ich mit meiner Geig auf den Bettel herumziehen und das Konzert um was Warmes geben (Schiller, Kabale I, 1).
6. stellt in Abhängigkeit von bestimmten Wörtern eine Beziehung zu einem Objekt oder einem Attribut her:
jemanden um etwas beneiden, betrügen;
er kämpft um sie;
der Kampf um die Weltmeisterschaft;
um Verständnis bitten;
hier sind die Papiere und die Unterlagen, um die Sie mich gebeten hatten;
um etwas losen, würfeln, wetten;
jemanden um seinen Lohn, Schlaf bringen;
um jemanden trauern, weinen, werben;
mit der Bitte um Stellungnahme;
die Sorge um die Kinder;
das Wissen um diese Tat;
der Skandal um die infizierten Blutkonserven;
ich bin eigentlich ganz froh um diese Verzögerung;
um was (umgangssprachlich; worum) geht es denn?;
ich weiß nicht, um was (umgangssprachlich; worum) er sich Sorgen macht;
da kümmer ich mich gar nicht um (norddeutsch umgangssprachlich; darum kümmere ich mich gar nicht);
Filmdrama um eine lesbische Beziehung (Hörzu 38, 1989, 85);
Geschichten um einen Zylinder (Hörzu 44, 1978, 117);
Er lief um Tinte und Papier (landschaftlich; lief Tinte und Papier holen; Süskind, Parfüm 134);
K »… lassen Sie ihn rufen, haben Sie die Güte.« »Ich geh um ihn (gehe ihn holen)!« schrie Peter (Ebner-Eschenbach, Gemeindekind 96).
2ụm [zu 1"um"]:
1. ungefähr, etwa:
das Gerät wird [so] um zweitausend Euro wert sein;
das Haus dürfte um eine Million [herum] wert sein;
(oft mit folgendem »die«:) es waren um die hundert Leute;
es hat so um die hundert Euro gekostet;
sie kam mit um die zwanzig Freunden.
2.um und um (landschaftlich; ganz, rundherum, völlig: die Sache ist um und um faul).
3ụm :
a) leitet (manchmal weglassbar) einen finalen Infinitiv oder Infinitivsatz ein:
(zum Ausdruck einer Absicht, eines Zwecks) er tut das nur, um mich zu ärgern;
sie fuhr in die Stadt, um einzukaufen;
ich lief, um den Bus nicht zu verpassen;
sie trug eine Sonnenbrille, um nicht erkannt zu werden;
(zum Ausdruck einer Eignung) einen Wagen, um das Holz zu transportieren, habe ich leider nicht;
ich kenne nur eine Methode, um das Problem zu lösen;
ich habe sie zum Bäcker geschickt, um Brötchen zu holen;
er wird gelobt, um ihn zu motivieren;
dass wir gern ein wenig nachhelfen möchten …, um so den erwarteten Prozess zu beschleunigen (Dönhoff, Ära 138);
Wir haben nichts anderes, um es Ihnen zu geben (Remarque, Obelisk 216);
Um eine Wahl unter Verwendung des Mehrheitswahlsystems durchzuführen, muss das Staatsgebiet in Wahlkreise eingeteilt werden (Fraenkel, Staat 356);
b) leitet (manchmal weglassbar) einen konsekutiven Infinitiv oder Infinitivsatz ein:
um gewählt zu werden, braucht sie mindestens 287 Stimmen;
er war [gerade noch] schnell genug, um es zu schaffen;
ich war naiv genug, nicht so naiv, um es zu glauben;
der Proviant reicht aus, um das Ziel zu erreichen (ist so reichlich bemessen, dass das Ziel damit erreicht werden kann);
er ist reich genug, um es zu kaufen (so reich, dass er es kaufen kann);
ich hatte nicht die/nicht genug/zu wenig Zeit, um ihn zu besuchen (nicht so viel Zeit, dass ich ihn hätte besuchen können);
das Kind ist, war noch zu klein, um das zu verstehen (als dass es das verstehen könnte, hätte verstehen können);
er ist zu krank, um zu verreisen (als dass er verreisen könnte, wollte, dürfte);
sie war glücklich, um in die Luft zu springen (dass sie in die Luft hätte springen mögen);
es ist, um aus der Haut zu fahren (zum Aus-der-Haut-Fahren);
c) leitet einen weiterführenden Infinitiv oder Infinitivsatz ein:
das Licht wurde immer schwächer, um schließlich ganz zu erlöschen;
er wachte kurz auf, um gleich wieder einzuschlafen;
er hat als Lyriker begonnen, um erst im Alter Romane zu schreiben;
sie ging morgens aus dem Haus, um zu stolpern und sich ein Bein zu brechen.
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