Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
übergehen
1über|ge|hen [mittelhochdeutsch übergān, übergēn, althochdeutsch ubargān]:1. Besitz eines anderen werden:
das Grundstück wird in den Besitz der Gemeinde, in fremde Hände, vom Vater auf den Sohn übergehen;
1803, als die Stadt an Baden überging (NJW 19, 1984, 1095);
Die Kontrolle würde in einem solchen Falle ganz an die DDR übergehen (W. Brandt, Begegnungen 109);
Mit dem Eigentum geht automatisch auch der Versicherungsvertrag auf den Käufer über (Zivildienst 2, 1986, 32).
2. mit etwas aufhören und etwas anderes beginnen; ↑ "überwechseln" (2 b):
zur Tagesordnung, zu einem anderen Punkt, Thema übergehen;
zum Angriff übergehen;
man geht zu Schnaps über (Chotjewitz, Friede 205);
Aus diesem Grund gehen die Verkäufer denn auch immer mehr dazu über, ihre Telefongespräche auf Tonband aufzunehmen (Brückenbauer 11. 9. 85, 8).
3. ↑ "überwechseln" (2 a); 1"überlaufen" (2):
ins feindliche Lager, auf die andere Seite übergehen;
kalt lächelnd … geht er geradeswegs zum bisherigen Gegner über und übernimmt all dessen Worte und Argumente (St. Zweig, Fouché 21).
4. allmählich in ein anderes Stadium kommen:
in Gärung, Fäulnis übergehen;
die Leiche war schon in Verwesung übergegangen;
Bald würde der Schnee in Regen übergehen. (Kirst, 08/15, 597);
der Sommer ging in den Herbst über (Fries, Weg 331);
Sein Lächeln wurde härter und ging in ein Grinsen über (B. Frank, Tage 24).
5. sich ohne sichtbare Grenze vermischen:
das Meer schien in den Himmel überzugehen;
die Ortschaften gehen eine in die andere über (Heym, Schwarzenberg 33);
im Westen ging das Blau in ein zartes Rosarot über (Ott, Haie 237).
6. (Seemannssprache) über etwas hinwegschlagen:
schwere Seen gingen über;
er wurde von einem übergehenden Brecher über Bord gespült.
7. (Seemannssprache) (von Ladung) auf eine Seite rutschen:
Schüttladung geht leicht über;
die Ladung ging über und brachte das Schiff zum Kentern.
8. (gehoben) 1"überfließen" (1 a), 1"überlaufen" (1 a):
die Sektflasche so öffnen, dass kein Schaum, nichts übergeht;
… nach heftigem Gewitterregen, wenn der Weiher übergegangen wäre … (Molo, Frieden 77);
Ü Wir exportieren Milchprodukte … erst, seit der … Inlandmarkt überging (Neue Kronen Zeitung 12. 5. 84, 32);
in einem kleinen … Hause, das von Büchern überging (Fussenegger, Zeit 230);
Bis sein Mund überging in Schmerz und Groll (Jahnn, Geschichten 31).
9. (Jägersprache) (vom weiblichen Schalenwild) kein Kalb oder Kitz haben.
2über|ge|hen :
1. a) über etwas ↑ "hinweggehen" (1); etwas absichtlich nicht wahrnehmen:
er überging unsere Einwände, Bitten, Wünsche;
die frechen Fragen, Antworten würde ich einfach übergehen;
Der Oberreichsanwalt überging die belanglosen Plädoyers mit Stillschweigen (Niekisch, Leben 335);
b) etwas auslassen, überspringen:
ein Kapitel, einige Seiten übergehen;
ich übergehe diesen Punkt zunächst;
c) (bestimmte Bedürfnisse) nicht beachten:
den Hunger, die Müdigkeit übergehen.
2. a) jemanden nicht beachten:
sie überging ihn;
b) jemanden nicht berücksichtigen:
jemanden bei der Gehaltserhöhung, im Testament, bei der Beförderung übergehen;
er fühlt sich übergangen;
Erst habe ich mich geärgert, weil man mich überging, aber auf Orden kommt es ja nicht an (Härtling, Hubert 134).
3. (selten) über etwas [hinweg]gehen:
da waren unsere Fußspuren, aber überweht, übergangen (Kaschnitz, Wohin 65).
4. (Jägersprache)
a) über eine Fährte oder Spur gehen, ohne sie zu bemerken;
b) an Niederwild vorbeigehen, ohne es zu sehen.
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