Duden ‒ Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
sprechen
sprẹ|chen [mittelhochdeutsch sprechen, althochdeutsch sprehhan, Herkunft ungeklärt, ursprünglich vielleicht lautmalend]:1. a) Sprachlaute, Wörter hervorbringen, bilden:
sprechen lernen;
unser Kind kann noch nicht sprechen;
er war so heiser, dass er kaum sprechen konnte;
mit vollem Mund spricht man nicht;
vor Aufregung nicht sprechen können;
das Sprechen fiel ihr schwer;
Ich hörte sie sprechen Beide hörte ich sprechen (Grass, Butt 693);
b) in bestimmter Weise sprechen (1 a), sich in bestimmter Weise ausdrücken:
laut, [un]deutlich, flüsternd, durch die Nase sprechen;
ins Mikrofon, vor sich hin, mit verstellter Stimme, in ernstem Ton, in singendem Tonfall, mit rollendem R sprechen;
deutsch, englisch sprechen;
sie spricht gern in Bildern, Versen;
ins Unreine gesprochen (noch nicht genau formuliert), möchte ich einmal sagen …;
Eindringlich, glühend und sanft sprach sie mit dir (Langgässer, Siegel 328);
Er spricht mit slawischem Akzent (Frischmuth, Herrin 124);
Sie sprachen lange, sie fragend mit hellen Spitzen, er väterlich zuredend (Grass, Butt 693);
Man sprach gebildet, man sprach italienisch, französisch (Koeppen, Rußland 202);
mit der notwendigen Infrastruktur, sprich (nämlich, also, das heißt) Kindergärten, Schulen, Theatern (Mieterzeitung 12, 1975, 4);
c) der menschlichen Sprache ähnliche Laute hervorbringen:
der Papagei kann sprechen.
2. a) mündlich, sprechend (1 a) äußern; sagen:
er hat noch kein Wort gesprochen;
das Kind kann schon ein paar einzelne Wörter, ganze Sätze sprechen;
du musst die Wahrheit sprechen;
der Richter hat das Urteil gesprochen;
ein paar einführende Worte, ein Schlusswort sprechen;
er spricht (redet) doch nur Unsinn;
Ich schlage … vor, alles, was ich über Thomas Manzoni weiß, auf Tonband zu sprechen (Ziegler, Konsequenz 13);
Und Gott sprach (biblisch, gehoben veraltend; sagte): Es werde Licht! (1. Mose 1, 3);
b) vorlesen, vortragen, rezitieren, aufsagen:
ein Gebet, das Vaterunser, ein Gedicht, den Segen, einen Kommentar, eine Eidesformel, eine Zauberformel sprechen;
c) (eine Sprache) benutzen, beherrschen:
zu Hause spricht er nur Dialekt, Englisch;
mehrere Sprachen sprechen;
sprechen Sie Deutsch?;
fließend, akzentfrei, ausgezeichnet, schlecht Französisch, Italienisch sprechen;
rheinische Mundart, Slang, Platt, Fachchinesisch, ein völlig unverständliches Kauderwelsch, ein sehr gepflegtes Deutsch sprechen;
die verschiedenen Experten sprechen jeweils ihre eigene Fachsprache (Gruhl, Planet 343).
3. sich äußern, urteilen:
gut, schlecht über jemanden, etwas sprechen, von jemandem, etwas sprechen;
er hat in lobenden Worten, sehr anerkennend über dich, deine Arbeit gesprochen;
sie weiß, wovon sie spricht (umgangssprachlich; sie kennt das aus eigener Erfahrung);
einige sprechen (votieren) für den Vorschlag, andere dagegen;
ich spreche hier für die Mehrheit der Bürger (drücke die Meinung der Mehrheit aus);
Natürlich wurde viel über Aussteller und Personen gesprochen, die man auf der Messe traf und sah (CCI 14, 1998, 17);
Der dem Bedürfnis, über sich selber zu sprechen, immer wieder nachgab (Reich-Ranicki, Th. Mann 23);
die Zusicherung, für ganz Deutschland sprechen zu dürfen, haben wir seit den Londoner Protokollen (Dönhoff, Ära 214);
für, gegen jemanden, etwas sprechen (sich auf die Bewertung, Beurteilung jemandes, einer Sache günstig, ungünstig auswirken: die Umstände sprechen für, gegen den Angeklagten; es spricht eigentlich alles für diesen Bewerber; für dieses Gerät spricht vor allem der günstige Preis; es gibt nur wenige Argumente, die für, gegen einen Verkauf sprechen; was spricht eigentlich dagegen, dass wir mit der Bahn fahren?);
für, gegen etwas sprechen (ein Indiz für, gegen die Richtigkeit, das Gegebensein von etwas sein: das spricht dafür, dagegen, dass es ein Unfall war; diese Tatsache spricht für, gegen seine Annahme, die Selbstmordtheorie; Vieles spricht für die Richtigkeit seiner Vermutung [Reich-Ranicki, Th. Mann 171]);
für sich selbst sprechen (keiner weiteren Erläuterung bedürfen);
auf jemanden, etwas schlecht, nicht gut zu sprechen sein (über jemanden, etwas verärgert sein, jemanden, etwas nicht mögen: Gar nicht gut ist Frau Mann auf Adorno zu sprechen [Reich-Ranicki, Th. Mann 243]);
von etwas sprechen (etwas als Bezeichnung zur Benennung, zur Charakterisierung einer bestimmten Sache benutzen: Hans-Martin Gauger spricht … treffend von einem »bewusst-unbewussten Anschreiben gegen Thomas Mann« [Reich-Ranicki, Th. Mann 235]; Böse Zungen werden nun von ausgleichender Gerechtigkeit sprechen [Kicker 6, 1982, 36]; Um die Durchgängigkeit eines Konzepts bei der Erstellung eines Bauvorhabens zu sichern, spricht man oft und gerne von »Integraler Planung« [CCI 1, 1999, 46]).
4. a) ein Gespräch führen, sich unterhalten, Worte wechseln:
mit jemandem sprechen, miteinander, zusammen sprechen;
mit sich selbst sprechen (Selbstgespräche führen);
sie spricht gerade, dort wird gerade gesprochen (Telefonie; bei ihr, dort ist gerade besetzt);
vom Wetter, von den Preisen, über Politik sprechen;
wir haben gerade von dir gesprochen;
man kann ruhig darüber sprechen;
wegen der Wohnung sollten wir noch mal mit ihm sprechen;
so (in diesem Ton) lasse ich nicht mit mir sprechen, spricht man nicht mit seiner Mutter!;
darüber müssen wir noch sprechen (diskutieren);
ich habe noch mit dir zu sprechen (etwas zu besprechen);
Er sprach auch später nie mit Rita über diesen Abend (Chr. Wolf, Himmel 180);
Darüber spricht man höchstens mit Freunden (Hornschuh, Ich bin 6);
b) erzählen, berichten:
sie sprach vom letzten Urlaub;
davon, darüber hat er schon oft gesprochen;
darüber spricht sie nicht gerne;
das ist Betriebsgeheimnis, darüber darf ich nicht, zu niemandem sprechen;
davon habe ich [dir] noch gar nicht gesprochen;
Jemand hat mir von Brasilien gesprochen (Kaschnitz, Wohin 126);
Sie sagte mir nicht, wie sie den Matrosen zum Sprechen brachte, aber … (Menzel, Herren 96).
5. a) (jemanden) treffen, [zufällig sehen und] mit ihm Worte wechseln:
wir haben uns gestern [telefonisch] gesprochen;
Ihn persönlich noch zu sprechen, vermeidet er … nur Diktate schickt er ihm hinüber (St. Zweig, Fouché 201);
Wenn die Geschwister ihren Bruder sprechen wollten … (Jens, Mann 111);
b) (jemanden) erreichen; mit jemandem Verbindung aufnehmen, ins Gespräch kommen:
wann kann ich den Chef sprechen?;
ich möchte dich in einer privaten Angelegenheit sprechen;
Sie wollten mich sprechen?;
Frau Meier ist im Moment leider nicht zu sprechen;
ich bin heute für niemanden mehr zu sprechen.
6. einen Vortrag, eine Rede halten:
im Rundfunk, über etwas, zu einem kleinen Publikum, vor einem großen Hörerkreis sprechen;
der Redner hat sehr gut, viel zu lange gesprochen;
auf der Versammlung werden Vertreter aller Parteien sprechen;
zu einem bestimmten Thema sprechen;
wer spricht heute Abend [zu uns]?;
worüber hat er denn gesprochen?;
frei sprechen (vortragen ohne abzulesen);
In einer Versammlung der Führer sprach Rupert Kutzner zur Lage (Feuchtwanger, Erfolg 673).
7. (gehoben) erkennbar sein; sich ausdrücken:
aus seinen Worten spricht Hass, Liebe, Bewunderung;
aus ihren Blicken, hastigen Bewegungen sprach Angst;
manchmal sollte man sein Gefühl, Herz sprechen lassen (sich nach seinen Gefühlsregungen richten);
große, sprechende (ausdrucksvolle) Augen;
Aus seinem bescheidenen Lächeln sprach die Zuversicht (Apitz, Wölfe 50);
Es war nicht Resignation …, was aus seiner Haltung sprach (Weber, Tote 181);
Ich habe … mein Gewissen und meine feste Überzeugung sprechen (bestimmen, den Ausschlag geben) lassen (Reich-Ranicki, Th. Mann 187);
Lasst Zahlen sprechen (sie drücken alles überzeugend aus, bedürfen keiner weiteren Erläuterung): Die Erfolgsbilanz zur IKK ̓ 98 in Nürnberg (CCI 1, 1999, 44).
8. (schweizerische Amtssprache) (einen Kredit, einen Betrag aus öffentlichen Mitteln o. Ä.) bewilligen, zusprechen:
[jemandem] einen Kredit sprechen;
2,76 Millionen wurden für die Sanierung und den Ausbau der Bahnhofstraße gesprochen (Vaterland 27. 3. 85, 29).
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